Die Debatten um mehr Tierschutz in der Landwirtschaft sind bei den Fleischexporteuren Deutschland und Brasilien recht unterschiedlich ausgerichtet. Das zeigte sich kürzlich bei einem Symposium der Deutsch-Brasilianischen Industrie-und Handelskammer (AHK) und der Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover.
So berichteten brasilianische Referenten von Bemühungen, die Akzeptanz für den Tierschutz in der Landwirtschaft des südamerikanischen Landes zu erhöhen. Referenten aus Deutschland gingen auf jüngste Beschlüsse zum Tierschutz etwa in der Sauenhaltung sowie auf Probleme bei der Umsetzung ein.
Deutschlands Botschafter in Brasília, Heiko Thoms, betonte in diesem Zusammenhang die wachsende Bedeutung von Tierschutz für die Gesellschaft und den Markt. „Wir wollen in Deutschland eine Spitzenposition im Tierschutz wahrnehmen“, versicherte der Diplomat.
Dr. Katharina Kluge vom Bundeslandwirtschaftsministerium erläuterte anhand des Verbots der betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel und der Beschlüsse zur Kastenstandhaltung von Sauen die Fortschritte Deutschlands im Tierschutz. Zu regeln sei nun die Finanzierung. Um die Kaufbereitschaft auch bei einem höheren Preis zu fördern, müsse der Verbraucher transparent informiert werden, etwa durch das geplante Tierwohllabel.
Existenz der Betriebe bedroht
Vertreter des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) unterstrichen die Wichtigkeit des Tierschutzes und die Bereitschaft der Landwirte zur Umsetzung. Diese sei aber kostenintensiv, stellte BVSH-Präsident Werner Schwarz klar.
Als Finanzierungsansätze nannte Schwarz die Initiative Tierwohl (ITW) der Wirtschaft und die Arbeiten der Borchert-Kommission. Neben Geld brauche die Umsetzung von mehr Tierwohl aber auch Zeit. Denn es dauere, bis von der Wissenschaft neue Tierschutzmaßnahmen entwickelt und in die Praxis gebracht werden könnten.
Verbandsvizepräsident Dietrich Pritschau verwies auf die rechtlichen Hindernisse bei der Umsetzung neuer Tierschutzvorgaben, etwa im Bau- und Immissionsrecht. Auch sie führten dazu, dass die neuen Tier- und Umweltschutzvorgaben in Deutschland die „Existenz der Betriebe“ bedrohten. Speziell mit Blick auf die Sauenhaltung stellte Pritschau fest, dass die Branche in Deutschland gegenwärtig ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verliere.
Widerstand in Brasilien
Aus Brasilien berichtete Prof. Mateus Paranhos von der Staatlichen Universität São Paulo (UNESP), dass der Tierschutz auch dort inzwischen an Bedeutung gewinne. Es sei eine ethische Frage, die Bedürfnisse der Tiere zu respektieren. Außerdem verbesserten Tierschutzmaßnahmen den Produktionserfolg.
Schließlich verlangten die Märkte sowohl im In- als auch Ausland Tierschutz in der Landwirtschaft. Allerdings gebe es noch einigen Widerstand dagegen. Künftig müsse man mit Best-Practice-Beispielen die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen verdeutlichen.
Vehement forderte der Hochschulprofessor die Abschaffung der Brandkennzeichnung von Rindern in Brasilien. Darin erhielt er Unterstützung von Landwirtin Carmen Perez. Sie kennzeichne ihre Rinder nun mit Marken. Dadurch könne sie die äußerst schmerzhafte Prozedur der Brandkennzeichnung verhindern. Darüber hinaus versuche sie, durch Aufklärungsmaßnahmen auch andere Landwirte zum Umdenken zu bewegen. Damit stoße sie bislang aber häufig an ihre Grenzen.