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Feinstaub

Unstatistik des Monats: „Todesfalle Landwirtschaft“

Schweine sind nach Deutung der Tagesschau und des Magazins Monitor gefährlicher als Dieselautos. Die Meldungen zur Feinstaubbelastung aus der Landwirtschaft von Mitte Januar haben nach Ansicht des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung den Titel "Unstatistik des Monats" verdient. Eine Beispielrechnung entlarvt die Falschdeutung der Medien.

Lesezeit: 4 Minuten

Berichte in den öffentlich-rechtlichen Medien über vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub aus der Landwirtschaft sind laut dem RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (vormals Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung) die "Unstatistik des Monats". Es werde suggeriert, dass Schweine gefährlicher sind als Diesel-Autos und den größten Teil der jährlich knapp 120.000 vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaub verursachen – doppelt so viele wie bisher angenommen. Für die "Tagesschau" sei damit klar, dass Feinstaub ebenso gefährlich ist wie Rauchen.

Rund 50.000 Menschen sterben vorzeitig Jahr für Jahr in Deutschland an den Emissionen der Landwirtschaft (insbesondere der Massentierhaltung) errechnete das Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Das seien 45 Prozent und damit der größte Teil der jährlich knapp 120.000 vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaub – doppelt so viele wie bisher angenommen, fasst das RWI die Kernaussagen aus dem Januar 2019 zusammen.



Doch das Konzept der „Anzahl vorzeitiger Todesfälle“ sei ein Musterbeispiel einer Unstatistik. Dazu schreibt das RWI: "Zunächst stirbt in Deutschland kein einziger Mensch an Feinstaub, sondern an Erkrankungen, die durch Feinstaub (mit) verursacht sein können, es aber nicht sein müssen. Das Max-Planck-Institut untersucht auch gar nicht, ob Feinstaub die Gesundheit von Menschen beeinflusst, sondern setzt voraus, dass dies der Fall ist und darüber hinaus sogar quantifiziert werden kann. Dabei handelt es sich aber nicht um gemessene Fakten, sondern um Modellergebnisse, die auf Annahmen beruhen und eine hohe Unsicherheit von mindestens +/- 50 Prozent aufweisen."



Der Grund sei, dass man nicht weiß, wie viele Menschen vorzeitig verstorben sind, sondern nur, um wieviel kürzer sie im Schnitt gelebt haben. Man könne lediglich versuchen, die Anzahl der vorzeitig Verstorbenen herzuleiten, heißt es aus Essen. Hierzu suche man eine Formel, die ein plausibles Ergebnis für den beobachteten Unterschied der Lebensdauer liefert.

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Wie kommen Unterschiede in der Lebensdauer zustande?

Diese Formel ist laut RWI die „Attributable Fraktion“. Sie werde oft verwendet, sehe kompliziert aus und könne in manchen Situationen auch zu den Daten passen. "Nur – niemand weiß, ob sie tatsächlich stimmt. Die Datenbasis solcher epidemiologischen Studien sind zusammenfassende Statistiken über Gruppen von Menschen, die zeigen, dass (manche, nicht alle) Gruppen mit hoher Feinstaub-Exposition im Durchschnitt kürzer gelebt haben als (manche, nicht alle) Gruppen mit niedriger Exposition. Selbst wenn diese Gruppen in allen anderen Merkmalen identisch wären, so wie Zwillinge, gibt es immer noch verschiedene Möglichkeiten, wie der Unterschied zustande kommen kann", erklärt das Leibniz-Institut weiter.



Stirbt jeder Mensch in der belasteten Gruppe um ein Jahr früher, so lebt die belastete Gruppe auch im Durchschnitt ein Jahr kürzer. "Nehmen wir beispielsweise drei Zwillingspärchen: Zwillingspaar eins stirbt mit 79 bzw. 78 Jahren, Paar zwei mit 80 bzw. 79 Jahren und Paar drei mit 81 bzw. 80 Jahren. Drei Personen leben kürzer und im Durchschnitt lebt die belastete Gruppe ein Jahr kürzer. Nehmen wir nun alternativ an, dass die belasteten und unbelasteten Zwillinge der Paare eins und zwei exakt gleichlang leben. Nur Paar drei unterscheidet sich: Einer stirbt mit 81 Jahren, der andere mit 78. Dann gibt es nicht drei vorzeitige Todesfälle, sondern nur einen, aber im Durchschnitt lebt die belastete Gruppe ebenfalls ein Jahr kürzer. Bei Tausenden oder gar Millionen von Menschen steigt die Zahl möglicher Kombinationen massiv an."



Deshalb sei zwar eine Aussage über die durchschnittliche Zahl verlorener Lebensjahre pro Person vernünftig, aber eine Aussage über die Zahl vorzeitiger Todesfälle durch Feinstaub sei es nicht. Denn letztere könne viel kleiner sein oder auch viel größer, als diese "Unstatistik" glauben macht. "Wer wie die Tagesschau suggeriert, das Max-Planck-Institut hätte nun durch präzise Berechnungen widerlegt, was man zuvor nur angenommen hat, der handelt mindestens grob fahrlässig."

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