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Umweltinnovationen

Prof. Rockström und die Rosa Kuh

Klimaforscher Johan Rockström referierte bei einer Konferenz über die Notwendigkeit einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Mit gutem Beispiel voran, ging die „Rosa Kuh“: eine CO2-neutrale Hofmolkerei.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Landwirtschaft muss ökologisch nachhaltiger werden. Es braucht neue Denkweisen und kreislauforientierte Ziele, um ein zukunftsfähiges Agrarsystem zu entwickeln. Unter dieser Prämisse wurden am Mittwoch die Perspektiven der Landwirtschaft in der Videokonferenz „Umweltinnovation als Wachstumsstrategie“ diskutiert. Referenten aus Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis stellten innovative Lösungen vor, legten aber auch Herausforderungen und Grenzen offen. top agrar-Chefredakteur Matthias Schulze Steinmann leitete die rund 180 Zuhörer durch die Veranstaltung, die vom Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen der Uni Vechta durchgeführt wurde.

Ökologische Belastungsgrenzen erreicht

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Klare Signale sendete Prof. Johan Rockström, Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung. Er gilt als einer der renommiertesten Klimaforscher der Welt.

Fast die Hälfte der derzeitigen Nahrungsmittelproduktion ist schädlich für den Planeten." - Johan Rockström

Die Lebensmittelerzeugung führe zum Verlust biologischer Vielfalt, setze den Ökosystemen zu und verschärfe die Wasserknappheit. Die Intaktheit der Biosphäre sei bereits stark gefährdet, so Rockström, vor allem durch das fortschreitende Artensterben. Auch die Nährstoffkreisläufe aus Stickstoff und Phosphor hätten ihre Belastungsgrenzen weit überschritten. Klimawandel und der Wandel der Landnutzung sind nur noch schwer zu kontrollieren, so der Forscher.

Trotz teils eindringlicher Aussagen, kam Rockström dennoch zu dem ermutigenden Ergebnis: Theoretisch könnten 10 Milliarden Menschen ernährt werden, ohne das Erdsystem zu gefährden. Dazu bedarf es etwa der Umsetzung ressourcenschonender landwirtschaftlicher Methoden, der Reduktion von Lebensmittelverlusten und schließlich auch Änderungen im Speiseplan eines jeden einzelnen.

Weniger Fleisch produzieren und konsumieren

Rockström zufolge ernährt das derzeitige System die Welt nicht effizient. Es fördere vielmehr Ungleichheiten: „Millionen Menschen hungern, gleichzeitig sind Milliarden Menschen übergewichtig.“

Besonders an der Fleischproduktion übte der Schwede Kritik. Das Wachstum der Nutztierhaltung sprenge die natürlichen Kreisläufe. Die ständige Verfügbarkeit von billigem Fleisch habe den Konsum massiv befördert. Um diese Fehlentwicklung zu stoppen, sieht der Forscher vor allem einen Weg: weniger Fleisch auf dem Teller für die einen, kleinere Bestände im Stall für die anderen.

Mit einem geänderten Speieseplan sei es nach Aussage Rockströms möglich, die Klimakatastrophe zu bekämpfen und gleichzeitig gesünder zu leben. Das könnte so aussehen: Viel Gemüse und Nüsse, einmal pro Woche rotes Fleisch, zweimal Fisch, zweimal Hähnchen, alles aus biologischem Anbau.

Viel Gemüse und Nüsse, einmal pro Woche rotes Fleisch, zweimal Fisch, zweimal Hähnchen, alles aus biologischem Anbau." - Johan Rockström

Ziel könnte sein, ungefähr 50 % der weltweiten Lebensmittel pflanzlich zu erzeugen. Das würde bedeuten, dass z.B. die Gemüseerzeugung um 75 % und die Fischproduktion um 50 % ansteigen müssten. Gleichzeitig würde die Fleischproduktion stark zurückgehen. Das sei eine Herausforderung, laut Rockström aber machbar. Nach aktuellem Forschungsstand könnten so rund 3,4 Mrd. Menschen ernährt werden. Mit zusätzlichen Innovationen könnte das aber in Zukunft für bis zu 10 Mrd. Menschen funktionieren.

