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topplus Wasserbüffelhaltung

Große Büffel, kleine Nische

Die Haltung von Wasserbüffeln ist hierzulande eine Seltenheit. Familie Mölders hat mit der Zucht von Wasserbüffeln und der Vermarktung von Büffelprodukten eine Nische gefunden.

Lesezeit: 9 Minuten

Dieser Beitrag erschien zuerst bei f3 - farm food future.

„Kommt mal her! Starke, Sony, Ariel!“, ruft Martin Mölders, während er einen Eimer mit Kraftfutter schüttelt. Und es dauert nicht lang, da kommen 40 Tiere, je eine halbe Tonne schwer, auf ihn zu getrottet. Ganz friedlich und gemütlich. „Sensibel wie ein Pferd. Stur wie ein Rindvieh. Treu wie ein Hund“, sagt Martin Mölders, während er einen seiner Wasserbüffel streichelt. Der ragt ihm bis zur Schulter und könnte ihn ohne Mühe umrennen. Aber Martin vertraut seinen Tieren und sie umgekehrt auch ihm.

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Büffel in Deutschland

Der Landwirt und seine Frau Silvia Mölders züchten seit 2004 Wasserbüffel auf ihrem Betrieb in Bocholt. Was damals als Experiment begann, ist heute ein Vollzeitgeschäft mit einer Herde von insgesamt 100 Tieren und angegliederter Vermarktung über den eigenen Hofladen und regionale Händler. Der Betrieb vermarktet Büffelmozzarella, -joghurt, -fleisch und mehr. Neben den Büffeln sind auf dem Hof noch alte Rinderrassen, 50 Berkshire-Schweine und knapp 400 Hühner in Mobilställen zuhause. Die Familie bewirtschaftet ca. 40 ha Fläche. Wegen Einheirat trägt der Hof heute den Namen Mölders. Damit Kragemann, der ursprüngliche Name des Hofes, nicht in Vergessenheit gerät, nannte das Ehepaar den Hof „Büffelhof Kragemann“. Neben dem Ehepaar unterstützt Tochter Anna Mölders auf dem Hof.

Als die Familie auf der Weide inmitten der Herde steht, spürt der Betrachter, dass aus der anfänglichen Liebhaberei längst eine Leidenschaft geworden ist. Wie vertraut das Verhältnis zu den Tieren ist, merken wir spätestens, als sich Martin Mölders auf den Rücken eines Büffels setzt. „Sony weiß, dass ich es bin, die bleibt ganz ruhig“, sagt er. Selbstverständlich tragen alle Tiere einen Namen. Die Mölders besetzen eine absolute Nische. „Insgesamt leben in Deutschland rund 6.000 Wasserbüffel“, meint Ehefrau Silvia. Davon werden nur etwa 1.000 landwirtschaftlich gehalten – der Großteil dient der Landschaftspflege.

Melken ist Vertrauenssache

Die massiven Tiere wirken imposant und so gar nicht wie Kuscheltiere. Daher mag es überraschen, wie eng die Bindung der Tiere an ihre Besitzer ist. So eng, dass sie sich nur von Martin und Silvia Mölders melken lassen. Darum darf auch beim Interviewtermin niemand beim Melken zuschauen. „Bei Unruhe oder fremden Personen im Melkstand lassen sie keine Milch ab“, erzählt der Landwirt. „Wenn ich nicht da bin, müssen sich die Kinder unseren Kittel anziehen und sich wie wir ‚verkleiden‘, sonst funktioniert es nicht“, schmunzelt er.

Bei Unruhe oder fremden Personen im Melkstand lassen sie keine Milch ab." - Martin Mölders

Eine Büffelkuh gibt im Durchschnitt 8 bis 10 l Milch pro Tag. Das macht eine jährliche Milchleistung von rund 2.300 l. Im Vergleich zur durchschnittlichen Milchleistung einer Milchkuh von 9.150 l pro Jahr mag das wenig erscheinen. Doch Martin Mölders weiß, dass diese Leistungen nur schwer vergleichbar sind. „Der Fettgehalt von Büffelmilch ist mit 8 % doppelt so hoch wie der von herkömmlicher Milch mit 4,1 %“, sagt er.

Über den Büffelmozzarella zur eigenen Büffelherde

Das Steckenpferd des Hofes ist Büffelmozzarella. Ein Großteil der Milch wandert in seine Produktion. Diese Spezialität war der Grund, warum sich die Mölders überhaupt Büffel zulegten. Vor gut 15 Jahren übernahm das Ehepaar den elterlichen Nebenerwerbsbetrieb von Silvia Mölders mit 30 Sauen und 18 Kühen, war aber auf der Suche nach einer unternehmerischen Nische. Der erstklassige Geschmack vom italienischen Büffelmozzarella bei einem Essen mit Freunden brachte das Ehepaar auf die Idee: Eigene Büffel kaufen, melken und selbst Käse produzieren.

