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Hülsenfrüchte

Experiment Erbse

Das Start-up „Hülsenreich“ stellt Kichererbsen zum Knabbern her. Zusammen mit Landwirt Leonard van Uelft testet es zurzeit den Anbau der Hülsenfrüchte in Sachsen-Anhalt.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Artikel ist zuerst im Magazin f3 - farm. food. future erschienen.

Das Start-up Hülsenreich setzt auf nachhaltige und regionale Erzeugung von Kirchererbsen zum Knabbern.Die Hülsenfrüchte kommen aus Italien. Doch das Gründerteam möchte das Rohprodukt in Zukunft aus der Region beziehen und testet daher den Anbau in Sachsen-Anhalt.

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Als Junglandwirt Leonard den Teller mit gekochten Kichererbsen an Emilie reicht, werden ihre Augen groß. Sie verraten: Hier ist jemand zufrieden mit Größe, Form und Geschmack der Hülsenfrüchte! Auf dem Teller vor ihnen liegt das vorläufige Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Landwirt und dem Food-Start-up „Hülsenreich“. Leonard van Uelft baut die Kichererbsen in diesem Jahr zum ersten Mal an.

Hülsenfrüchte haben die Fähigkeit, Stickstoff zu binden und im Boden zu fixieren. Dadurch bleibt der Boden lange fruchtbar." - Emilie Wegner

„Mir ist wichtig, dass sie nicht zu klein sind. Denn wir bieten sie als Snack zum Knabbern an“, so Emilie Wegner. Im Mai 2019 gründete die studierte Ernährungswissenschaftlerin zusammen mit Gunnar Schulze und Simon Vogt ihr Start-up in Halle an der Saale. „Wir wollen unser Produkt so regional und nachhaltig wie möglich herstellen. Aktuell beziehen wir die Kichererbsen von einem Bio-Lieferanten aus Italien. In Deutschland ist der Anbau nicht sehr verbreitet“, so Emilie. Das möchte sie ändern.

Gut für die Ernährung und die Böden

Zusammen wagten Start-up und Landwirt nun den Versuch: Auf dem Bio-Ackerbaubetrieb Gut Edlau in Könnern, nicht weit von Halle an der Saale, baut Leonard die Kichererbsen als Hauptkultur auf knapp einem Hektar an. Als Betriebsleiter probiert er auf den 450 ha neben den gängigen Getreidesorten immer mal wieder Neues aus. Nach Zuckerrüben und Hanf traute er sich nun an die Hülsenfrucht. „Ich musste mich erstmal einlesen. Ich wusste so gut wie nichts über den Anbau von dieser Körnerleguminose und bin pflanzenbaulich noch nie in Berührung mit Kichererbsen gekommen“, so der 30-Jährige.

Kennengelernt hat er die Gründerin auf einer Veranstaltung auf Gut Edlau Anfang des Jahres 2019. Im Gespräch entwickelte sich die Idee mit dem Erbsenexperiment. „Die Kichererbse ist nicht nur ernährungstechnisch wertvoll aufgrund der vielen Eiweiße und Ballaststoffe. Hülsenfrüchte haben außerdem die Fähigkeit, Stickstoff zu binden und im Boden zu fixieren. Dadurch bleibt der Boden lange fruchtbar“, erklärt Emilie den Vorteil von Leguminosen, der im Ökolandbau seit Langem Anwendung findet und auch deswegen für den Bio-Landwirt interessant ist.

Passt der Anbau in die Betriebsabläufe?

Für Leonard galt es auch betriebswirtschaftliche Fragen abzuwägen: Passt der Anbau der Hülsenfrüchte zu den Betriebsabläufen? Verstärkt er Arbeitsspitzen? Und passt die Mechanisierung auf dem Hof zur Frucht? „Da Aussaat und Ernte der Kichererbsen später als die anderen Hauptkulturen hier erfolgen, habe ich nicht mit verstärkten Arbeitsspitzen gerechnet“, so Leonard. Eine Reinigungs- sowie Trocknungsanlage gehören zum Betrieb, sodass auch die entsprechende Mechanisierung vorhanden ist. Eine Herausforderung stellte allerdings die Saatgutbeschaffung dar. „Die Züchtung ist nicht weit verbreitet. Es war nur eine Sorte der Kichererbse verfügbar. Die konnte mir nach vielen Telefonaten ein Händler mit guten Kontakten besorgen“, erzählt Leonard.

Fixe Versprechen zur Abnahme oder Liefermenge gab es zwischen Landwirt und Start-up keine. „Mit und durch Hülsenreich bin ich auf die Idee des Kichererbsen-Anbaus gekommen, aber die Kosten sowie das Vermarktungsrisiko trage ich“, sagt Leonard. Er fügt hinzu: „Ich schätze es allerdings als gering ein, denn die Nachfrage nach Kichererbsen aus Deutschland ist hoch.“

Pro Hektar erntet das Start-up 1 bis 2,5 t Kichererbsen. Foto: Farina Schildmann

Ende April konnte der Landwirt mit der Aussaat beginnen. „Im Frühjahr war es hier noch überall grün. Jetzt sieht die Pflanze schon wieder ganz anders aus“, blickt Emilie über das Feld. Leonard hat sie über Wachstum und Entwicklung der Pflanzen auf dem Laufenden gehalten. Seine Befürchtung, die Hülsenfrüchte könnten aufgrund von zu viel Feuchtigkeit verfaulen, ist im trockenen Sommer nicht eingetreten. „Ich bin sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Wir müssen nun auf das Ernte-Ergebnis warten“, fasst der Landwirt zusammen. Er rechnet mit einem Ertrag von 1 bis 2,5 t für den Hektar.

