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Monika Gruber: "Wer schützt die Landwirte vor den hysterischen Städtern?"

Einen sehr lesenswerten Gastkommentar hat die Schauspielerin Monika Gruber in der FAZ geschrieben. Sie berichtet von der Blase, in der die Städter stecken, die auf die Landwirtschaft schimpfen.

Lesezeit: 5 Minuten

Als eine Journalistin einer Tageszeitung mal in Berlin im Stau vor einer Bauerndemonstration stand und zu spät zu einer Hochzeitsfeier kam, schrieb sie bei Twitter: „Ich werde nie wieder etwas kaufen, was von einem Bauern produziert wurde!“

Fassungslos darüber zeigt sich die Kabarettistin und Schauspielerin Monika Gruber, die auf einem Hof im oberbayerischen Tittenkofen aufwuchs. Wie sie in einem Gastkommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt, hätte sie solche Worte nicht von einer ausgebildeten Journalistin erwartet. Ebenso erstaunt sei sie dann gewesen, dass es auf diesen Satz keinen Shitstorm gegeben hätte. Stattdessen war Lob und Verständnis zu lesen.

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Städter leben in ihren Blasen

Gruber erkennt darin auch eine signifikante Spaltung in Stadt- und Landbevölkerung. Gerade die Corona-Krise habe gezeigt, dass Großstädter und Menschen aus Ballungsräumen weniger gut mit einer Ausnahmesituation zurechtkommen und deutlich aggressiver reagieren als die Menschen auf dem Land, auf die all die Diskussionen um geschlossene Kitas und Notbetreuung in Schulen, um Homeoffice und Einlasssperren in Bau- und Supermärkten eher befremdlich wirken.

„Und während viele Großstädter – in ihren gesellschaftlichen Blasen lebend – eher dazu neigen, auf die Landbevölkerung herabzuschauen, erweist sich diese – weil sozialisiert in Vereinen und Gruppierungen und in einer gemischten Nachbarschaft lebend – als pragmatischer und nervlich belastbarer“, so die Kabarettistin weiter.

„Im Gegensatz zu den meisten Städtern wissen auch die Frauen auf dem Land mit unterschiedlichen Fleischsorten noch etwas anzufangen und deuten an der Wursttheke nicht hilflos auf ein Stück Gelbwurst mit der Frage, ob Kinder sowas essen“, berichtet sie über ihr Erlebnis aus einer Metzgerei in Kirchheim.

98 % der Deutschen wissen, wie Landwirtschaft funktioniert

Sie sei genervt von der andauernden Stigmatisierung von Landwirten „als pauschale Volldeppen, Landschaftsvernichter, Umweltvergifter, Subventionsbittsteller und Tierquäler“. Dies sei nicht nur äußerst dumm, sondern werde vor allem von Menschen unternommen, die keinerlei Berührungspunkte zur Landwirtschaft haben und in der Regel eine Egge nicht von einer Walze unterscheiden können. Ihr Bruder sage immer: „98 % der Deutschen wissen, wie Landwirtschaft funktioniert, aber nur 2 % führen sie aus!“

Nicht unter den Tisch kehren will Gruber aber, dass in der Vergangenheit sicherlich auch Fehler gemacht wurden und dass vieles auch noch besser werden könne. Aber sie kenne keinen Landwirt, dem das Wohl der Natur und das seiner Tiere nicht am Herzen lag. „Ich kenne auch keinen Landwirt, der gemäß der landläufig kolportierten Meinung tonnenweise Kunstdünger oder Pestizide auf seine Äcker schüttet, weil dies a) unfassbar teuer und b) komplett sinnbefreit wäre, denn der Grund dient meist bereits vielen Generationen als Arbeits- und Lebensgrundlage. Dieses wertvolle und unersetzliche Gut gilt es zu erhalten und nicht zu vernichten. Kein Bauer wäre so dumm, den Ast abzusägen, auf dem er sitzt. Angeblich haben ja die dümmsten Bauern immer die größten Kartoffeln. Aber auch große Kartoffeln wachsen nur auf gut gehegten und gepflegten Böden, die mit Bedacht bepflanzt, bearbeitet und gedüngt werden“, schreibt die Bayerin.

Lockdown bewies, wer die Umwelt verschmutzt

Durch das Herunterfahren der Wirtschaft und der Freizeitaktivitäten, die Reduzierung des Flugbetriebes, der Schifffahrt und des Autoverkehrs beim letzten Lockdown wurden Gewässer und Luft messbar sauberer. In genau dieser Zeit machten allerdings die Landwirte weiter wie bisher: Sie bestellten ihre Felder, düngten, spritzten gegen Unkraut und fuhren Gülle aus, argumentiert Gruber weiter.

Die Bauern mähten Gras, fuhren Silage und Heu ein, ernteten Feldfrüchte und versorgten ihre Tiere – und trotzdem erholte sich die Natur merklich. „Sollten etwa nicht die vielgescholtenen Landwirte, sondern doch Industrie, Wirtschaft und private Endverbraucher die größeren Umweltverschmutzer sein?“, fragt sie.

Daher habe sie sich sehr über die Aussage von Renate Künast (Grüne) im Bundestag geärgert, dass die Art der Agrarproduktion Auslöser der Corona-Pandemie gewesen sei. Sie kritisiert in diesem Zusammenhang das andauernde Niedermachen der eigenen Landwirtschaft bei gleichzeitigem Öffnen des Marktes für Fleisch von argentinischen Rindern, „die zwar im Freien gehalten, aber dort mit Lastwagenladungen voll Kraftfutter und Antibiotika vollgestopft werden“. Das sei für jeden deutschen Landwirt nur schwer erträglich. „Zumal es wohl in Deutschland – außer der Gastronomie – keine Branche gibt, in der die Beschäftigten Wochenstunden im dreistelligen Bereich leisten, nur um am Ende des Lebens eine Rente zu bekommen, mit der man hierzulande de facto unterhalb der Armutsgrenze landet.“

Landwirte werden ausgepresst

Im weiteren Verlauf des Gastkommentars geht sie auf die Schlachtbranche, den Biomarkt, die Agrarsubventionen und die Dumpingpreise für Grundnahrungsmittel ein, die politisch gewollt seien. Dabei zieht sie Vergleiche zu den Einkommen der Bauern sowie den Marktpreisen vor 60 Jahren. „Die Bauern werden von Politik und Discounterketten ausgepresst und vernichtet, so dass wir uns irgendwann mit Nahrungsmitteln zufriedengeben werden müssen, die in Fabriken von Konzernen wie Aldi oder Lidl oder gar Amazon oder Google produziert werden. Es sei denn, Sie kennen noch jemanden, der eine kleine Landwirtschaft, einen Acker oder einen Garten nur zum Eigenverzehr betreibt. Dann werden Sie in der glücklichen Lage sein, Lebensmittel, also Mittel zum Leben und nicht nur Nahrung, kaufen zu können.“

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