Umweltfreundliche Lebensmittel entlohnen

Rockström sprach sich ebenfalls dafür aus, dass nachhaltige Lebensmittel billiger und konventionelle teurer werden müssen. Eine Besteuerung von Lebensmitteln, die nicht nachhaltig produziert wurden, sei denkbar. Viele Menschen seien auch bereit, für ökologisch produzierte Lebensmittel mehr auszugeben. Die Folge: konventionelle Lebensmittel wären sofort teurer als ökologische. „Nachhaltige Lebensmittel verlangen eine angemessene Bezahlung, die aber von allen bezahlbar sein muss.“ Daher sei laut Rockström ein monatlicher Zuschuss für Lebensmittel, abhängig vom Einkommen, denkbar.

Klimafreundlicher Ackerbau

Nach dem Vortrag des schwedischen Professors folgten Praxisbeispiele von Beratern und Betrieben, die nachhaltiger wirtschaften. Auf die möglichen Stellschrauben ging der Unternehmensberater Dr. Thomas Böcker von der Landwirtschaftskammer NRW ein. Die Anbauentscheidung der Betriebe beeinflusst den nationalen CO2-Fußabdruck enorm, sagte er. „Ziel muss sein, die Erträge durch züchterische Fortschritte und effiziente Bewässerung auf einem hohem Niveau zu halten.“ Böcker empfahl, die N-Effizienz weiter zu erhöhen: bedarfsgerechter Einsatz von Düngemitteln, Einsaat von Zwischenfrüchten, ggf. Urease-/ Nitrifikationsinhibitoren seien mögliche Maßnahmen.

Auch der Anbau von Leguminosen sei förderlich für den Klimaschutz und sorge für eine positive Humusbilanz, da CO2 im Boden gespeichert werde. Um möglichst wenig organische Substanz abzubauen, empfiehlt es sich, die Bodenbearbeitung zu reduzieren. Doch auch kleinere Maßnahmen wie der Umstieg auf Biodiesel oder ein schnelleres Einarbeiten können einen Beitrag für die Umwelt leisten, so Böcker.

Nachhaltiges Hofkonzept

„CO2-neutral bis zum Endkunden“, so lautet die Devise von Landwirt Michael Bauer. Er gab Einblicke in seinen innovativen Milchviehbetrieb mit Kompostierungsstall für 60 Milchkühe, einer Hofmolkerei, einer 800kW Biogasanlage mit Wärmeerzeugung sowie einer Photovoltaikanlage.

Michael Bauer nutzt die selbsterzeugte Wärme direkt im betrieblichen Kreislauf: als Prozesswärme in der Molkerei, als Eigenenergie der Biogasanlage, zur Warmwasserbereitung im Stall oder zur Heizung im Haus. Nach eigenen Rechnungen stößt der Betrieb pro Jahr 655 Tonnen CO2 durch die Molkerei aus, spart im Gegenzug aber 2.494 Tonnen CO2 durch Biogas und Photovoltaik ein, so Bauer.

Auch beim Vergären setzt Bauer auf Alternativen: „Wir brauchen rund 1000 Tonnen Mais pro Jahr weniger für die Biogasanlage. Stattdessen verwenden wir immer mehr Alternativen wie Mist und erhalten damit auch die Vielfalt auf unseren Äckern.“ Die Wärme aus dem Blockheizkraftwerk fließt außerdem in die Hennen- und Hähnchenstallungen.

Die hofeigene Molkerei „Rosa Kuh“ ermöglicht es dem Betrieb, seine Erzeugnisse direkt an den Lebensmitteleinzelhandel abzusetzen. Erste Schritte zur Etablierung der „Rosa Kuh“ sind bereits getan, so Michael Bauer. Derzeit vermarktet der Hof etwa 40 % der Milch direkt. Die hohe Investition in eine eigene Molkerei und einen neuen Stall seien für den Landwirt der erste Schritt in eine unabhängigere und nachhaltige Zukunft.

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