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15.000 Kühe: Ackern in der Sonora-Wüste im Süden der USA

In der Sonora-Wüste im Süden der USA produziert die Familie Van Hofwegen Futter für 15.000 Kühe. Das notwendige Wasser gelangt über ein ausgeklügeltes Kanalsystem auf die Flächen.

Lesezeit: 8 Minuten

Immer wieder hatte ich das Bild einer Oase im Kopf, als mir Kyle Van Hofwegen von seinem Pick-up aus die Felder seiner Familie in der Wüste Arizonas, USA, zeigte. Sattes Grün neben tristem Braun – ein grüner, üppiger Luzernebestand auf der einen Seite der Schotterpiste, eine karge Wüstenlandschaft mit kleinen Sträuchern und Kakteen auf der anderen.

Der 33-jährige Amerikaner bewirtschaftet bei Gila Bend – unweit der Grenze zu Mexiko – zusammen mit seinen drei älteren Brüdern und seinen Eltern den Milchviehbetrieb Paloma Dairy und die Sunset Farm, ein rund 2.500 ha großer Ackerbaubetrieb. Insgesamt stehen auf dem Betrieb 15.000 Holstein-Rinder. Rund 100 Mitarbeiter versorgen diese und melken das ganze Jahr über etwa 8.000 Kühe. Die Milchleistung beläuft sich auf 36 kg pro Tag. Verkauft wird die Milch an eine Molkerei im etwa 100 km entfernten Phoenix – der Hauptstadt von Arizona.

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Weitere 20 Mitarbeiter kümmern sich zusammen mit Kyle um den Ackerbau. Dieser produziert nahezu das gesamte Grundfutter für die Kühe und ihre Nachzucht.

Kanäle prägen die Landschaft

Als ich mit Kyle in einem der üppigen, grünen Luzernebestände der Sunset Farm stehe, hätte ich fast vergessen, dass wir uns in einer Wüste befinden. Doch mit dem Blick in die Umgebung drängt sich die Frage auf: Woher kommt das für das Pflanzenwachstum notwendige Wasser, wenn im Jahr nur etwa 150 bis 200 mm Regen fallen und Temperaturen von über 30 °C eher die Regel als die Ausnahme sind?

Die Antwort liegt in einem ausgeklügelten Kanalsystem, ausreichend Grundwasser und dem Fluss Gila, der in den Colorado River mündet. „Etwa 20 % des benötigten Wassers ziehen wir aus dem Fluss“, berichtet Kyle. Da der Wasserstand des Gila stark schwankt (das hängt auch mit der Entnahmeintensität der flussaufwärts liegenden Regionen zuammen), sichern rund 80 Grundwasserpumpen die Wasserversorgung der Farm ab.

Den Weg zu den Feldern der Sunset Farm legt das kostbare Nass zum größten Teil in oberirdischen, offenen Kanälen zurück. Damit dies funktioniert, wurde über Jahrzehnte Landschaftsbau im großen Stil betrieben, sodass heute jedes Feld auf einer anderen Höhe liegt, was mit dem bloßen Auge aber kaum wahrnehmbar ist. Dadurch kann das Wasser in den Kanälen von der höchstgelegenen bis zur tiefstgelegenen Fläche fließen. „Einer meiner Brüder kümmert sich um das komplette Bewässerungssystem“, erklärt Kyle. Um den Wasserfluss zu steuern, bedient er sich je nach Kanalgröße moderner Stauwehre oder einfacher Absperrschieber.

Kontrollierte Überflutung

Das Wasser aus den Kanälen gelangt durch Rohre auf die angrenzende Fläche und überflutet diese kurzzeitig komplett. Für eine kontrollierte Flutung und dafür, dass jede Stelle auf dem Feld möglichst gleichmäßig Wasser erhält, sind zwei landschaftsgestaltende Elemente entscheidend:

  1. Kleine Dämme, die im 90°-Winkel zu den Kanälen laufen. Sie stellen eine seitliche Begrenzung für das Wasser dar. Die Dämme liegen je nach Fläche etwa 30 bis 60 m auseinander. Zwischen zwei Dämmen verbindet mindestens eine Rohrleitung die Fläche mit dem Kanal.
  2. Ebene Bodenoberflächen, die in ihrer Gesamtheit ein leichtes Gefälle aufweisen. Diese sorgen zusammen mit den Dämmen dafür, dass sich das Wasser gleichmäßig von der Kanalseite bis zur gegenüberliegenden Seite eines Feldes verteilt.

