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Das kosten Zäune und Schutzhunde

Was würde eine komplette Einzäunung der Weiden zum Schutz vor dem Wolf kosten? Die LfL hat es mal für Bayern ausgerechnet.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat für den Freistaat berechnet, was eine wolfssichere Umzäunung kosten würde. Insgesamt gibt es in Bayern Weideflächen mit einer Zaunlänge von 122.000 km. Allerdings gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich erwachsene Rinder und Pferde gegen das Großraubtier wehren können. Betroffen sind dagegen Schafe, Ziegen, Jungrinder und Mutterkühe.

Auch sind nicht alle Gebiete gefährdet. Insgesamt schätzen die Wissenschaftler die Zaunlänge, die wolfssicher ausgebaut werden müsste, auf 57.400 km.

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Bei Rindern müsste der Festzaun mindestens 1,05 m hoch und mit fünf stromführenden Litzen ausgeführt sein. Inklusive Zaunmaterial, Toren, Eckpfosten, Elektrozaungerät und Montagekosten liegt die Investitionssumme je nach Geländeverhältnissen zwischen 4,20 und 7,73 € pro laufenden Zaunmeter. Für Bayern insgesamt ergäbe sich daraus ein Durchschnittswert von 327 Mio. € für die Erstausrüstung und 28 bis 43 Mio. € für die jährlichen Folgekosten.

Zum regelmäßigen Ausmähen der unteren Litze setzen die Wissenschaftler 5 bis 10 ct/m bei maschineller Pflege oder 9 bis 18 ct/m bei manueller Pflege (Arbeitskraft und Gerät) an. Das wären weitere 2,8 bis 10,3 Mio. € für die 57000 Zaunkilometer, die die Tierhalter aufbringen müssten. Im Schnitt errechnet die LfL pro Betrieb Investitionskosten zwischen 17000 und 27000 € sowie jährliche Kosten für Abschreibung, Zinssatz und Unterhalt von 2500 €.

Zu Herdenschutzhunden hat das KTBL die Kosten für die Schafhaltung berechnet: Ein Hund würde demnach jährliche Direktkosten von rund 1400 € verursachen. Dazu kommen 44 Arbeitsstunden pro Hund und Jahr. Außerdem kommt ein Betrieb mit einem Hund nicht aus, pro Herde rät das KTBL zu mindestens zwei Hunden.

Schutz kostet Millionen

Herdenschutzmaßnahmen sind also teuer. „Sie stehen nicht in Relation zu den Erlösen der Weidetierhalter, explizit der Schaf- und Ziegenhaltung sowie der Hobbyhaltung von seltenen Nutztierrassen“, heißt es in der „Stader Resolution“ der agrarpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktionen in den Bundesländern.

Das hat auch die Europäische Kommission erkannt und am 8.11.2018 entschieden, dass Herdenschutzmaßnahmen zur Vermeidung von Übergriffen durch Wölfe auf Weidetiere zu 100% durch die einzelnen Mitgliedstaaten finanziert werden können, ohne dass dies als unzulässige Beihilfe gilt. Bislang konnten sie nur 80% der Kosten erstatten. Neben direkten Schäden durch einen Riss können Tierhalter auch z.B. Tierarztkosten erstattet bekommen.

2016 gaben die Länder für Präventions- und Ausgleichsmaßnahmen 1,1 Mio. € aus, zeigt die DBBW-Statistik. Das Gros davon zahlten Sachsen (ca. 320000 €), Niedersachsen (ca. 300000 €) und Brandenburg (ca. 200000 €). Neuere Zahlen liegen noch nicht vor.

Aber das ist nur ein Bruchteil der Kosten, die bei der weiteren Ausbreitung des Wolfs anfallen würden, wie eingangs mit den Zahlen aus Bayern dargestellt. Und es gibt weitere Probleme:

  • Nicht jeder Betroffene wird entschädigt, sondern nur Betriebe in den politisch definierten Wolfsgebieten.
  • Die Tierhalter bleiben immer noch auf den Folgekosten sitzen: die untere Stromlitze eines Zauns oder der verbleibende Grünstreifen zwischen Hecken, Wällen und den Zäunen müssten mehrmals im Jahr gemäht werden, damit der Strom ausreichend fließt.
  • Zudem zahlt der Staat nur die Erstausrüstung. Ist der Zaun verschlissen und muss erneuert werden, muss der Tierhalter selbst investieren.
  • Schafhalter werden nicht entschädigt, wenn Tiere nach einer Wolfsattacke verlammen oder gar nicht mehr tragend werden.
  • Ferner gibt es noch ungeklärte rechtliche Fragen beim Einsatz von Herdenschutzhunden bezüglich der Tierschutz-Hundeverordnung.