Nachdem ihnen rumänische Büffel empfohlen wurden und sie daraufhin vier Kühe und zwei Kälber kauften, ahnten sie nicht, dass sich diese erst sieben Jahre später melken lassen würden. „Durch aufwändige, jahrelange Zucht hatten wir unsere Büffel 2011 soweit, dass sie das Melken überhaupt zuließen“, meint Martin Mölders. Die rumänischen Tiere waren wild, wenig zutraulich und nicht auf hohe Milchleistung gezüchtet. Doch Mölders blieben am Ball. Trotz aller Zweifel bauten sie sich 10 Jahre lang nebenbei eine Stammherde auf und kreuzten langsam italienische Tiere ein. Übrigens ganz ohne Vorkenntnisse über Büffel und ihre Zucht. „Es ist nie etwas passiert. Aber manchmal waren wir froh, dass es einen Baum auf der Weide gab“, erinnert sich Silvia Mölders.

Heute besteht die Herde fast nur noch aus italienischen Büffeln. Diese wurden schon früher in Italien zur Milchproduktion gezüchtet. „Hätten wir gewusst, wie viel Arbeit es ist, Vertrauen zu den Tieren aufzubauen, hätten wir den Schritt wohl nie gewagt“, sagt Silvia Mölders.

Hätten wir gewusst, wie viel Arbeit es ist, Vertrauen zu den Tieren aufzubauen, hätten wir den Schritt wohl nie gewagt." - Silvia Mölders



Büffelprodukte sind gefragt

„Ich bin ein anderer Landwirt, seit ich meine Produkte regional und direkt vermarkte“, sagt Martin Mölders, als er durch den Hofladen führt. Mit der Vermarktung kommen andere Aufgaben auf ihn zu, die geprägt sind vom Kundenkontakt. Seit vier Jahren betreibt die Familie den Hofladen nun. Produkte vom Büffel, darunter Käse, Joghurt, Fleisch, aber auch Bier und Schmuck werden hier verkauft. Auch regionale Händler, andere Hofläden und Gastronomen nehmen Produkte ab. Im Hofladen verkauft die Familie etwa die Hälfte aller Produkte. Zweimal pro Woche beliefern sie ihre insgesamt 40 geschäftlichen Kunden in NRW. Während Supermärkte und Gastronomen zum großen Teil den Mozzarella abnehmen, wird im Hofladen zu 70 bis 80 % Fleisch verkauft. Auch das Fleisch der Berkshire-Schweine liegt in der Kühltheke. Pro Monat werden rund 300 kg Büffelfleisch, 160 kg Schweinefleisch und etwa 300 kg Mozzarella verkauft. Neben der Unterstützung durch die Familie sind für die Auslieferung sowie den Hofverkauf jeweils eine 450€-Kraft angestellt.

Käseherstellung ist was für Profis

Natürlich dürfen wir auch probieren. Wer ein Stück Büffelmozzarella isst, schmeckt den Unterschied zu Kuhmilch-Mozzarella sofort. Er ist deutlich geschmacksintensiver und aromatischer. Genau dieser aromatische Geschmack der italienischen Spezialität überzeugt. „Büffelmozzarella aus Deutschland ist eine Besonderheit“, sagt Martin Mölders. Nachdem sich die Mölders anfangs erfolglos an einer eigenen Produktion versuchten, übernimmt diese Aufgabe heute eine Molkerei im holländischen Zevenaar. „Zurzeit könnten wir das arbeitstechnisch gar nicht bewältigen“, sagt Tochter Anna. „Und uns fehlt das Know-how.“ Auch andere Schnittkäsesorten wie Brie oder Camembert lässt Familie in den Niederlanden herstellen.

