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Agrarfachmann erklärt

Ostafrika erlebt schlimmste Dürre seit 40 Jahren

Agrarökonom Timothy Njagi berichtet von der Dürre in Ostafrika und wie die EU mit hohen Ansprüchen (Farm to Fork) afrikanische Bauern vom Markt aussperrt, den Export verbotener PSM aber ignoriert.

Lesezeit: 5 Minuten

In Kenia, Äthiopien und Somalia herrscht die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Laut den Vereinten Nationen (UN) haben am Horn von Afrika etwa 17 Mio. Menschen zu wenig zu essen. Die Zahl könnte bis September 2022 auf 20 Mio. steigen, berichtet Spektrum der Wissenschaft zusammen mit Riffreporter.

So berichtet der Agrarökonom Timothy Njagi vom Tegemeo Institute of Agricultural Policy and Development in Nairobi, dass die betroffenen Regionen selbst in den besten Jahren schon nicht genug Nahrungsmittel produzieren, um die Bevölkerung aus der eigenen Produktion ernähren zu können. Gerade jetzt zur Trockenheit seien die Menschen daher besonders auf Importe angewiesen.

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Durch die Coronakrise seien die Lieferketten zum Teil unterbrochen gewesen – nun komme der Ukrainekrieg dazu. Weil die Länder immer Nahrungsmittel importieren müssen, sei Handelspolitik sehr wichtig. Und da gebe es auch in normalen Zeiten politische Hindernisse, sagt er.

Somalia: Immer mehr Kinder sind schwer mangelernährt

In Somalia können die Krankenhäuser die stetig wachsende Zahl schwer mangelernährter Kinder kaum noch versorgen, berichtet die Kinderrechtsorganisation Save the Children. Die Situation eskaliere deutlich schneller als erwartet. Offiziellen Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der Hungernden bis zum Ende des Sommers verfünffacht haben - von 38.000 im Mai auf 213.000 im September 2022. Rund 386.000 Kinder seien dem Risiko schwerer Mangelernährung ausgesetzt.

EU-Programme helfen nur kleinen Gruppen

Auf die Hilfen der EU angesprochen berichtet Njagi, dass sich die von Europa geförderten landwirtschaftlichen Programme hauptsächlich auf Technologien konzentrieren. In manchen Regionen hätten diese recht gut funktioniert, anderswo überhaupt nicht.

Die EU hat laut dem Fachmann zum Beispiel die Milchwirtschaft und die Intensivierung der Milchviehhaltung gefördert. Aber das nutze nur einer kleinen Gruppe von Erzeugern in Kenia. Einige von ihnen konnten ihre Produktivität dank dieser Programme deutlich erhöhen, doch der Großteil der Viehhaltung finde in Kenia unter anderen Bedingungen statt. Nämlich in halbtrockenen Regionen, dort sei wegen der klimatischen Bedingungen nur extensive Viehhaltung möglich.

Erfolgreich seien dagegen Projekte beim Gemüsebau und beim Aufbau von Wertschöpfungsketten, also der Verarbeitung von Lebensmitteln, gewesen.

Zu hohe Ansprüche der EU

Unfair sei dagegen nach wie vor die Handelspolitik der EU. Ein Problem ist laut Njagi, dass die EU einige Anforderungen an landwirtschaftliche Produkte stellt, die weit über dem liegen, was alle anderen Märkte fordern. Die Farm to Fork-Strategie etwa setze auf Ökologisierung der Landwirtschaft, aber das sei nicht übertragbar auf Afrika und würde Produkte derart verteuern, dass sie nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

„Wir nehmen an, dass der ökologische Markt viele unserer Landwirte völlig überfordern würde, denn es wäre irrational zu erwarten, dass ein Landwirt, der mit der konventionellen Methode nicht wettbewerbsfähig ist, im ökologischen Landbau wettbewerbsfähig sein könnte. Der ökologische Landbau ist technisch anspruchsvoller als die konventionelle Erzeugung“, so der Wissenschaftler.

Reizthema Pflanzenschutzmittel

Als weiteres Problem spricht Njagi den europäischen Export von Pflanzenschutzmitteln an. So würde es Sinn machen, dass Europa den Verkauf in Afrika einstellt und dann erst fordert, dass die Länder biologisch anbauen. Pestizide zu verkaufen, die Europa selbst nicht akzeptiert, sei ein Widerspruch, auf den man hinweisen muss, sagt er.

Thema für viele afrikanische Staaten ist auch der Ukrainekrieg. So ist Russland als Exporteur von Weizen für viele Länder von großer Bedeutung. Hier müsse man darüber nachdenken, wie sich diese übermäßige Abhängigkeit von einem Land beenden lässt.

Gegenwärtig sei es in der Tat so, dass die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent das Gefühl haben, sie müssten sich zwischen dem Westen und Russland mit China entscheiden. Und vielleicht entscheiden sie sich lieber für Russland, als ihre eigene Produktion weiterzuentwickeln.

Schulze warnt vor größter Hungerkatastrophe seit 1945

Die deutsche Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze befürchtet unterdessen die größte Hungerkatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg, wenn nicht gegengesteuert werde. Die Abhängigkeit von Russlands Getreide müsse reduziert werden, erklärte die SPD-Politikerin. Dazu müssten die von Hunger betroffenen Länder insgesamt krisenfester gemacht werden und selbst wieder mehr Getreide anbauen.

Bereits zu Wochenbeginn hatte Schulze dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) Deutschlands Unterstützung bei der Bewältigung der akuten Hungerkrise zugesagt. Zugleich mahnte das WFP angesichts der drohenden globalen Ernährungskrise größere Anstrengungen an, um die globalen Ernährungssysteme krisenfester und zukunftssicher zu machen. Schulze gab in Rom bekannt, dass ihr Ressort in diesem Jahr den Kernbeitrag für das WFP von 28 Mio. € auf 70 Mio. € erhöhen werde.

Auch der Direktor des WFP Global Office, Dr. Martin Frick, mahnte, die Abhängigkeiten von günstigen Importen aufzubrechen, die vielen Ländern gerade zum Verhängnis würden. Ziel müsse eine kleinbäuerliche regionale Landwirtschaft sein, die die Ernährung ganzer Regionen sichern könne, so dass die nächste Dürre oder Flut nicht alles wieder zunichtemache.

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