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Kritik

BUND und Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichen Insektenatlas

Umweltschützer haben am Mittwoch ihren "Insektenatlas" vorgestellt. Darin zeigen sie den Artenschwund und prangern die Landwirtschaft als Verursacher an. Notwendig sei eine nachhaltige Agrarpolitik.

Lesezeit: 5 Minuten

Global verzeichnen Insektenpopulationen dramatische Rückgänge. So soll etwa bei der Hälfte der 561 Wildbienenarten in Deutschland die Populationen rückgängig sein, kritisieren die Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in ihrem am Mittwoch präsentierten "Insektenatlas 2020".

75 % der wichtigsten Kulturpflanzen seien von der Bestäubungsleistung von Insekten abhängig. Nun drohe bei einzelnen Obst- und Gemüsesorten wie Äpfeln, Kirschen, Pflaumen oder Gurken ein Ernterückgang von bis zu 90 Prozent. Insekten verbesserten zudem durch das Zersetzen von Dung und abgestorbenen Pflanzenteilen die Bodenqualität und reduzierten Pflanzenschädlinge.

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Stattdessen zerstöre die intensive Landwirtschaft mit ihren Folgen die Lebensgrundlage von Insekten in immer größerem Ausmaß. Dazu schreiben die beiden Organisationen: "Große, monotone Felder ohne Hecken oder Grüninseln sowie Kunstdünger und Pestizide vernichten Rückzugsgebiete von Nützlingen und fördern die Ausbreitung von Schädlingen."

Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, spricht in diesem Zusammenhang Monokulturen mit Energie- oder Futterpflanzen für die "Massentierhaltung" in Ländern wie Brasilien oder Indonesien an. Dies treibe die Entwaldung, monotone Agrarwüsten und den Pestizideinsatz massiv voran.

Laut Unmüßig würden von industrieller Landwirtschaft nur die großen Agrarkonzerne profitieren - auf der Strecke blieben die Kleinbauern, Konsumenten und eben auch die Insekten. Die Politik müsse endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und umsteuern. Pestizide, die in Europa aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen oder gravierenden ökologischen Wirkung nicht mehr zugelassen sind, dürften von deutschen Konzernen auch nicht länger in anderen Ländern vertrieben werden, fordert sie.

In diesem Zusammenhang betont Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, wie wichtig eine Reduzierung des Fleischkonsums für den Insektenschutz sei. "Das Sojafutter für die intensive Tierhaltung stammt aus südamerikanischen Staaten, die dafür artenreiche Landschaften in Monokulturen verwandeln. Wir müssen beim Insektenschutz auch unseren Lebensstil hinterfragen: Weniger Fleisch und Milch, dafür artgerecht gehalten und mit fairen Preisen für die Bauernhöfe, das wäre wichtig."

Die im Einklang mit der Natur wirtschaftenden Landwirte bräuchten ein einträgliches Auskommen. Doch Insektenschutz werde bislang nicht an der Ladenkasse bezahlt, Bauern bekämen ihn nicht entlohnt. "Hier ist nicht nur die Bundesregierung, sondern auch der Handel in der Pflicht, für faire Erzeugerpreise zu sorgen", so Bandt.

Die Vorschläge der Bundesregierung im Insekten-Aktionsprogramm reichen laut den beiden Organisationen nicht aus. Ohne einen Umbau der Landwirtschaft sei das Sterben von Schmetterlingen, Hummeln und Käfern nicht zu stoppen. Ihre Forderung: Öffentliches Geld muss zum Schutz der Insekten eingesetzt werden. Die knapp 60 Mrd. Euro, die jährlich für Europas Landwirtschaft ausgegeben werden, müssten in der neuen Förderperiode an eine naturfreundliche, klimaschonende und tiergerechte Landwirtschaft gebunden werden.

Klöckner kündigt Insektenmonitoring an

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sagte in einer Reaktion, dass Deutschland den Insektenschwund sehr ernst nehme. "Auch die Landwirtschaft tut das, denn schließlich ist sie wie kaum ein anderer auf die Bestäubungsleistung angewiesen. Deshalb haben wir als Bundesregierung das Aktionsprogramm für mehr Insektenschutz beschlossen. Wir sehen, wie weltweit der Insektenrückgang sich abzeichnet, deshalb ist es wichtig, dass weltweit agiert wird, also auch andere Länder systematisch vorgehen beim Insektenschutz. Die Abholzung ganzer Waldstriche ist das Gegenteil davon", so die Ministerin.

Sie kündigte im Rahmen des Aktionsprogramms ein bundesweites Insektenmonitoring an, um eine wissenschaftliche Basis zu den Ursachen zu bekommen. Anschließend ließen sich Maßnahmen verlässlich beurteilen. "Denn die Gründe für den Insektenschwund sind vielfältig. Es gibt ihn auch abseits der agrarisch bewirtschafteten Flächen. Die Themen Lichtverschmutzung oder Flächenversiegelung müssen genauso in den Blick genommen werden", so Klöckner.

RLV: Bauern liegt der Insektenschutz sehr am Herzen

Keine andere Branche ist so sehr auf funktionierende Ökosysteme angewiesen wie die Landwirtschaft. Daher liegt den Bauern der Insektenschutz sehr am Herzen. Darauf weist der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) hin.

„Seit Jahren ergreifen wir Maßnahmen, wie den Anbau von Blühstreifen und Zwischenfrüchten, um den Insekten- und Wildpopulationen zu helfen. Wir haben zur Förderung der Biodiversität inzwischen viel auf den Weg gebracht und da wollen wir noch besser werden“, erklärt RLV-Präsident Bernhard Conzen.

Conzen stellt aber auch klar, dass Biotope vielfältigen Einflüssen ausgesetzt sind. „Den schwarzen Peter für ungünstige Entwicklungen alleine den Bauern zuzuschieben, ist falsch. Niemand soll sich vor der Verantwortung drücken. Insektenschwund ist ein Problem mit vielen Ursachen. Müssen Lebensmittel immer billiger werden? Müssen in Deutschland pro Sekunde 9 m² Fläche zugebaut werden? Muss es der getrimmte Vorgarten mit fragwürdiger Steindekoration sein? Nein! Wir müssen endlich akzeptieren, dass dieses Problem nur gesamtgesellschaftlich zu lösen ist“, so Conzen.

Der Rheinische Landwirtschafts-Verband appelliere deshalb an die Verbraucher, regional erzeugte Produkte zu bevorzugen. Von der Politik fordere er, dringende Probleme, wie etwa den ungezügelten Flächenverbrauch, anzupacken. „Auf Beton wachsen weder Lebensmittel, noch gedeiht dort Biodiversität. Wenn man hierzulande von Artenvielfalt spricht, dann aber – wie etwa durch das Mercosur-Abkommen – unsere Märkte für Lebensmittel öffnet, die in anderen Regionen der Welt deutlich unterhalb unserer strengen Standards erzeugt wurden – darf man sich nicht wundern, dass die Bauern auf die Barrikaden gehen.“

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