„Die Menschen haben den ‚Fortschrittsoptimismus‘ verloren, weil die Natur heute weniger als etwas wahrgenommen wird, das den Menschen bedroht – sondern eher als etwas, das der Mensch bedroht.“ Das war der zentrale Leitsatz des österreichischen Philosophen und Kommunikationswissenschaftler Dr. Christian Dürnberger vom Wiener Messerli Forschungsinstitut bei der DLG-Wintertagung in Hannover.
Nirgendwo werde dies deutlicher als in der Landwirtschaft, erläuterte Dürnberger. Einerseits schätzten die Verbraucher einzelne Aspekte des erreichten Fortschritts, vor allem die Lebensmittelsicherheit, die Hygiene, die Nahrungssicherheit und die niedrigen Preise. Zugleich kritisierten sie andere Entwicklungen, allem voran Umweltschutz- und Tierwohlaspekte wie auch einen gewissen Verlust an Traditionen.
Fortschritt neu definieren
„Die Landwirtschaft muss ihren Fortschrittsgedanken weiterentwickeln“, forderte Dürnberger. Nur dann sei sie in der Lage, mit der gesellschaftlichen Kritik umzugehen. Dafür stellte der Wissenschaftler fünf Grundsätze auf:
- Der klassische Fortschrittsansatz „mehr Ertrag und mehr Leistung“ bleibt auch in Zukunft wichtig. Das gilt zum Beispiel vor dem Hintergrund der drohenden Klimakatastrophe.
- Er muss aber um zusätzliche Ziele, allem voran Klima-, Umweltschutz und Tierwohl, ergänzt werden. An diesen „neuen Zielen“ wird der Fortschritt der Landwirtschaft zukünftig gemessen werden.
- Natürlich ist der Wunsch nach mehr Tierwohl eine „Luxusdebatte“. Aber der Wohlstand ist erreicht. Deshalb muss die Debatte jetzt geführt werden.
- Die Landwirte müssen deutlich machen, inwieweit ein höherer Technikeinsatz hilft, die angestrebte Ziele zu erreichen. Beispiel: Ein voll digitalisierter Stall mag wenig mit der Ursprünglichkeit eines „Bilderbuchbauernhofs“ zu tun haben, aber permanent, detailliert und individuell erhobene Daten können die Tiergesundheit fördern.
- Der „fortschrittliche Landwirt“ muss sein eigenes Tun immer wieder kritisch hinterfragen und sich zugleich aktiv in die gesellschaftlichen Debatten rund um Landwirtschaft einmischen.