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f3-Scheunengespräch

Chancen und Herausforderungen in der Vermarktung tierischer Produkte

Immer mehr Tierhalter schauen sich nach alternativen Vermarktungsmöglichkeiten für ihre Produkte um. Welche Chancen und Hürden die eigene Vermarktung mit sich bringt, war Thema im f3-Scheunengespräch.

Lesezeit: 7 Minuten

Wer sich umsieht, der bemerkt zunehmend mehr Tierhalter, die versuchen, eine eigene Vermarktung oder eine regionale Wertschöpfungskette für ihre Produkte aufzubauen. Einige Landwirte haben sich damit bereits erfolgreich in der Nische positioniert. Doch die Umsetzung ist oft mit mehr Aufwand verbunden, als gedacht. Zum einen muss der Landwirt bereit sein, in der Öffentlichkeit zu stehen und seine Produkte zu bewerben. Zum anderen müssen verschiedene Partner in der Kette mitspielen. Und damit am Ende die Rechnung aufgeht, müssen möglichst alle Teile vom Tier verwertet werden.

Auf welchem Weg das gelingen kann, zeigten Referenten und Referentinnen aus Landwirtschaft, Start-up Szene, aus dem Schlachtbranche aus Handel und Beratung beim gestrigen f3-Scheunengespräch. Das digitale Event begann mit einer moderierten Expertenrunde. Anschließend folgten vier Kurzvorträge zu innovativen Konzepten im Tiersektor. Im Anschluss teilte sich die Impulsgeber auf verschiedene Räume auf, in denen sie mit den Zuhörern auf Augenhöhe diskutierten und Fragen beantworteten. Es fanden rund 140 Gäste ihren Weg in die digitale Scheune. Das Scheunengespräch wurde begleitet von der Landwirtschaftlichen Rentenbank und unterstützt von der LVM.

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„Der Verbraucher muss es so einfach wie möglich haben“

Welcher Vermarktungsweg sich für den Landwirt lohnen kann, und wo die Herausforderungen in der Wertschöpfungskette liegen, darum ging es im Einführungstalk mit Experten aus Landwirtschaft, Schlachtbranche und Handel/Beratung.

Wie eine Kooperation zwischen Landwirt und Metzger auf Augenhöhe funktionieren kann, zeigte Landwirt Torsten Deye. Er vermarktet seine 700 Mastschweine über den regionalen Metzgerbetrieb „Bauer & Metzger“. Dieser bezahlt Tosten für seine Tierhaltung, einen Preis, der über dem konventionellen Schweinepreis liegt. Die Haltungsanforderungen schließen beispielsweise ein höheres Platzangebot, eine Stroheinstreu und einen Außenklimareiz ein. Das Risiko der Vermarktung liegt bei der Metzgerei. Gelingt es ihr nicht, alle Tiere auf dem „Premiumweg“ zu vermarkten, geht das Fleisch auf konventionellem Weg an den Endverbraucher.

„Wenn sich Landwirte für einen Umbau der Tierhaltung entscheiden, sollten sie sich zuerst um einen Vermarkter kümmern, der den Mehraufwand bezahlt“, meint Torsten. Nur so könne man selbst den Preis für das Endprodukt mitbestimmen. Für die erfolgreiche Vermarktung sieht Torsten die transparente Darstellung der Tierhaltung als Schlüsselfaktor. „Wichtig ist, eine Nähe zu den Kunden aufzubauen. Wir ermöglichen den Verbrauchern beispielsweise, durch Stallrundgänge in den Stall zu schauen.“

Auch Niko Brand hat als Geschäftsführer des Schlachthofs Brand in Lohne Erfahrungen im Bereich der Kooperationen. Da die Ansprüche der Verbraucher an die Produkte sehr unterschiedlich sind, entwickelte der Schlachthof Brand über 20 verschiedene Wertschöpfungsketten mit unterschiedlichen Angeboten. „Die Haltung steht immer im Mittelpunkt. Daneben gibt es dann unterschiedliche Ansprüche wie die Regionalität des Futters oder die Nutzung alter Rassen“.

Wenn sich Landwirte für einen Umbau der Tierhaltung entscheiden, sollten sie sich zuerst um einen Vermarkter kümmern, der den Mehraufwand bezahlt. - Torsten Deye

Die Sicht aus Handel, Praxis und Beratung brachte Heike Zeller mit in die Runde. Sie ist selbstständige Beraterin für regionale Vermarktungsstrategien in Bayern und berät neben Landwirten auch Lebensmittelunternehmen. „Für eine erfolgreiche Vermarktung braucht der Verbraucher einen Bezug zu dem Produkt“, das sollte man dem Kunden so einfach wie möglich machen. Ein Produkt, das aus der Region oder vom Hof aus dem Nachbardorf kommt, sei für viele Verbraucher einfacher zu verstehen als die Haltungsstufe der Tiere. Bezüglich des Marketings kommt es ihrer Meinung nach immer auf das Produkt an. „Grundsätzlich sollte man das Produkt so viel wie möglich für sich sprechen zu lassen. Wenn es die Möglichkeit gibt, am Produkt etwas zu gestalten, sollte man das nutzen.“

In anschließenden vier Kurzvorträgen stellten weitere Referenten ihre Konzepte aus dem Tiersektor vor.

