In einem emotionalen Brief wendet sich Landwirtin Annett Scheide von der Agrarproduktion Großromstedt GmbH & Co.KG an die Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund.
Ihr werde als Thüringer Landwirtin Angst und Bange um unsere Landwirtschaft, wenn sie die selektive Sicht der Grünen-Politikerin auf die landwirtschaftliche Wirklichkeit beobachte.
„Am 27. Juni durfte ich einer Veranstaltung im Rahmen von Streuobstwiesen beiwohnen. (…) Das einzige, was ich an diesem Tage mitgenommen habe, ist, wie Sie tiefe Gräben zwischen den ökologisch wirtschaftenden Landwirte und den konventionell wirtschaftenden ziehen“, schreibt Scheide.
Hallo aus der Krone eines Kirschbaums - zur Vorstellung unseres neuen Leitfadens zur Pflege von #Streuobstwiese/n habe ich mich mit angehenden Baumwarten aus der ganzen Republik in #Kleinromstedt getroffen. Danke an @GrueneLiga #AbL und die Biolandwirte @bioland_de aus d Region. pic.twitter.com/NYNsQHop5Y
— Anja Siegesmund (@AnjaSiegesmund) June 27, 2020
Für Thüringen sei ihr Betrieb mit ca. 1.200 ha Ackerfläche relativ klein. „Wir wirtschaften konventionell, nutzen aber auch den Pflug, Striegel, Hacke und Man-/Womanpower im Schweiße unseres Angesichts. Von dem Erlös unserer Arbeit leben 11 Familien. Unsere Fruchtfolge gestaltet sich relativ vielseitig: Weizen, Sommer- und Wintergerste, Durum, Dinkel, Raps, Zuckerrüben, Mais, Hopfen als Dauerkultur und nicht zu vergessen Hecken, Blühflächen und Zwischenfrüchte. Diese nehmen 14 % (!) unserer Fläche ein“, erklärt die Geschäftsführerin.
Und weiter schreibt sie: „Mit dieser Fläche erwirtschaften wir keinen Cent, kommen für die Saatkosten auf und zahlen unseren Verpächtern hierfür nicht unerheblich Pacht. Das ist unser Beitrag, die Natur und hier v.a. die Insekten und Wildtiere zu unterstützen. Aber das ist Ihnen nicht gut genug oder sie haben einfach nicht hingesehen – wie so oft. Ihnen war es wichtig, den anwesenden 10 Gästen der AbL und Grünen Liga zu erklären, welch schöne Oasen die Streuobstwiesen inmitten von Agrarwüsten sind und zeigten demonstrativ auf einen unserer Schläge“, ärgert sich Scheide.
Sie informiert Siegesmund, dass dieser Schlag nicht ganz 100 ha groß sei, zu 1/3 mit Weizen, 1/3 mit Zuckerrüben und Mais bebaut sei. Der Schlag sei umsäumt von Hecken (die leider nur im Frühjahr blühen, aber Vögeln und Niederwild Unterschlupf bietet – das sieht man aber nicht, die Hecken schon) und an den Längsseiten seien Blühstreifen angelegt. „Es ist herrlich, wie es hier kreucht und fleucht. Also „unsere Agrarwüste“ lebt – und wie!“, so Scheide.
„Diese grundsätzliche Diskrepanz unserer beiden Wahrnehmungen kann ich einfach nicht glauben. Das macht mir persönlich sehr zu schaffen, denn objektiv sind die o.g. Tatsachen vorhanden. Ich kann doch von einer Thüringer Ministerin erwarten, dass sie mit offenen Augen durch die Flur fährt und versucht, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist. Ich habe das Gefühl, dass es Ihnen nur auf eines ankommt: Grüner Populismus und das Auseinanderdividieren der Thüringer Bauernschaft – vielleicht auch der Gesellschaft. In anderen Teilen dieser Welt haben solch Populismus und die Spaltung der eigenen Bevölkerung den dafür Verantwortlichen zu vielen Siegen verholfen. Das wird eigentlich in unserer deutschen Gesellschaft zutiefst abgelehnt. Umso trauriger ist es, dass Sie als Thüringer Umweltministerin sich derartiger Mittel bedienen müssen. Es geht nur um „wir“ und „die“!“, schreibt die Landwirtin weiter.
Sie habe nach eigener Aussage darüber nachgedacht, einen Teil der Flächen ökologisch zu bewirtschaften. Sie wisse aber nicht, wie das gehen soll. Jede Bewirtschaftungsart müsse doch ihre Berechtigung haben, denn allein mit ökologischer Landwirtschaft könne man nicht einmal die deutsche Bevölkerung ernähren, schrieb sie.
Thüringen: Umweltministerin @AnjaSiegesmund stellt Pflegekonzept für alte Obstbäume vor. Es gibt es rund 10.000 Hektar Streuobstwiesen. Doch deren Bestand ist bedroht, weil sich entweder niemand darum kümmert oder die Bäume oft falsch gepflegt werden https://t.co/i51IsLNlvA
— Grüne Liga (@GrueneLiga) June 29, 2020