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Kommentar

EU-Pläne zu Emissionssenkungen: "Weltfremder geht’s kaum"

Die EU-Kommission will Kuh- und Schweineställe mit Chemieunternehmen gleichsetzen, zumindest bei den Emissionen. Viele Tierhalter haben diesen Wahnsinn noch gar nicht realisiert.

Lesezeit: 3 Minuten

Ein Kommentar von Patrick Liste, Chefredakteur beim Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben:

Weil sich die Hiobsbotschaften nur so überschlagen, haben viele Tierhalter diesen Wahnsinn noch gar nicht realisiert. Die EU-Kommission will Kuh- und Schweineställe mit Chemieunternehmen und Raffinerien gleichsetzen, zumindest bei den Emissionen. Die Besonderheiten natürlicher Kreisläufe in der Landwirtschaft blenden die Brüsseler Bürokraten aus.

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Die Folgen wären dramatisch: Tausende Tier­halter in Deutschland müssten teuer technisch nachrüsten, um die Vorgaben zu erfüllen. Gerade kleinere, familiengeführte Betriebe könnten sich das nicht leisten und müssten schließen. Wieder würde Brüssel den Strukturwandel anheizen. Und dem Tierwohl wäre auch nicht gedient: Denkt man die Kommissionspläne zu Ende, wäre die ganzjährige Anbindung von Kühen im geschlossenen Stall mit Filteranlage besser als der Offenstall mit Weide – weltfremder geht’s kaum!

Zur Lage: Seit 2010 gibt es die EU-Industrie­emissionsrichtlinie. Sie regelt den Ausstoß klimaschädlicher Gase für die Industrie. Auch für große Schweine- (2000 Plätze ab 30 kg) und Geflügelställe (ab 40  000 Plätze) greift sie. Aktuell sind das in Deutschland 2700 Betriebe. Die EU-Kommission will diese Richtlinie überarbeiten. Für die Landwirtschaft markant: Sie soll auch für Rinderställe gelten und die Schwellenwerte sollen runter, ab welcher Tierzahl die Richtlinie gilt. So wären künftig Betriebe mit 100 Kühen plus Nachzucht oder 500 Schweinemastplätzen betroffen. Die Zahl der Betriebe in Deutschland würde sich so auf mehr als 22  000 fast verzehnfachen.

Green Deal will Europas Wirtschaft 2050 klimaneutral sehen

Treiber dieser Pläne ist EU-Vizekommissar Frans Timmermans. Er ist verantwortlich für den europäischen Green Deal, wonach Europa spätestens 2050 klimaneutral wirtschaften soll. Um das zu erreichen, stellt der Niederländer immer wieder scharfe Forderungen. Beim Pflanzenschutz ist es das Totalverbot in Schutzgebieten, bei den Emissionen nun die Industrieauflagen für Tierhalter. Sein Kalkül: maximal fordern, viel bekommen.

Wie das bei der Industrieemissionsrichtlinie ausfällt, zeigen die nächsten Monate. Dem Gesetzentwurf müssen EU-Parlament und europäischer Rat zustimmen. Hier lehnen der Agrarausschuss und die EU-Agrarminister die Kommissionspläne fast einstimmig ab. Allerdings kommt vom Umweltausschuss sowie den EU-Umweltministern Zuspruch – und sie sind zuständig in dem Verfahren.

Deshalb sollte die Branche mehr Aufmerksamkeit erzeugen. Verbände und Organisationen dürfen lauter und sichtbarer verdeutlichen, dass die Kommissionspläne Familienbetriebe zerstören und mehr Tierwohl verhindern. Und sie sollten anmahnen, dass bei den politischen Verhandlungen kein fauler Kompromiss herauskommt.

Zu Recht lehnt der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband den Vorschlag deshalb komplett ab. Bemerkenswert: Dafür bekommt er ungeahnte Unterstützung. So sagt selbst Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament und sonst immer Befürworter von schärferen Umweltauflagen, dass der Kommissionsvorschlag „grauenhaft gemacht“ sei. Er meint sogar, dass die EU damit das Vertrauen der Menschen verspiele. Das ist deutlich. Und macht ein wenig Hoffnung, dass sich Mehrheiten bilden und den Wahnsinn stoppen.

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