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Mit Karpfen im Vollerwerb: Landwirt setzt auf Aquakultur

Robert Jungwirth kombiniert in seinem Betrieb seltene Nutztierrassen mit naturnaher Karpfenzucht. Seine Vision ist höchste Qualität zu leistbaren Preisen. Wie funktioniert das?

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Text unserer Gastautorin von Anja Rauting erschien zuerst in top agrar Österreich 11/22.

Noch vor sechs Jahren war Robert Jungwirth aus Pamhagen in Österreich als Baumanager tätig. Doch als er sich immer mehr mit dem Thema Fischzucht beschäftigte und weiterbildete, stieg die Begeisterung, vor allem für den Karpfen. In den vergangenen Jahren hängte er seinen alten Job an den Nagel und startete mit der Fischzucht von Karpfen und Amur (Graskarpfen) durch.

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Heute ist Jungwirth mit seiner Aquakultur Vollerwerbslandwirt, besitzt einen eigenen Hofladen und verarbeitet die Karpfen zu kleinen Köstlichkeiten wie Fischaufstrichen und geräucherten Filets. Die LK Burgenland zeichnete ihn mit dem Innovationspreis „Burgenland is(s)t innovativ“ aus.

4 ha Wasserfläche

Alles begann mit dem Kauf einer Karpfenteichanlage im Dezember 2018 in Apetlon, mitten im Nationalpark Neusiedler See. Die Teichanlage umfasst acht Lehmteiche mit einer gesamten Wasserfläche von vier Hektar. Davon sind drei Teiche Abwachsteiche mit je einem Hektar. Dort können die Fische über drei bis vier Jahre in Ruhe bis zum Schlachtgewicht heranwachsen. Der Zuchtteich umfasst 3.600 m² und der Hälterteich, aus dem die Fische in den nächsten Wochen und Monaten lebend verkauft oder geschlachtet werden, knapp 400 m².

25 € je Kilo Karpfenfilet

In einem Jahr kann Jungwirth normalerweise um die 14 t Karpfen verkaufen. Mit einem Kilopreis ab 25 € für das Karpfenfilet bietet er bewusst einen moderaten Preis an. „Meine Vision ist höchste Qualität zu leistbaren Preisen für alle. Wer giert, verliert“, sagt der Landwirt ernst. So gelang ihm im letzten Jahr ein Umsatz von ca. 100.000 €.

„Vor allem das Weihnachtsgeschäft 2021 war trotz der Pandemie bemerkenswert. Damals konnte ich in nur zwei Tagen knapp eine dreiviertel Tonne Karpfen verkaufen, davon 170 kg verarbeitet und 550 kg lebend“, berichtet Jungwirth. Hauptabnehmer der Lebendware sind Märkte in Wien, deren Endkunden häufig aus der chinesischen Gastronomie kommen. Für die gehobenere Küche hat Jungwirth mit dem Amur den „Mercedes“ unter den Karpfen im Angebot. „Das ist eine sehr leckere, aber seltene Karpfenart, die daher etwas teurer ist“, berichtet der Fischzüchter.

Eingespieltes Team

Jungwirth fischt mit verschieden großen Zugnetzen, wobei das größte Netz 125 m lang ist. In der Regel wird einmal pro Woche geschlachtet und verarbeitet, zweimal pro Woche beliefert Jungwirth seine Kunden in Wien.

Das ideale Schlachtgewicht liegt bei 2 bis 2,5 kg Lebendgewicht. Bis dahin rechnet der Fischzüchter mit etwa 4 € an Kosten pro Fisch. Hauptkostenfaktor ist die Pump- und Belüftungsanlage mit knapp 500 € im Monat, dazu kommen Futterkosten und der Kauf der Besatzfische. Um die Qualität in der Produktion zu sichern, werden die Fische nur mit Klee und Biogerste gefüttert. Die Pumpen sollen allerdings demnächst über eine Photovoltaikanlage betrieben werden.

Arbeitstechnisch hat Jungwirth Unterstützung von Andreas Jöstl, ein angehender Karpfenzüchter der bei ihm lernt. Gemeinsam schaffen sie in einer Stunde das Ausnehmen und Filetieren von zehn Fischen, also etwa 25 kg Fisch. „Als eingespieltes Team geht die Arbeit schnell von der Hand. Je mehr vom Karpfen verwertet werden kann, desto besser“, erklärt Jungwirth. Daher verkauft er spezielle Fischsuppen-Sets, wo auch Karkasse, Milch und Fischeier, der sogenannte Rogen, verkocht werden können. Aus dem Rogen stellt er zudem den „Seewinkler Karpfenkaviar“ als spezielle Delikatesse her.

In der Krise investiert

Die aufgrund der Pandemie fehlenden chinesischen Reisegruppen in Wien führten in den vergangenen zwei Jahren allerdings zu einem deutlichen Absatzeinbruch. Fast vier Tonnen weniger Karpfen wurden nachgefragt. Für Jungwirth eine Herausforderung, die er mit einer mutigen Investition von 30.000 € quittierte: einem eigenen Hofladen.

Im Juli 2020 öffnete der Hofladen in Pamhagen seine Pforten und ermöglicht dem Karpfenzüchter nun, seine Produkte lokal besser vermarkten zu können. „Das Wichtigste an meinem Betrieb ist die Anpassungsfähigkeit. Man muss kreativ und offen sein, vom Bau der Anlage bis hin zu neuen Geschäftsmodellen“, bemerkt Jungwirth dazu.

Das Wichtigste an meinem Betrieb ist die Anpassungsfähigkeit. Man muss kreativ und offen sein, vom Bau der Anlage bis hin zu neuen Geschäftsmodellen. - Jungwirth

Und er steht zu seinem Wort. Gerade befindet er sich in Verhandlungen mit dem Rewe-Regionalmanager, um vier Billa-Filialen eine Auswahl seiner Produkte anzubieten. Ein preislicher Aufschlag bis maximal 30 % wäre für ihn dabei akzeptabel.

Außerdem wollen Jungwirth und ein ortsansässiger Hanfbauer heuer den Versuch starten, die beim Ölpressen übrig bleibenden Hanfsamen als Futter für die Karpfen zu verwenden. Innovation ist ein Schlagwort, das bei Jungwirth in die Tat umgesetzt wird.

Zackelschafe zur Dammpflege

Als natürliche Rasenmäher setzt Jungwirth Zackelschafe ein, eine seltene Nutztierrasse. Die Schafe scheinen sich als Fischbegleiter wohlzufühlen: Jungwirths ursprüngliche Herde von acht Mutterschafen plus Bock hat sich mittlerweile in eine 22 Stück große Herde verwandelt.

Die Schafe sind biozertifiziert und im Herdbuch eingetragen. Daher verkauft sie Jungwirth gerne als Zuchttiere. Derzeit kann er pro Schaf 200 bis 300 € verlangen und für einen schönen Zuchtbock bis zu 1.000 €. Neben den Karpfen und Schafen interessiert sich Jungwirth auch für die Produktion von Edelkrebsen. Schon als Kind war er von den seltenen Tieren begeistert.

Aktuell verbessert er seinen Krebsteich, da der erste Krebsbesatz von Kormoranen und anderen Vögeln gefressen wurde. „Aber nichts gelingt beim ersten Mal“, lacht er. Mit Geduld, Überzeugung und Leidenschaft feilt er an der Rückkehr der Edelkrebse.

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