Verständlicher Mehrwert für den Kunden

Bereits vor knapp 10 Jahren entwickelte Leonie Behrens mit ihrer Schwester Annalina ein Konzept zur Bruderhahnaufzucht, das sie im Kurzvortrag vorstellte. Seit 2012 begannen sie, eine Vermarktung für die eigenen Produkte aufzubauen. „Optisch sehen das konventionelle Ei und unser „haehnlein“-Ei gleich aus. Entscheidend für die erfolgreiche Vermarktung unseres Produkts ist, dass wir einen Mehrwert bieten, den der Kunde leicht versteht“.

Statt dabei auf das Wort „Kükentöten“ zu setzen, wählten sie die Aufschrift „Aufzucht von Henne und Hahn“ und setzten auf eine emotionale Kundenansprache. Leonie Behrens legte außerdem einen Schwerpunkt in der Öffentlichkeitsarbeit: Sie und ihre Schwester repräsentieren die Marke und zeigen Gesicht auf den Produkten.

Als größte Herausforderung sieht sie die Vermarktung der Fleischprodukte vom Huhn. „Dabei setzen wir auf eine ansprechende Optik der Produkte und auf den Genussaspekt, weil das der entscheidende Aspekt für den Kunden ist.“

Für mehr Tierwohl und Transparenz in der Wertschöpfungskette

Das Team von "Vetvise" hat es sich zum Ziel gesetzt, das Tierwohl von Nutztieren über digitale Lösungen zu verbessern. Die Gründer Norman Caspari und Johannes Schmid-Moser entwickelten dafür Kameras und Klimasensoren, die mithilfe einer künstlichen Intelligenz Parameter wie die Aktivität, das Wachstum und die Flächennutzung der Tiere erfasst und auswertet. „Dadurch können wir Sachen im Stall sehen, die der Landwirt nicht sehen kann. Wir wollen wir den Landwirt bei seiner Arbeit unterstützen.“ Das System könnte die gesamte Wertschöpfungskette bis zur Verarbeitung abdecken und so die Transparenz für den Verbraucher erhöhen.

Erst vermarkten, dann schlachten

Das Start-up „Ein Stück Land“ vermarktet Fleisch von Rindern, Schweinen und Hühnern, hauptsächlich über das Netz. Dabei verfolgt Gründer Carsten Hinrichsen gemeinsam mit seiner Freundin Lina das Prinzip des „Crowdbutchering“, bei dem es um die ganzheitlich Verwertung eines Tieres geht. Erst wenn es genügend Abnehmer gibt, wird das Tier geschlachtet und die Fleischpakete an die Kunden verschickt.

Eine große Herausforderung beim „Crowdbutchering“ ist, von dem geschätzten Lebendgewicht des Tieres auf die Anzahl der Pakete für den Verkauf zu schließen. „Nichts ist schlimmer, als einem Kunden sagen zu müssen, dass er sein bestelltes Paket nicht erhalten kann, weil das Tier zu leicht war“. Außerdem bleiben immer einige Teile vom Schlachtkörper übrig.

„Crowdbutchering funktioniert, aber nur mit Einschränkungen. Es klappt nicht, das Tier erst zu 100 % zu vermarkten und dann zu schlachten.“ Deshalb braucht es immer eine Kombination von verschiedenen Vermarktungswegen, um die gesamte Verwertung möglich zu machen. Hinrich Carstensen nutzt deshalb verschiedene Wege wie den eigenen Hofladen, eine Online-Fleischtheke oder – bis zur Coronapandemie – ein eigenes Restaurant.

Tierwohl-Fleisch für Siemens-Mitarbeiter

Wie die Umstellung auf mehr Tierwohl in den Kantinen eines Großkonzerns aussehen kann, erzählte Cristof Strobl, der bei Siemens als Regionalleiter für die Region Nord der Mitarbeiterkantinen zuständig ist. Siemens bot, bevor der Coronapandemie einschlug, in seinen Mitarbeiterkantinen über drei Jahre erfolgreich regionales Tierwohl-Schweinefleisch an. Bis es dazu kam, musste Christof Strobl einige Hürden überwinden.

„Die größte Herausforderung war, die gesamte Prozesskette vom Bauern bis zu uns in die Kantine aufzubauen“. Ein weiteres Anliegen war Strobl, nicht nur die wertvollen Teilstücke, sondern das gesamte Tier abzunehmen. „Wir mussten unsere Köche erst jahrelang umgewöhnen und die Speisekarte anpassen, um das gesamte Schwein verwerten zu können.“ Trotz des Aufwands ist Cristof Strobl überzeugt, dass sich die Arbeit gelohnt hat.

Landwirte sollten selbst aktiv werden und bei den Konzernen anklopfen, um diesen Vermarktungsweg weiter voranzutreiben. - Christof Strobl

Sein abschließender Appell: Landwirte sollten selbst aktiv werden und an Konzerne herantreten, um diesen Vermarktungsweg voranzutreiben.

Im Anschluss teilten sich die Teilnehmer und Referenten auf drei Einzelräume in Zoom auf und tauschten sich intensiv zu den Themen aus. Themenschwerpunkte waren die Herausforderungen in der Vermarktung entlang der Wertschöpfungskette, die Vermarktungswege online und stationär und die Chancen digitaler Tools in der Tierhaltung.

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