Der Anbau von Arzneipflanzen ist in der deutschen Landwirtschaft eine Nische. Doch der Markt ist vielfältig – getrieben aus der Nachfrage aus der Humanmedizin, der Kosmetikindustrie, der Tierernährung und dem boomenden Segment der Nahrungsergänzungsmittel. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Qualität, Rückverfolgbarkeit und Reinheit der pflanzlichen Rohstoffe.
Dieser Beitrag bildet den Auftakt zu einer Themenreihe rund um den Arzneipflanzenanbau. Wir werfen einen Blick auf Chancen und Herausforderungen – und zeigen, ob und wann sich der Einstieg für Landwirte lohnen kann.
Hohe Standards werden zur Herausforderung für Arznei-Landwirte
Wer Arzneipflanzen anbaut, muss hohe Qualitätsstandards erfüllen. Dazu gehören definierte Mindestgehalte an Wirkstoffen, enge Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel, Toxine und Schwermetalle sowie eine einwandfreie mikrobiologische Qualität. Auch Verunreinigungen, etwa durch Unkrautsamen, sind nicht zulässig.
Viel Import – aber zunehmendes Interesse am heimischen Anbau
Im Jahr 2011 bauten laut der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) rund 750 Betriebe in Deutschland auf etwa 12.000 ha rund 120 verschiedene Arzneipflanzenarten an. Aktuelle Zahlen sind schwer zu bekommen. Die größten Flächenanteile entfallen dabei auf Kulturen wie Kamille, Lein, Mariendistel, Pfefferminze, Sanddorn, Fenchel und Johanniskraut.
Doch ein Großteil der in Deutschland nachgefragten Arzneipflanzen kommt nach wie vor aus dem Ausland, oft aus Wildsammlung. Dabei handelt es sich um das Sammeln von Pflanzen in der freien Natur, etwa auf Wiesen, in Wäldern oder an Waldrändern – also außerhalb landwirtschaftlich kontrollierter Kulturen. Diese Kräuter stammen hauptsächlich aus südosteuropäischen Ländern wie Albanien, Rumänien, Polen und Bulgarien sowie aus nicht-europäischen Ländern wie Indien und China.
Pflanzen aus Wildsammlung bieten kostengünstige Rohstoffe. Allerdings ist die Qualität der Rohwaren oft nicht kalkulierbar. Mögliche Verunreinigungen können erst nach Abschluss der Wildsammlung mit Hilfe von Laboruntersuchungen festgestellt werden.
Der kontrollierte Anbau bietet klare Qualitätsvorteile in Bezug auf Reinheit und Rückverfolgbarkeit. Zudem bietet ein kontrollierter Anbau in Deutschland relativ konstante und reproduzierbare Gehalte an Inhaltsstoffen.
Der Arzneipflanzenanbau erfordert jedoch tiefgehendes Fachwissen. Landwirte müssen sich intensiv mit den züchterisch noch wenig erforschten Kulturen beschäftigen, Erfahrungen mit Anbau, Ernte und Trocknung sammeln und in die nötige Spezialtechnik investieren.
In der kommenden Woche gehen wir näher auf die praktischen Erfahrungen von Landwirten und anderen Fachleuten ein, die bereits im Anbau und der Vermarktung von Heil- und Gewürzpflanzen tätig sind.
Vermarktung: Vom Feld zur „Droge“
Das Erntegut von Arzneipflanzen wird zu 95 % in getrockneter Form vermarktet. Dazu wird es zunächst getrocknet und dann geschnitten und/oder die Inhaltsstoffe werden extrahiert.
In der Fachsprache spricht man von „Drogen“ – nicht zu verwechseln mit Rauschmitteln. Gemeint sind getrocknete Pflanzenteile, die medizinisch oder technologisch verwendet werden.
Je nach verwendetem Pflanzenteil unterscheidet man:
Körnerdrogen (z.B. Fenchel, Kümmel, Koriander)
Kräuterdrogen (z.B. Majoran, Thymian, Bohnenkraut)
Blattdrogen (z.B. Pfefferminze)
Blütendrogen (z.B. Kamilleblüten, Lavendelblüten)
Wurzeldrogen (z.B. Angelikawurzel, Baldrianwurzel)
Jede dieser Drogen erfordert eine spezifische Behandlung bei Ernte und Verarbeitung – auch hier sind Erfahrung, Know-how und Technik entscheidend.