Die auf der Farm angebauten Kulturen lässt Kyle bis zu sechsmal fluten. Je Bewässerungsgang gelangen 150 bis 300 l/m² auf die Fläche. „Nicht die gesetzlichen Vorgaben begrenzen die Wassermenge, die uns zur Verfügung steht. Grenzen setzt eher das Bewässerungssystem selbst, das einen Bezirk versorgt“, erklärt Kyle.

Allerdings interessiert sich die Regierung von Arizona zunehmend für den Wasserverbrauch. Ein Grund ist unter anderem, dass die Wasserstände des Colorado River (der wichtigste und größte Fluss im Süden der USA) und die seiner Stauseen zuletzt häufig sehr niedrig waren. Künftig wird die Entnahme wohl stärker reglementiert werden.

Vom Wüstensand zum Ackerboden

Zu einem erfolgreichen Ackerbau gehört aber mehr als eine gute Wasserversorgung. Es braucht auch einen Boden, der das Wasser – genauso wie Nährstoffe – speichern kann. Auf der Sunset Farm hat man die Bodenfruchtbarkeit über Jahrzehnte durch die Zufuhr organischer Dünger und den Anbau humusmehrender Kulturen wie Luzerne gefördert. „Die vorherrschende Bodenart ist bei uns heute ein sandiger Lehm“, so Kyle, „und der Oberboden weist eine Mächtigkeit von 30 bis 120 cm auf.“

Die Versorgung mit organischem Dünger ist für Kyle auch heute noch ein absolutes Schlüsselelement in der Pflanzenernährung. Seine Mitarbeiter bringen regelmäßig vor der Saat trockenen Kompost aus, der von den Milchkühen stammt. „Phosphor und Kalium kaufen wir nicht zu, das ist ausreichend im Kompost enthalten“, so Kyle. Lediglich Stickstoff kommt in Form von flüssigem oder granuliertem Harnstoff zusätzlich auf den Betrieb.

Vielfältige Fruchtfolge

Der junge Ackerbauer ist sich aber auch der Bedeutung einer weiten Fruchtfolge bewusst. Zu den Kulturen, die Kyle und seine Mitarbeiter auf der Farm anbauen, zählen Luzerne, Mais, Sommergerste, Sommertriticale, Sorghum und Baumwolle. „Ich bin zufrieden mit dem Kulturenmix, den wir heute anbauen und der uns ausreichend Futter für die Kühe liefert.“ Die Fruchtfolge wieder zu verengen, kommt für Kyle auch vor dem Hintergrund der dann drohenden Wurzelfäule in Luzerne und Baumwolle sowie der Nematodengefahr in Luzerne nicht infrage.

Luzerne (in Amerika Alfalfa genannt) nimmt mit rund 1.100 ha den größten Flächenanteil ein und ist die wichtigste Komponente in den Futterrationen. In der Regel im Herbst ausgesät, steht die eiweißreiche Futterpflanze etwa drei Jahre auf dem Feld und wird bis zu zehnmal pro Jahr geerntet. Die Erträge belaufen sich auf 23 t/ha.

Zur Ernte kommt sowohl amerikanische als auch europäische Technik zum Einsatz. So übernehmen drei Claas- Mähkombinationen den Schnitt, bevor drei Bandschwader von Kuhn das Erntegut nach ein bis drei Tagen – je nach Jahreszeit – zusammenschwaden. Beim Häcksler setzen die Van Hofwegens ebenfalls auf deutsche Technik. Den Transport zum Betrieb übernehmen dann amerikanische LKW, das Aufschieben und Verdichten im Silo Knicklenker. Neben dem Einsilieren in große Freilandmieten wird ein kleiner Teil der Luzerne auch in Ballen gepresst.

