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Tierisches vs. pflanzliches Eiweiß? „Ohne Tierhaltung geht es nicht“

Ohne tierisches Protein ist eine ausreichende Nährstoffversorgung der Menschen kaum möglich. Dennoch gelte es, dem Bedarf an Eiweißpflanzen nachzugehen und die regionale Wertschöpfung zu steigern.

Lesezeit: 6 Minuten

Alternative Proteinquellen gewinnen derzeit zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig zählt Protein tierischer Herkunft zu den Grundbaustein der menschlichen Ernährung und die Tierhaltung bildet besonders in viehdichten Bundesländern wie Niedersachsen eine maßgebliche Einkommensquelle. Dennoch wird derweil nicht nur aus Klimaschutzgründen nach Alternativen zu tierischem Eiweiß geforscht. Mit der „Niedersächsischen Eiweißstrategie“ will die Landesregierung diese Transformation für die heimische Land- und Ernährungswirtschaft nutzbar machen. Bei einer Auftaktveranstaltung des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums in Hannover diskutierten Experten aus Land- und Ernährungswirtschaft, Forscher und Interessenvertreter in drei Expertenforen zu den Themen Pflanzliche Ersatzstoffe, In-Vitro-Fleisch und Insektenprotein und deren Chancen und Herausforderungen.

„Tierhaltung wird es immer geben“

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„Das Ziel unserer Eiweißstrategie ist klar: Wir wollen der heimischen Land- und Ernährungswirtschaft den Rücken stärken, um den Transformationsprozess zu meistern und neue Märkte zu erschließen", so die Niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. Eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und Ernährung sei ohne Tierhaltung nicht möglich. Dennoch gelte es, dem wachsenden Bedarf an Eiweißpflanzen nachzugehen und die regionale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Bei allen Innovationen müsse man aber immer die Folgenabschätzung im Auge behalten und bei der Umweltbilanz viel genauer hinschauen, z. B. bei vielschichtigen Themen wie In-vitro-Fleisch.

„Vegane Ernährung rettet das Klima nicht“

Den Hype um pflanzliche Ersatzprodukte sah Ernährungswissenschaftler und Buchautor Dr. Malte Rubach in seinem Vortrag kritisch. Pflanzenbasierte Lebensmittel verursachen seiner Ansicht nach nicht automatisch weniger Treibhausgasemissionen als tierische. Auch die Abschwächung des Klimawandels durch eine pflanzenbasierte Ernährung habe kein unendliches Potenzial. „Wenn Deutschland zu 100 % vegan leben würde, würden zwar die Treibhausgasemissionen sinken, aber der Frischwasserverbrauch um 50 % steigen und die Landnutzung außerhalb Deutschlands steigen“, so Rubach. Darüber hinaus betonte er, dass trotz steigender Umsätze bei pflanzlichen Alternativprodukten kein Rückgang bei Fleisch oder Fleischerzeugnissen erkennbar sei.

Der absolute Verzicht auf tierische Lebensmittel ist ihm zufolge keine Lösung. Die Selbstversorgung der Deutschen mit pflanzlichem Protein sei nicht möglich – mit tierischem hingegen schon. Aus Klimaschutzgründen plädierte er daher für eine möglichst regionale und saisonale Produktion von Lebensmitteln.

Wenn Deutschland zu 100 % vegan leben würde, würden zwar die Treibhausgasemissionen sinken, aber der Frischwasserverbrauch um 50 % steigen und die Landnutzung außerhalb Deutschlands steigen. - Dr. Malte Rubach

Seine Empfehlung: Acker und Grünland nutzen, die vorrangigen Proteinquellen (Weizen, Milch und Fleisch) sichern und mit alternativen Proteinquellen ergänzen. Zudem appellierte er, regionale Zuliefer- und Verarbeitungsstrukturen zu erhalten und weiterzuentwickeln (z. B. bei Entwicklung von Haferdrinks) und in neue Produktentwicklungen und Lieferkettensicherheit zu investieren.

Regionale Wertschöpfung stärken

In der Podiumsdiskussion mit Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Dr. Malte Rubach, Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers und Ivo Rzegotta vom Good Food Institute wurde deutlich, dass ein wichtiger Grundsatz gelten sollte: Bei der Umsetzung der Eiweißstrategie wird es nicht um „entweder-oder“, sondern um ein „sowohl-als-auch“ gehen. Die Teilnehmer des Diskussionsforums waren sich einig darin, dass Anbau und Vermarktung von Proteinpflanzen regional gestärkt werden müssen. In diesem Punkt haben Standortfragen eine besondere Relevanz, so das Fazit, und Qualität (Struktur, Geschmack, Aussehen) von Produkten seien wichtige Aspekte für die Akzeptanz der Verbraucher.

