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Streit ums Fleisch

Wer bestimmt, was ich esse? Und sollte unsere Essenswahl überhaupt beeinflusst werden? Diese Fragen wurden an der Uni Göttingen diskutiert.

Lesezeit: 4 Minuten

Krieg um das Fleisch – Wer bestimmt, was ich esse?“ Über dieses Thema der „AgrarDebatten“ an der Universität Göttingen diskutierten vier bekannte Agrarwissenschaftler am Dienstag dieser Woche. Das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben fasst die wichtigsten Aussagen zusammen.

Achim Spiller, Professor für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte an der Universität Göttingen, nannte die starken Zielkonflikte zu Umweltthemen und Tierschutz. Fleisch sei ein starker Treiber für Klimagase. Eine weitere Intensivierung der Tierhaltung sei nicht gesellschaftstauglich. Spiller begrüßte eine staatliche Regulierungspolitik. Die könnte auf der Angebots-, aber sinnvoller auf der Nachfrageseite ansetzen. Fleisch könnte durch Steuern verteuert werden. Außerdem könnten Verbraucher unbewusst zu ihrer Essenswahl „gestupst“ werden (Nudging). „Fraglich ist allerdings, ob die Politik wirklich zu solchen Instrumenten greifen sollte“, so Spiller. Eine Fleischsteuer bleibt umstritten. Trotzdem sprach sich der Fachmann für das Lenken des Fleischkonsums aus.

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„Die ethischen Fragen, die mit CO2 und Umweltproblemen im Zusammenhang stehen, sind kompliziert“, leitete Prof. Dr. Michael Schmitz vom Institut für Agribusiness an der Universität Gießen ein. „Die Frage, wofür genau wir denn den Fleischkonsum reduzieren wollen, muss präzisiert werden. Geht es dabei um gesundheitliche Probleme oder geht es nur um die CO2-Emissionen?“

Der Professor erinnerte daran, dass das Pariser Klima-Abkommen nur bei der Produktion von Fleisch die Reduktion von CO2 anrechnet, nicht die Reduktion des Konsums. „Agrarier stehen in Deutschland unter einem starken internationalen und europäischen Wettbewerb“, erklärte der Fachmann. Die gesellschaftliche Diskussion im Bezug auf Fleischprodukte, Gesundheitsvorteile, Klima-, Ressourcen- und Umweltschutz werde in Deutschland intensiver geführt als in anderen Ländern. „Sogar die Futterfrage, der Import von Soja wird infrage gestellt“, sagte Schmitz. Bei so komplexen Themen sollten seiner Meinung nach die drei Säulen des Nachhaltigkeitskonzeptes betrachtet werden: Die soziale Akzeptanz bei den Bürgern, die Umwelteffekte und die volkswirtschaftlichen Verluste der betroffenen Landwirte.

Die Reduktion des Fleischkonsums und das Importverbot von Soja führen laut einer Studie von Schmitz zu Milliardenverlusten, wenn Deutschland im Alleingang handelt. Das wäre ein hoher volkswirtschaftlicher Schaden. Seiner Meinung nach sind die Umweltvorteile, die durch eine Reduktion des Fleischkonsums gewonnen würden, sehr gering im Vergleich zu den hohen Verlusten für die Volkswirtschaft und vor allem die Erzeuger. „Es hilft wenig, wenn unsere Produktion zurückgefahren, aber auf andere außereuropäische Standorte verlagert wird“, so Schmitz. „Wir könnten das völlig verrückte Ergebnis von global höheren CO2-Emissionen erhalten.“ Deutschland muss global denken und das Netto-Ergebnis nicht aus den Augen verlieren. Der Professor führte aus, dass, wenn wir in Deutschland auf Fleisch verzichten, die Weltmarktpreise fallen. „Davon profitieren die Städter, aber was ist mit den Kleinbauern auf dem Land?“

Entscheidungsfreiheit

Von politisch gegründeten Steuern auf Fleisch hält der Professor wenig, da die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten stark beeinflusst werde. Schmitz erklärte: „Durch langjährige Erfahrung zweifle ich an der Weisheit der Politik, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Personen mit niedrigem Einkommen könnten sich höher besteuertes Fleisch möglicherweise nicht mehr leisten. Aber Leute, die gerne Fleisch essen, kaufen es auch bei höheren Preisen. Eine Fleischsteuer wäre laut Schmitz, als würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. „Wir sollten aufpassen, dass wir nicht mit deutscher Gründlichkeit die Nutztierproduktion aus Deutschland vertreiben. Jeder Alleingang stärkt nur die Wettbewerber außerhalb.“

Bernhard Brümmer, Professor für Landwirtschaftliche Marktlehre an der Universität Göttingen, ist wie Schmitz gegen staatliche Eingriffe. Verbraucher sollten in einer Demokratie die Freiheit haben, ihren Konsum selbst zu gestalten. „Staatliche Eingriffe können sinnvoll sein, aber dann in einer üblichen marktkonformen Weise, ohne Verzicht und Verbote. Die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft muss erhalten bleiben.“ Bei Fleisch scheint aus Brümmers Sicht eine gesellschaftliche Akzeptanz von Verboten vorhanden zu sein.

Tierhaltung nicht verdrängen

In der Produktion von Fleisch müsse zwischen globalen und lokalen Umweltgütern unterschieden werden. Eine Konsumsteuer in einem einzelnen Land ist seiner Meinung nach der falsche Weg und führt zu erheblichen Verlusten. „Wir sollten uns überlegen, ob wir Tierwohl lokal oder global definieren. Die deutsche Mentalität zeugt von Tierwohl auf nationaler Ebene.“ Dazu nannte er das Beispiel der Käfighaltung bei Legehennen. Dadurch wurde das Nettotierwohl aber nicht erhöht.

„Gerade international schütteln viele Experten über das deutsche Tierwohl den Kopf“, so Brümmer. Nationale Maßnahmen führten zur Verlagerung von Standorten. Der Fleischkonsum wachse international stark, besonders in China und Afrika. „Europa kann internationale Märkte nur mit globalen Maßnahmen beeinflussen.“ Alina Schmidtmann

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