Immer höhere Zäune

Ein wolfsabwehrender Grundschutz ist schließlich auch keine Garantie gegen Attacken: Die „Goldenstedter Fähe“ in der Nähe von Vechta hat mehrfach Wolfsschutzzäune übersprungen. „Sie hat gelernt, dass die nach Standard errichteten Zäune – 1,50 m hoch und stromführend – ihr nichts anhaben, wenn sie darüber springt. In der Luft wirkt der Strom nämlich nicht, weil sie dort nicht geerdet ist“, erklärte die CDU-Bundestagsabgeordnete Silvia Breher aus Cloppenburg-Vechta in einer Bundestagsdebatte.

Genauso würde die Fähe über 2 m hohe Zäune klettern. Ähnliches berichten Tierhalter vom Rodewalder Rudel oder aus Pinneberg (Schleswig-Holstein), wo Wölfe Elektrozäune mit 8500 V Spannung überwunden haben. Für Aufruhr sorgte auch, dass ein Wolf im Januar 2019 aus dem hessischen Wildpark Knüll ausgebrochen ist. Da sich Wölfe aus Niedersachsen bundesweit ausbreiten wie Gentests beweisen, und sie Erlerntes an die Welpen weitergeben, verbreitet sich ihr „Wissen“ zum Überwinden von Zäunen schnell.

Die Praxiserfahrungen führen zu immer neuen Empfehlungen: Bislang galt ein Knotengeflecht mit 90 cm Höhe als „wolfssicher“. Inzwischen rät das Wolfsbüro im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) den Mindestschutz von mindestens 90 Zentimetern, mit sogenannten „Flatterbändern“ auf 120 oder noch besser auf 140 Zentimeter zu erhöhen. Festzäune gelten in der „Richtlinie Wolf“ ab einer Höhe von 120 Zentimetern und mit einem Untergrabeschutz als wolfsabweisend. Diese sollten zusätzlich gegen Überklettern gesichert werden. „Die Tierhalter können den Schutz nicht ständig weiter aufrüsten“, lehnt Jörn Ehlers, Landvolkvizepräsident und Vorsitzender im Kreis Rotenburg/Verden, diesen Wettlauf gegen die Zeit ab.

„Zaunbau allein reicht nicht!“

„Ein Haufen schlaue Leute verdient inzwischen viel Geld mit Management und Monitoring, Gutachten und Entschädigung, Beratung und Herdenschutz, nur für uns Bauern wird es von Jahr zu Jahr schlimmer“, beklagt der Wolfsbeauftragte des Bauernbundes in Brandenburg, Frank Michelchen nach einem Vorfall in Lenzen (Brandenburg) am Elbdeich: Wölfe hatten zwei Schafe gerissen, obwohl die 300-köpfige Herde durch einen vorschriftsmäßigen, 90 cm hohen Zaun und drei Pyrenäenberghunde geschützt war. „Ein großflächiger Zaunbau gegen den Wolf kann nicht funktionieren, das wäre der absolut falsche Weg“, ergänzt der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Niedersachsen, Martin Bäumer.

Dazu kommt: Immer mehr Zäune schaden auch anderen Wildtierarten, die ausgesperrt werden. Zudem können die Gatterwildhalter die geforderten Abstände mit stromführenden Drähten nicht einhalten bzw. keinen Untergrabeschutz mit Knotengeflecht verlegen. Dafür müssten Bäume und Büsche gerodet werden, die aber als Auflage von den Umweltämtern gefordert werden.

Die bisherigen Erfahrungen machen deutlich: Die rasante Ausbreitung des Wolfs lassen den Ruf nach einer Aufnahme ins Jagdrecht lauter werden. Die rechtlichen Möglichkeiten dazu und den Stand der Diskussionen beleuchten wir in der kommenden Ausgabe von top agrar.

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