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Interview: Österreichischer Insektenzüchter will an die Börse

Unternehmen, die Insekten zur Herstellung alternativer Proteine züchten, hatten es zuletzt eher schwer. Ein Österreichisches Jungunternehmen will offenbar gegen den Trend wachsen.

Lesezeit: 4 Minuten

Das 2021 in Österreich gegründete Unternehmen Reploid bietet modulare Industrie-Systeme für die Zucht der Schwarzen Soldatenfliege (BSF). Eine einzelne Anlage kann 40 Tonnen organische Reststoffe pro Tag verarbeiten, die als Nahrungssubstrat für Insektenlarven geeignet und zugelassen sind. Diese fallen bei verschiedenen Lebensmittelherstellern an. Das aus den Larven der Schwarzen Soldatenfliege (BSFL) gewonnene Eiweiß und Fett dient als Alternative für Tierfutter, sowohl im Heimtier- als auch im Nutztiersektor.

Aktuell macht das Unternehmen Schlagzeilen mit einem im Sommer geplanten Börsengang an die Wiener Börse. Und das in Zeiten, in denen bekannte französische Insektenzüchter wie Agronutris und Ynsect Medienberichten zufolge Probleme bei der Skalierung haben. Im Kurzinterview haben wir nachgefragt, was das Erfolgsrezept der Österreicher ist.

Interview mit Insektenzucht-Unternehmen Reploid

top agrar: Sollen die Zucht-Systeme für die Schwarze Soldatenfliege auch auf landwirtschaftlichen Betrieben stehen, um dort Futtermittel herzustellen?

Philipp Zimmermann, Reploid: Wir bringen unser modulares Anlagensystem dort zum Einsatz, wo die Reststoffe anfallen, also z.B. bei Molkereien, Brauereien oder Obst- und Gemüseverarbeitenden Betrieben. Zudem identifizieren wir gezielt ausgewählte landwirtschaftliche Betriebe, an denen es ökologisch sowie ökonomisch Sinn ergibt, ein solches System gemeinsam in unternehmerischer Partnerschaft zu betreiben. Vor wenigen Wochen konnten wir den Spatenstich für unsere erste sogenannte ReFarmUnit auf dem Betrieb von Simon Steinberger in Bayern setzen.

top agrar: Sie planen den Gang an die Wiener Börse. Das werten Sie in Medienberichten als Zeichen, dass die Insektenzucht-Branche an Bedeutung gewinne: Derzeit gibt es aber gleichzeitig Meldungen von Unternehmen aus Frankreich, die große Probleme bei der Skalierung und wirtschaftlichen Darstellung der Insektenzucht haben. Wie passt das zusammen?

Zimmermann: Der Ansatz von Reploid überzeugt im Vergleich zu zentralen Industrieanlagen insofern, als dass wir im Sinne der dezentralen, regionalen Kreislaufwirtschaft direkt dort aktiv werden, wo biogene Reststoffe in erforderlichen Mengen sowie garantiert über das ganze Jahr anfallen. Auf diese Weise lassen sich lange Transporte von organischen Materialien mit einem hohen Wasseranteil vermeiden. Das liefert einen wesentlichen Beitrag, um Treibhausgase einzusparen und stellt eine Unterstützung für Unternehmen in ihrem Bestreben dar, Scope-3-Emissionen zu verringern.

Um ein größtmögliches Spektrum an zugelassenen Reststoffströmen für die Aufbereitung zu Nahrungssubstrat für BSFL einbeziehen zu können, sind unsere Anlagenkomponenten technisch derart konzipiert, jegliche Form von Solids, Semisolids sowie Liquids zu verarbeiten. Diese Möglichkeit schlägt sich zwar in den Anlagenkosten nieder, bedeutet aber vor allem, dass wir in Zukunft keinerlei Einschränkungen bei der Verarbeitung weiterer zugelassener Reststoffströme erfahren.

Produktionsmenge und Umsatz

top agrar: Welche Mengen produzieren Sie bereits und welche Umsätze erzielen Sie?

Zimmermann: Ich bitte um Verständnis, dass wir in Anbetracht der derzeitigen Entwicklungen rund um den Börsengang öffentlich keine Details zur Preisgestaltung und Produktionsvolumina kommunizieren können. Nur so viel: Reploid gewährleistet sowohl die kontinuierliche Belieferung mit Jungtieren, das Sourcing und die Optimierung von Futtermitteln sowie die Abnahme der erzeugten Produkte (Frischlarven und Insektenfraß).

Der Umsatz durch den Verkauf unserer ReFarmUnits liegt bei 4-6 Mio. € pro Anlage. Wenn von Kunden gewünscht, beteiligt sich Reploid an den Betriebsgesellschaften der Mastanlage.

Jede ReFarmUnit ist auf einen jährlichen Output von 2.000 Tonnen Frischlarven und 2.300 Tonnen Insektenfrass ausgelegt, wofür jährlich 9.500 Tonnen an organischen Reststoffen umgesetzt werden.

top agrar: In welchen Ländern sind Sie aktiv. Wie sind Sie finanziert?

Zimmermann: Die Zucht-Systeme sind technisch state of the art für die nachhaltige biologische Verwertung von organischen Reststoffen. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach unserem System, auch international. Wir reagieren auf diese Entwicklung mit der Expansion in die Schweiz, nach Italien, Frankreich, Tschechien sowie Ungarn, neben unseren Standorten in Deutschland und Österreich.

An die Listung an der Wiener Börse sind Vorgaben geknüpft, die Unternehmen dazu verpflichten, ein gegebenes Mindestgrundkapital zu gewährleisten. Diesen Vorgaben kommen wir durch die Beteiligung von nunmehr 38 Aktionären nicht nur nach, sondern erfreuen uns zahlreicher Zusagen von weiteren Interessenten. Für ein junges Unternehmen wie Reploid hat der Börsengang immense vertrauensbildende Wirkung im Austausch und Verhandlungen mit namhaften Partnern und zentralen Institutionen.

top agrar: Wohin soll das Insektenprotein vermarktet werden?

Zimmermann: Das aus den Larven der Schwarzen Soldatenfliege gewonnene tierische Eiweiß und Fett dient als qualitativ hochwertige und nachhaltige Alternative für Tierfutter, sowohl im Heimtier- als auch im Nutztiersektor. Für den Absatz dieser regional erzeugten Nährstoffe stehen wir aktuell mit namhaften Großabnehmern in Verhandlung.

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