Zwei- bis dreimal die Woche bringt der Betrieb die Milch zur Molkerei, jedes Mal rund 350 l. Dort sind extra für den Büffelmozzarella spezialisierte italienische Käsemeister am Werk. Aus 350 l Milch stellen sie etwa 85 kg Mozzarella her. Familie Mölders verkauft die Büffelmilch an die Molkerei. Sie erhält 1,25 € pro Liter. Anschließend kauft sie den Mozzarella für 10,80 € pro kg zurück. Familie Mölders kauft jedoch nicht die komplette Milch in Form von Käse von der Molkerei zurück. Überproduzierte Milch vermarktet die Molkerei dann selbst weiter. Im Hofladen wird der Mozzarella für ca. 22,-€ pro kg verkauft. Die Preise beim Schnittkäse variieren. „Für die Mozzarellaproduktion braucht man gute Kenntnisse und viel Fingerfertigkeit“, weiß Silvia Mölders. „Das ist schon eine gewisse Kunst.“

So spielen viele Faktoren eine Rolle: die Außentemperatur zum Beispiel, aber auch die Luftfeuchtigkeit. „Am Anfang ist so manche Charge in den Müll gewandert, besonders bei den frischmelkenden Kühen“, erinnert sie sich. Die Milchinhaltsstoffe sind entscheidend für die Qualität des Mozzarellas. Das Protein Casein muss in ausreichender Menge in der Milch enthalten sein, da es für die feste Konsistenz im Käse sorgt. „Bei zu wenig Casein zerfällt der Käse“, sagt sie. Deshalb liegt es an Martin Mölders, mit der Fütterung schnell und gezielt zu reagieren. „Qualität und Geschmack müssen stimmen“, weiß er. Im Frühling etwa besitzt die Milch ein anderes Aroma als im Herbst, sagt der Landwirt. Noch heute gibt es regelmäßig Feedback von der Molkerei.

Auch Büffelfleisch punktet mit Aroma

Dem aromatischen Geschmack des Büffelmozzarellas steht auch das Büffelfleisch in nichts nach. Zum Beweis probieren wir Pfefferbeißer. Schon optisch fällt die dunkle Fleischfarbe auf. Geschmacklich ist das Fleisch sehr aromatisch, ähnlich wie Rindfleisch, mit einer leichten Wild-Note. Pro Monat werden zwei Büffel geschlachtet, das macht rund 300 kg Büffelfleisch. Die Schlachtung übernimmt ein 6 km entfernter Metzger, was die Transportwege kurz hält. „Die Büffel sind den Transport ohnehin gewohnt, um auf die nächste Wiese gebracht zu werden“, erzählt Martin Mölders. „Trotzdem tut‘s mir immer wieder weh, wenn ein Tier zum Schlachter geht”, sagt der Landwirt.

Das Fleisch wird ähnlich wie Rindfleisch geschnitten und verarbeitet. Der durchschnittliche Kilopreis liegt bei rund 30 €. Die Nachfrage variiert je nach Saison. „Der Dauerbrenner sind die Büffel-Burgerpatties“, meint er. Dennoch will die Familie möglichst alle Teilstücke eines Tieres vermarkten. „Wir kriegen viele Anfragen von Restaurants, die einen Rücken oder zwei Filets pro Woche abnehmen wollen, aber das ist nicht realistisch für uns“, sagt Silvia. Um neben Fleisch und Käse auch die übrigen Teile vom Tier zu verwerten, lassen sie die Haut beispielsweise zu Lederarmbändern verarbeiten.

Fest steht: Die Haltung von Wasserbüffeln ist eine Nische, die nicht jeder bedienen kann. Familie Mölders hat darin aber ihre persönliche Leidenschaft gefunden. Die Familie vertraut - genau wie in die Büffel - auch in eine gute Zukunft des Betriebes.

Wasserbüffelhaltung

Ihren Namen tragen die Wasserbüffel nicht ohne Grund. Man findet sie vorwiegend in Feuchtgebieten, Sumpfwäldern, Flusstälern sowie extensiven Grenzstandorten, auf denen eine herkömmliche Rinderhaltung nicht möglich wäre. Um im Boden Halt zu finden, besitzen sie weit auseinander gespreizte Hufe. Sie schützen sich vor zu hohen Umgebungstemperaturen, indem sie ausgiebig in Wasser baden. Denn sie besitzen ein Drittel weniger Schweißdrüsen als Rinder. Ansonsten sind die Tiere robust und wenig krankheitsanfällig. Familie Mölders hält deshalb die Winterzeit im Strohstall mit maximal vier Monaten so kurz wie möglich.

Büffel sind schwerer zu melken als übliche Hausrinderrassen. Sie werden diesbezüglich noch wenig züchterisch bearbeitet und ein stärkerer Zitzenschluss erschwert das Melken. Für das zweimalige maschinelle Melken je Tag sind die üblichen Melkmaschinen und Ausstattungen für Hausrinder verwendbar. Büffel sind mit durchschnittlich 7 Laktationsperioden deutlich langlebiger als Kühe. Belegt werden die weiblichen Tiere mit 20 Monaten, sodass sie nach ihrer 10-monatigen Trächtigkeit mit 30 Monaten das erste Mal gemolken werden.

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