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Landwirt baut Erbsen als Fleischalternative im Rheinland an

Frank Kemmerling ist einer von 50 Landwirten, die im Rheinland für endori, einen Hersteller pflanzlicher Fleischalternativen, Erbsen anbauen. Sein Fazit nach zwei Jahren Vertragsanbau lesen Sie hier.

Lesezeit: 7 Minuten

Veganer Aufschnitt, pflanzliche Burgerpatties, Wurstalternativen aus Weizen- oder Erbsenprotein: Die Nachfrage nach pflanzlichen Alternativprodukten steigt. Während deren Hauptrohstoffe häufig aus dem Ausland stammen, setzen einige Unternehmen bereits auf den heimischen Anbau in Kooperation mit Landwirten.

Einer von ihnen ist Frank Kemmerling aus Vettweiß im Rheinland. Der 32-Jährige baut seit zwei Jahren auf 5 ha Fläche Erbsen für endori, einen Hersteller von Fleischalternativprodukten aus dem oberfränkischen Stegaurach, an. Heute steht die Ernte der Hülsenfrucht auf dem Plan. Neuland ist die diese für den Landwirt allerdings nicht, denn Futtererbsen gehören schon seit acht Jahren zu seinem Anbauportfolio. Kemmerling bewirtschaftet einen konventionellen Ackerbaubetrieb mit 140 ha und baut neben Erbsen u. a. Zuckerrüben, Weizen und Gerste an.

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270 € pro Tonne

Der junge Landwirt, der zur Ernte selbst den Drescher fährt, sieht den Erbsenanbau als Chance. „Die Erbse bringt im Anbau einige Vorteile mit, die sie mit Blick auf ein verändertes Klima interessant macht und sie fügt sich gut in unsere Fruchtfolge.“ Kemmerling spürt den wachsenden Trend der pflanzlichen Ernährung, besonders in der jüngeren Generation. Eine Konkurrenz zur tierischen Produktion sieht er darin aber nicht.

Ausschlaggebend für seinen Einstieg in den endori-Vertragsanbau war nicht zuletzt der Preis. Als Mitglied der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft (BBAG), die für endori die Direktkontrakte an die Landwirte vergab, wurde Kemmerling auf die Ausschreibung im Spätsommer 2021 aufmerksam. „Gesucht war eine Anbaufläche von insgesamt 500 ha in unserer Region zu einem Preis von 270 €/t Erbsen. Da hat man zum damaligen Zeitpunkt nicht lange überlegt“, sagt er rückblickend.

Endori-Gründer: Metzger für Erbsenprotein

Nach einem ersten Pilotversuch hat endori im Rheinland in diesem Jahr eine deutlich größere Menge Erbsen für seine Produktion anbauen lassen. Die Anbaufläche der Hülsenfrucht liefert rund 2.000 Tonnen regionaler Erbsen, man gehe also von einem Ertrag von im Schnitt vier Tonnen pro Hektar aus. Für die Erbse als Proteinträger hat sich endori-Gründer Friedrich Büse ganz bewusst entschieden. „Die Erbse ist ein heimisches Gewächs. Sie hat als Leguminose ackerbauliche Vorteile, ist durch ihr Aminosäuremuster gut verdaulich und eignet sich gut für die Produktion von Fleischalternativen.“

Büse selbst ist Koch und Fleischermeister, der sich nach mehreren Jahren in der Fleischindustrie für eine Neuausrichtung entschieden hat. „Ich habe das immer gerne gemacht, aber je mehr ich in der Industrie war und je weniger im Handwerk, desto mehr haben sich die Prämissen verschoben. Man redete nicht mehr vom Tier, sondern nur noch vom Rohstoff.“ Rund sieben Jahre forschte er gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik an geeigneten Rezepturen auf Basis von Erbsenprotein. Für ihn sei Fleisch nach wie vor eine wichtige Ernährungsquelle, es gelte aber, nach Alternativen zu schauen.

Anbau auf 500 ha im Rheinland

An der Kooperation mit endori sind insgesamt rund 50 Landwirte beteiligt. Viele von ihnen hatten zuvor bereits Futtererbsen angebaut, für einige war es Neuland. Die Agrarberater von Pfeifer & Langen stehen den Landwirten im Anbau beratend zur Seite. Seit 2019 ist der Zuckerkonzern mehrheitlich an endori beteiligt und hat das Projekt des heimischen Erbsenanbaus mit realisiert. Pfeifer & Langen baute dabei auf bestehende Vertragsbeziehungen mit Landwirten im Rüben- und Kartoffelanbau auf.