Es bedarf allerdings noch vieler Grundlagenarbeit (z. B. Züchtung, Life Cycle-Analysen). Um die Wertschöpfung in der Region zu halten, sei eine grundlegende Umstellung der Förderungen im Agrar- und Ernährungsbereich hilfreich. Aus Sicht von Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen müssen Leguminosen für die Landwirtschaft sowohl im Anbau als auch in der Vermarktung attraktiver werden, um so etwa den Anteil importierter Futtermittel zu senken.

Darüber hinaus kann eine gezielte Anpassung beziehungsweise Umstrukturierung der Förderung auf kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Förderung von Start-ups, die vermehrte Nutzung alternativer Proteinquellen beschleunigen und zugleich regionale Wertschöpfungsketten erhalten. Um mit der Eiweißstrategie einen nachhaltigen und gewinnbringenden Effekt für die Land- und Ernährungswirtschaft zu erzielen, sei es entscheidend, dass zuerst die notwendigen politischen Weichenstellungen erfolgen.

In-vitro-Fleisch: Es dauert noch

Auch wenn In-vitro-Fleisch ein vieldiskutiertes Thema ist, steckt die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. In der Diskussion stellte sich vor allem die Frage eines geeigneten Nährmediums und einer pflanzlichen Alternative zu Kälberserum als Knackpunkt heraus.

Um das Thema voranzubringen, wäre aus Sicht der Teilnehmer eine öffentliche Forschung mit Fördergeldern sinnvoll – auch, um den Standortvorteil Deutschlands nutzen zu können. Fraglich war allerdings die Akzeptanz der Verbraucher bei In-vitro-Fleisch. In diesem Kontext spiele die „Natürlichkeit“ und Kommunikation eine zentrale Rolle, u. a. hinsichtlich Struktur der Produkte, des Marketing sowie der Begrifflichkeiten („Laborfleisch“) usw. Ferner seien Punkte wie Energie, regulatorische Barrieren und der Marktzugang bislang noch nicht final geklärt.

Landwirte einbinden

Aus Sicht der Teilnehmer wäre es sinnvoll, die Produktion von In-vitro-Fleisch zu dezentralisieren. Möglicherweise könnten sogar Landwirte in die Produktion eingebunden werden, indem sie z. B. die pflanzlichen Ausgangsstoffe für In-vitro-Fleisch anbauen. „Aus meiner Sicht ist In-vitro-Fleisch nicht die Lösung aller Probleme, aber auch keine Konkurrenz“, so Landwirt Jörn Ehlers. Dennoch sollten sich Landwirte sowie Bauernverbände mit neuen Wegen auseinandersetzen, auch wenn das derzeit noch früh erscheint und neue Produktionsformen nicht für jeden Betrieb eine Option sind. „Vielleicht wird es, ähnlich wie bei Biogas, einige Pioniere geben, die in die Produktion von Fleisch auf Zellbasis auf ihren Höfen, z. B. in Altgebäuden, einsteigen“, so der Schweinehalter. Ehlers zufolge müssen Landwirte immer eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen. „Ich baue seit zwei Jahren Ackerbohnen an, derzeit stellt mich die Kultur aber weder im Anbau noch in der Vermarktung komplett zufrieden.“

Insekten: Entwicklung dauert

Ähnliche politische und regulatorische Hemmnisse sahen die Teilnehmer auch bei Insektenprotein, sowohl auf Verbraucherseite als auch auf Marktseite. Potenziale in der Insektenzucht sahen die Diskutanten in der regionalen Wertschöpfung und in alternativen Geschäftsmodellen. Damit das gelinge, müssen politische und gesellschaftliche Weichen gelegt werden, sodass Insekten durch Nachhaltigkeit und biologische Wertigkeit überzeugen.

Unter dem Titel „Shape the future of food“ wird die Marketinggesellschaft Niedersachsen mit weiteren Veranstaltungen an diese Auftaktveranstaltung zur Niedersächsischen Eiweißstrategie anknüpfen und das Zukunftsthema „Novel Food“ mit Experten weiter diskutieren.

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