Eigene Herstellung und Aufbau einer Produktion

100 t gereinigte und getrocknete Kichererbsen braucht Hülsenreich aktuell im Jahr. „Wir stellen derzeit 3.000 Tüten pro Woche her“, sagt Emilie. In der Produktionsküche in Leipzig weicht sie die Kichererbsen zunächst ein, kocht sie mit Salz und röstet sie dann mit Heißluft, damit der Snack knackig wird. Die Produktion hat die Gründerin selbst aufgebaut, eigene Rezepturen und Herstellungsverfahren getestet. „Eigentlich hatten wir nicht vor, die Produktion selbst zu übernehmen. Da es aber keinen Hersteller für geröstete Kichererbsen gibt, haben wir uns letztendlich dazu entschlossen, es selbst zu machen“, beschreibt die 25-Jährige.

Bereits während ihres Studiums wurde ihr klar, dass sie mit Hülsenfrüchten arbeiten will. „Kichererbsen sind im arabischen Raum weit verbreitet. In Europa ist die Hülsenfrucht noch nicht allzu bekannt. Auch das Produkt als Snack gibt es noch nicht. Die drei Sorten habe ich selbst entwickelt“, erzählt Emilie. Mithilfe des ego.-Gründungstransfers, einer Förderung des Landes Sachsen-Anhalt, konnte das Team vor der Gründung Geräte mieten, Rohstoffe kaufen und die ersten Snacks verkosten lassen.

Wachstum des Start-ups

Seitdem hat sich einiges getan: Seit Anfang dieses Jahres hat das Team einen Business Angel aus dem Lebensmittelbereich aus der Region an der Seite. Neben Emilie arbeiten zwei 30-Stunden-Kräfte und zwei Werkstudenten in der Produktion. Während sich Gunnar um die betriebswirtschaftlichen Fragen kümmert, ist Simon für den Vertrieb der Snacks verantwortlich. Die Kichererbsen zum Knabbern gibt es mittlerweile in mehr als 500 Supermärkten in Deutschland sowie in 30 Unverpacktläden.

Da es keinen Hersteller für geröstete Kichererbsen gibt, haben wir uns letztendlich dazu entschlossen, es selbst zu machen." - Emilie Wegner

Auch über den Online-Shop verkauft Hülsenreich ihre drei Sorten. 2,93 € zahlt der Kunde für die 100g-Tüte mit Schokoüberzug. 2,73 € für die Sorten Curry und Cajun. „Die Marge ist, wie bei anderen Lebensmitteln, nicht besonders hoch. Es war von vorneherein klar, dass wir auf Masse setzen und in großen Mengen produzieren müssen“, sagt Emilie. Ab September möchte das Start-up bereits 6.000 Tüten in der Woche produzieren, mittelfristig möchte es die Menge verdreifachen. Eine neue Maschine soll dies möglich machen.

Fokus Regionalität

„Langfristig wollen wir noch regionaler werden. Der Anfang ist auf diesem Hektar hier gemacht“, fasst Emilie zusammen. Drei Wochen später berichten Gründerin und Landwirt von der Ernte: „Die lief sehr gut. 1,3 t habe ich vom Feld geholt“, so Leonard. Emilie ergänzt: „Für uns geht es jetzt ans Etiketten designen, denn die ersten Tüten regionale Kichererbsen sollen in unserem Online-Shop bald verkauft werden.“

Leonard wird schauen, wie sich der Anbau von Kichererbsen zukünftig in seine Fruchtfolgen integrieren lässt. „Das Hauptgeschäft muss laufen. Erst dann kann ich mich auf den Anbau von Spezialkulturen konzentrieren. Denn mit denen kann man sich auch leicht verzetteln“, so der Landwirt. Bei der Hülsenfrucht hat er ein gutes Gefühl: Nächstes Jahr plant er, Kichererbsen auf 10 ha anzubauen.

Ich habe gemerkt, dass das Interesse da ist und es Abnehmer gibt. - Leonard van Uelft

„Ich habe gemerkt, dass das Interesse von mehreren Seiten da ist und es Abnehmer gibt“, sagt Leonard. Ob Hülsenreich und der Landwirt auch in Zukunft zusammenarbeiten, hängt vom Preis ab. Die Aufgabe der Vermarktung sieht Leonard beim Food-Start-up: „Regionaler und nachhaltiger als das, was wir hier machen, geht es nicht. Das muss dem Verbraucher auch über den Preis vermittelt werden“.

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