GVO-Mais ist Standard

Die Standzeit der Luzerne von drei Jahren gibt vor, dass jährlich etwa ein Drittel der Luzernefläche umgebrochen wird. Auf dieser Fläche legt Kyle im darauffolgenden März Mais. Für den jungen Ackerbauer ist der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut (GVO), in diesem Fall von glyphosatresistenten Maissorten, etwas absolut Normales. Als großen Vorteil des Systems sieht er die geringe Pflanzenschutzintensität im Mais an.

Zur Flächenvorbereitung setzt Kyle auf Kurzscheibeneggen und Flachgrubber. „Wichtig ist natürlich, wie vor jeder Saat, die Flächen zu nivellieren, damit unsere Flutbewässerung funktioniert“, so Kyle. Auf etwa 10 % der Maisfläche sammelte der junge Landwirt zuletzt Erfahrungen mit dem Strip Till-Ansatz. Dazu lockert er den Boden ausschließlich unter den späteren Maisreihen 15 bis 30 cm tief.

Wegen der hohen Sonneneinstrahlung ist der Silomais auf der Sunset Farm bereits im Juli erntereif – also rund vier Monate nach der Saat. Die Erträge belaufen sich dann auf etwa 63 t/ha.

Triticale zweimal häckseln

Auf den Mais folgt in der Fruchtfolge Triticale – zur Nutzung als Ganzpflanzensilage – oder Gerste. Der Aussaattermin für die Triticale liegt ähnlich wie bei uns in Deutschland im Oktober. Geerntet wird sie allerdings schon das erste Mal im Februar. Dann lassen die Van Hofwegens sie erneut austreiben, um sie im April ein zweites Mal zu ernten.

Etwas später – etwa ab Anfang Dezember – säen Kyle und sein Team die Gerste aus. Diese wird dann im Mai gedroschen und das Stroh für die Futterrationen der Kühe geborgen. Klima und Bewässerung ermöglichen auch für deutsche Verhältnisse gut Erträge von 7 bis 8 t je ha – wohlgemerkt: Bei den angebauten Getreidearten handelt es sich um die Sommerformen, da Wintergetreidearten schlichtweg keinen ausreichenden Kältereiz für die Vernalisation erhalten.

Vor der Triticale und der Gerste ist ein klassischer Termin, an dem Kyle seinen Boden lockert. „Wir lockern unsere Flächen dann bis zu 70 cm tief, um mögliche Verdichtungen aufzubrechen“, erklärt Kyle. Zum Einsatz kommt ein fünfzinkiger Tiefenhaken des amerikanischen Herstellers Wilcox.

Sorghum und Baumwolle in Direktsaat

Als letztes Fruchtfolgeglied folgt auf das Getreide Sorghum oder Baumwolle. Die Aussaat beider Kulturen erfolgt mittels Direktsaattechnik in die Stoppeln. Während die Sorghumhirse gehäckselt wird, kommt bei der Baumwolle ein Vollernter zum Einsatz, der die faserigen Samenkapseln von den Pflanzen abstreift und in Ballen presst. In der weiteren Verarbeitung der bis dahin nicht entkörnten Baumwolle wird die Wolle von den Samen separiert. Die Samen kommen zurück auf den Betrieb und ergänzen die Futterrationen der Kühe. Wie beim Mais setzt Kyle auch bei der Baumwolle auf genetisch verändertes Saatgut. In diesem Fall weist es eine Resistenz gegenüber dem Herbizid Dicamba auf.

Offen für neue Technologien

Genauso offen wie für GVO sind Kyle und seine Familie für technische Innovationen. „Unsere größten Herausforderungen der Zukunft werden sein, dass wir weiterhin genug Wasser haben und motivierte Mitarbeiter“, erklärt Kyle, „und ich bin mir sicher, dass moderne Technologien die Lösung sind. Sie können uns helfen, die Ressourcen – bei uns insbesondere das Wasser – effizienter einzusetzen und unseren Mitarbeitern ein komfortables Arbeitsumfeld zu bieten.“

Grund der Amerikareise für top agrar war die Teilnahme an den Tech Days, einer Anfang Dezember letzten Jahres stattfindenden Presseveranstaltung von CNH. Details dazu lesen Sie in den nachfolgenden Meldungen.

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