Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Erntehelfer

Zur Ernte ins Ausland

Island, Australien, Kanada: Die Agrarökonomie-Studentin Britta Volker lernte landwirtschaftliche Betriebe rund um die Welt kennen.

Lesezeit: 5 Minuten

Nach zehn Stunden Heu­ballen pressen zieht Britta Volker den Schlüssel an ­ihrem Traktor ab. Ein letztes Maschinen­brummen ertönt, dann herrscht Stille. Es ist Nacht in Olds, Kanada. Der klare Himmel über Britta ist übersät mit Sternen. „Jeden Abend konnten wir die Milch­straße sehen“, erinnert sie sich. „Manchmal kam ein Kojote vorbeigeschlichen.“

Noch heute sieht die Agrarökonomie-Studentin aus Kiel das alles ganz genau vor sich, wenn sie die Augen schließt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Anneke reiste sie im Sommer 2022 als Erntehelferin nach Kanada. Drei Monate lang arbeite­ten die beiden auf einem ­großen Betrieb mit 7000 ha Ackerbau mit Fokus auf ein angeschlossenes Lohnunternehmen.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Von der Idee zum Flug

Wie genau Britta auf die Idee kam, Erntehelferin im Ausland zu werden, weiß sie nicht mehr. „Viele meiner Kommilitonen und auch mein Bruder schwärmten oft von ihrer Zeit im Ausland“, erzählt Britta. „Irgendwann hat es mich einfach selbst gepackt.“

Ihr erstes Ziel: Island. Die damals 21-Jährige flog im April 2018 auf die nordische Insel und unterstützte einen kleinen Familien­betrieb während der Lammsaison. Dort standen vor allem die Geburtshilfe und Erstversorgung der Lämmer auf ihrem Tagesplan. Nach zehn Wochen auf dem Hof bereiste sie dann die Insel. „Das schöne an Island ist, dass das Land relativ klein ist, sodass ich in kurzer Zeit viel von der beeindruckenden Natur sehen konnte“, erzählt Britta.

Nach ihrer Island-Tour hatte sie Blut geleckt. So verbrachte sie den Winter 2019/20 im sonnigen Australien und entschied sich schließlich, auch 2022 während der Semesterferien zu verreisen – dieses mal nach Kanada.

Auf eigene Faust

Britta und Anneke flogen auf eigene Faust nach Nordamerika – das heißt, ohne die Hilfe einer Organisation in Anspruch zu nehmen. Das hatte sich für Britta schon in Island und Australien bewährt. „Die größte Herausforderung war es, das Visum zu bekommen“, sagt Britta. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist die Anzahl der zu vergebenen Visa in Kanada beschränkt. Deshalb ist es notwendig, sich spätestens zu Beginn des Reisejahres um eine Aufenthaltsgenehmigung zu kümmern.

Meine landwirtschaftliche Ausbildung hat mir auf jeden Fall in die Karten gespielt.

Nach über zwei Monaten erhielt Britta ihr Visum. Für knapp 700 € buchte sie ihren Hinflug, dann ­begab sie sich auf Jobsuche. Von Freunden aus dem Studium hatte sie einige Kontakte vor Ort. Schlussendlich verhalf ihr und ihrer Freundin aber die Job-Plattform „Step­Stone“ zu ihrer Tätigkeit. „Meine landwirtschaftliche Ausbildung hat mir auf jeden Fall in die Karten gespielt“, sagt Britta. Eine E-Mail und ein Telefonat über Skype – dann war es abgemacht: Drei ­Monate würde sie in Olds leben.

Zu zweit unter Männern

Vor Ort angekommen fanden sich die Freundinnen auf einem großen Betrieb fernab der Zivilisation wieder. Rund 100 Mitarbeiter arbeiteten für den Familienbetrieb, der das gesamte eingefahrene Heu und Stroh nach Asien exportiert. Die meisten Mitarbeiter waren junge Saisonarbeiter – oftmals aus Frankreich oder Australien – die ebenfalls Auslandserfahrungen sammeln wollten.

Somit waren Britta und Anneke nicht die einzigen Fremden in der Ferne. „Allerdings waren wir die einzigen Frauen“, lacht Britta. Ein Problem stellte das nicht dar. „Unser Arbeitgeber war sogar ganz glücklich, zwei Frauen im Team zu haben, von denen er annahm, sie würden nicht nur mit dem Bleifuß auf dem Pedal stehen“, sagt Britta verschmitzt. „Anneke und ich wurden schnell akzeptiert und wir gewöhnten uns auch rasch daran, allein unter Männern zu arbeiten.“

Eine fremde Kultur

So verbrachten die beiden jeden Tag zehn Stunden auf den Feldern von Olds. Britta allein presste insgesamt über 10  000 Ballen. Pro Stunde bekam sie 20 kanadische Dollar, also etwa 14 €. Die Unter­kunft und einen Wagen stellte ihr Arbeitgeber, damit sie in die Stadt fahren und einkaufen gehen konnten. „Wir waren aber nur selten unterwegs. Stattdessen haben wir schnelle Mahlzeiten auf dem Trecker zu uns genommen“, erinnert sich Britta.

Das Land konnte sie trotzdem kennenlernen. „Meiner Meinung nach habe ich viel mehr über Kanada erfahren, als die meisten Touristen.“ Durchs Radio hören während der Arbeit und die Gespräche mit den Mitarbeitenden hat sie viel gelernt. Themen waren häufig Unterschiede und Herausforderungen in der Landwirtschaft – wie der Einsatz von Düngemitteln – und allgemeine Probleme der Landbevölkerung. „Von den Gesprächen haben beide Seiten eine Menge mitgenommen“, sagt Britta.

Abseits der Landwirtschaft versuchten sie und Anneke, an kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. Ihr persönliches Highlight: Rodeo. In Cowboyhüte und -stiefel gekleidet ritten Menschen dabei auf Bullen oder fingen Kälber mit dem Lasso vom Pferd aus ein. Dazu lief Countrymusik. „Rodeo war ein bisschen wie Schützenfest bei uns auf dem Dorf in Deutschland“, lacht Britta. „Die Stimmung ist einfach super und jeder ist mit dabei.“

Bitte nachmachen!

Bald wird die Agrarökonomie-­Studentin ihr Masterstudium abschließen. Sie ist froh, dass sie ihre Auslandserfahrungen machen konnte, bevor das Berufsleben startet. Natürlich war in Kanada nicht alles perfekt. Durch große Hitze und Funkenflug entfachten manchmal kleinere Strohbrände auf den Feldern. Mit der „Hoffeuer­wehr“, bestehend aus Wassertanks an Traktoren und ständigem Funkkontakt zwischen den Fahrern, bezwangen Britta und ihre Kollegen die Flammen. „Dinge können im Ausland genauso schiefgehen, wie in Deutschland“, meint sie. „Ich glaube, man hat beim ­Reisen nicht wirklich etwas zu verlieren, so­lange noch Geld für den Rückflug da ist.“

Sprachkenntnisse aufbessern, Menschen und Kulturen kennenlernen, über sich hinauswachsen und nebenbei noch gutes Geld verdienen – die 26-Jährige würde jedem empfehlen, mal eine Reise als Erntehelfer zu wagen. „Als Landwirte können wir in jedem Land arbeiten“, sagt sie begeistert. Außerdem hätte Britta Volker in den Semesterferien sowieso bei der Ernte geholfen. Nur eben zu Hause. Dann wäre sie jetzt um viele Erinnerungen und eine kanadische Westernjacke ärmer.

Mehr zu dem Thema

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.