Auch Ackerbohne und Raps denkbar

„Wir haben bisher einen Ertrag von durchschnittlich 3,8 Tonnen pro Hektar. Das ist für dieses Jahr in Ordnung“, sagt Kemmerling. Zwar spielt ihm die Trockenheit bei der Ernte in die Karten, aber der während der Blüte ausgebliebene Niederschlag spiegelt sich deutlich im Ertrag. Erfassung, Reinigung, Trocknung und Lagerung der Erbsen übernimmt die Genossenschaft. Peter-Josef Gormanns, geschäftsführender Vorstand der BBAG, zeigt sich mit der bisherigen Zusammenarbeit zufrieden. „Wir wollen unseren Landwirten im harten Marktumfeld weitere Vermarktungsmöglichkeiten bieten und sehen den Erbsenanbau für endori als Chance, der zugleich das Image der Landwirtschaft stärkt.“ In Gesprächen der Partner kommen immer wieder andere Kulturen, besonders Ackerbohne und Raps, ins Spiel. Eine Ausweitung der Anbaukulturen als Basis für Fleischalternativen sei bereits in Planung.

Wir wollen unseren Landwirten im harten Marktumfeld weitere Vermarktungsmöglichkeiten bieten und sehen den Erbsenanbau für endori als Chance, der zugleich das Image der Landwirtschaft stärkt." - Peter-Josef Gormanns

„Vergütung ist das A und O“

Sofern der Preis stimmt, ist Landwirt Kemmerling bereit, den Erbsenanbau auszuweiten. „Ich bin ein Freund davon, sich vor der Ernte abzusichern“, sagt er – auch wenn er in diesem Jahr dabei schlechter wegkommt. Denn obwohl der Preis von endori zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sehr gut war, ist der Preis für Futtererbsen mittlerweile mit über 300 €/t deutlich höher. „Der Preis ist am Ende das ausschlaggebende Kriterium für Landwirte“, ist auch Gormanns überzeugt.

Erbsenanbau: Anforderungen

Abgesehen vom Preis bietet die Leguminose für den Landwirt aber auch ackerbauliche Vorteile. Kemmerling baut die Sommersorte „Astronaute“ an. endori hat den Landwirten einige wenige Sorten für den Anbau vorgegeben. „Die Sorte ist standfest, verfügt über eine gute natürliche Unkrautunterdrückung und hat relativ hohe Korn- und Rohproteinerträge“, unterstreicht Büse. Weitere Vorgaben, die teilnehmende Landwirte im Anbau einhalten müssen, sind etwa der Verzicht auf Soja oder Lupinenarten als Vorfrucht sowie das Verbot des Einsatzes bestimmter Pflanzenschutzmittel.

„Die Erbse bevorzugt leichte, durchlässige Böden, benötigt aber speziell zur Blüte ausreichend Wasser“, sagt Kemmerling. Für ihn ist besonders die Standfestigkeit der Pflanzen wichtig. „Grundsätzlich ist die Erbse relativ pflegeleicht, hat eine gute Vorfruchtwirkung und es ist keine Düngung und in der Regel nur eine Fungizidbehandlung notwendig.“

Optimierungsbedarf: Transportwege und Qualität

Erträge und Qualität der Sorten zu verbessern und z. B. den Proteingehalt zu steigern, ist Ziel aller Beteiligten. Diese Notwendigkeit sieht auch Dr. Hermann Schmitz, Leiter Landwirtschaft bei Pfeifer & Langen. „Unser Ziel wäre es, nur Erbsen mit 30 % oder mehr Proteingehalt anzubauen, um das Bestmögliche aus der Pflanze herauszuholen.“ Bis dahin dauere es aber noch.

Nach Einlagerung der Erbsen bei der Genossenschaft werden diese zur Emsland Stärke nach Emlichheim in Niedersachsen transportiert. Dort findet die Eiweißproduktion bzw. Isolation der Erbseninhaltsstoffe statt. Gut 50 % der Erbsen fließen in Form von Erbsenstärke, -protein und -fasern in die endori-Produkte. Der Rest verbleibt bei der Emsland Stärke zur Weiterverarbeitung. Ziel sei es langfristig, einen größeren Anteil der Erbse selbst zu verwerten, etwa für die Verpackung der Produkte.

Endori setzt zu 100 % auf Veggieprodukte

Das Eiweißisolat, die Stärke und die Fasern gelangen von Emlichheim nach Stegaurach zur endori-Produktionsstätte. Dort findet die eigentliche Herstellung der Fleischalternativen statt. „Derzeit sind die Transportwege noch eine Schwachstelle in der Wertschöpfungskette der Erbse“, sagt Sönke Schilasky, Agrarexperte für Leguminosen bei Pfeifer & Langen. Ziel sei es langfristig, Transportwege weiter zu verkürzen. Derzeit gebe es aber keine geeigneten großen Verarbeitungsindustrien im Rheinland.

Seit Gründung von endori durch die Familien Büse und Wedel ist das Unternehmen stets gewachsen und beschäftigt mittlerweile rund 180 Mitarbeiter in der Herstellung. Etwa 150 Rezepturen und 20 Produktgruppen gehören zum Portfolio, darunter z. B. Veggie-Burger, Veggie-Fischstäbchen oder Veggie-Geschnetzeltes. Vertrieben werden die Produkte über die Eigenmarke in Supermärkten und Discountern sowie als Rohkomponenten an Industriepartner und Weiterverarbeiter in Deutschland und Europa. Zu den Kunden zählen unter anderem Iglo, Lufthansa und Ikea. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Jahresumsatz im mittleren zweistelligen Millionenbereich.

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