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Ist Tönnies ein guter Sündenbock?

„Es ist zynisch, Tönnies zum Sündenbock für ein System zu machen, dass alle jahrelang gerne in Kauf genommen haben, um günstig an Fleisch zu kommen." Ein Beitrag von Jens Lönneker.

Lesezeit: 3 Minuten

„Bullerbü gefordert, aber im Discounter geordert“ – so kann man die Maxime der meisten Verbraucher bis heute beschreiben. Gut die Hälfte der Fleischkäufer im Lebensmittel-Discount sind gegen „Massentierhaltung“! Die psychologisch schwierigen Aspekte der auf günstige Preise getrimmten Fleischproduktion wie das industrialisierte Töten und Zerlegen werden von der Gesellschaft heute an Leute wie Tönnies delegiert. Sie können damit Geld verdienen, handeln sich dafür aber eine ähnliche gesellschaftliche Einordnung ein wie früher Henker, Abdecker oder Latrinenreiniger. Man nutzte sie, aber niemand mochte ihre Arbeit. Dafür konnte der Rest der Gesellschaft aber saubere Hände behalten.

92 % der Deutschen für schärfere Gesetze in Fleischindustrie

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Dieser psychologische Delegations-Mechanismus funktioniert aktuell nicht mehr gut. Durch die Corona-Ausbrüche hat die Arbeit in den Schlachthöfen plötzlich doch Konsequenzen für alle und konnte nicht mehr „im Dunklen“ gehalten werden. Kritisierte aber bislang gesellschaftlich geduldete Produktions- und Arbeitsbedingungen gelten nun als gefährlich. Konsequenz: Der Schlachter Tönnies wird gesellschaftlich geopfert und zum Sündenbock gemacht. So ist eben Psychologie. Und das mit dem Sündenbock funktioniert. Laut ZDF-Umfrage vom 26. Juni 2020 sind jetzt 92 % der Deutschen für schärfere Gesetze in der Fleischindustrie und immerhin 55% glauben, dass die meisten Menschen nun bereit sind, mehr Geld für Fleisch auszugeben. Soll man aber den Zynismus akzeptieren, dass ein Sünden-bock ausgeguckt wird und alle anderen sich „reinwaschen“ können – wenn sich damit auch die Rahmenbedingungen ver bessern?

Publikumswirksame Korrekturen, aber keine wirklichen Veränderungen

Nun trifft es mit Tönnies sicherlich kein Unschuldslamm. Für die gesellschaftliche Diskussion wäre etwas mehr Nachdenken und Scham über das generelle Konsum- und Kaufverhalten vermutlich besser. Nicht wegen der Moral, sondern weil dann in Zukunft ein bewussteres gesellschaftliches Diskutieren und Handeln darüber möglich wäre, wie Fleisch und Nahrungsmittel generell hergestellt und angeboten werden sollen. Das ist nach unseren Untersuchungen das, was sich viele in der Landwirtschaft wünschen, um die oben geschilderte Diskrepanz zwischen Verbrauchermeinung und Verbraucherverhalten anzugehen. Tönnies ist jedoch ein allzu guter Sündenbock. Er erspart weitergehendes Nachdenken und Handeln. Es wird vermutlich ein paar publikumswirksame Korrekturen geben aber keine wirkliche Veränderung im Verhalten – und im System.

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