Raumfahrt-Unternehmerin Katrin Bacic erklärt im Interview mit top agrar, wieso sich die Verbindung zum Internet im ländlichen Raum trotz Glasfaser-Bemühungen noch immer verbessern muss und was das autonome Fahren damit zu tun hat. Sie erklärt außerdem die Rolle von Satelliteninternet dabei und gibt Einblicke, welche Bemühungen derzeit in der Landtechnik-Industrie in Sachen Konnektivität laufen.
Schon heute fahren Schlepper mit RTK-Lenksystemen teilautonom. Eine SIM-Karte im Terminal genügt. Sie sagen, die Anbindung der Technik ans Internet, die sogenannte Konnektivität, muss dennoch besser werden. Wieso?
Katrin Bacic: Der Stand der Konnektivität von Landmaschinen reicht heute für das Normalgeschäft wie Lenksysteme, aber nicht für die Entwicklungen der Zukunft, wie autonomes Fahren von Schleppern und Feldrobotern. Diese sollen ja irgendwann selbstständig über Straßen zum Schlag fahren und dort in Echtzeit auf äußere Umstände reagieren können. In der Autobranche ist das vollautonome Fahren voraussichtlich erst ab 2040 soweit. Aber die Landwirtschaft ist schon viel weiter.
Die Mitbewerber von John Deere haben meines Erachtens noch massive Daten- und Konnektivitätsprobleme."
Damit das gelingt und wir die vollen Potenziale digitaler Landwirtschaft heben können, müssen wir endlich die Konnektivität verbessern. Das Mobilfunknetz allein wird das in ländlichen Gebieten nicht leisten können. Es wird kein 5G an ‚jeder Milchkanne‘ geben. Aber dort fahren Schlepper ja nun einmal. Daher sorgen wir von UNIO dafür, dass ein Schlepper neben Mobilfunk auch Satelliteninternet empfängt.
Zur Partnerschaft von John Deere mit Starlink
John Deere hat das verstanden und eine Partnerschaft mit Starlink verkündet. Was bedeutet das für den Markt?
Bacic: John Deere hat die anderen Hersteller unter Druck gesetzt. Die von Starlink eingesetzten Satelliten kreisen viel näher um die Erde und sind viel präziser, als z.B. bisher genutzte Navigationssatelliten. Das verändert den Markt für Smart Farming massiv. Denn für echte Autonomie brauche ich andere Verbindungen, kürzere Latenzzeiten, eben eine 100%ige Konnektivität. Die Mitbewerber von John Deere haben meines Erachtens noch massive Daten- und Konnektivitätsprobleme. AGCO und CNH haben daher auch Partner in dem Bereich gesucht. Das zeigt das große Bewusstsein für die Konnektivitätsfrage, das gerade in der ganzen Industrie herrscht.
Wie bewerten Sie Starlink?
Bacic: Wer was Ähnliches aufbauen will, muss es so gut wie Starlink machen. Elon Musk hat alle abhängt.
Ein „Schalter" für das bessere Netz
Ihr Produkt, das auf Schleppern eingebaut werden soll, funktioniert wie ein Schalter. Er soll sich beim Fahren auf dem Acker je nach Verfügbarkeit entweder mit dem Mobilfunk- oder Satellitennetz verbinden. Der Fahrer hat diesbezüglich also keine Aufgabe?
Bacic: Genau, der Fahrer merkt davon nichts. Unsere Kunden sind die Landtechnikhersteller. Wir arbeiten derzeit u.a. mit dem Automobilzulieferer AVL aus Graz zusammen, der auch Landtechnikunternehmen beliefert. Unser intelligenter Schalter soll schon in das Grundgerüst der Schlepper integriert werden. Bis es soweit ist, können bestehende Traktoren mit einer 20 x 15cm großen Box und einer Antenne auf dem Dach ausgestattet werden. Dazu kommt unsere Software, die mithilfe von KI sagt, ob der Mobilfunk- oder Satellitenempfang gerade besser ist. Das kann sich schon mit der Überquerung eines Hügels ändern.
Mittlerweile sammeln zig Sensoren Daten an den Schleppern und Anbaugeräten. Steuert der Schalter die alle?
Bacic: Ja, bisher werden die Sensoren, die es überall gibt, selten gemeinsam betrachtet. Manche sind über Schnittstellen verbunden, manche laufen über WLAN, andere im 5G. Unsere Box kann sich mit allen Sensoren verbinden und sie verknüpfen. Wir bündeln sie in unserer Cloud und übermitteln sie im Paket an das jeweilige Landtechnikunternehmen.
Ländliche Räume nicht lohnenswert für Telekommunikationsunternehmen
Wie hoch sind die Kosten dafür?
Bacic: Die Preise sind noch relativ hoch. Am Anfang ist eine neue Technologie immer teuer. Aber sie werden sinken. Derzeit kostet das notwendige Hardwareequipment noch ca. 3.000 € pro Traktor plus einer monatlichen Gebühr für den Service. Die Branche ist sich einig, dass der Antennenpreis dauerhaft unter 100 € sinken muss, damit sie standardmäßig eingebaut wird.
Wieso wird kein terrestrisches Netz „an jeder Milchkanne“ ankommen? Wieso muss sich der ländliche Raum anscheinend mit Satelliten anfreunden?
Bacic: Ein 5G-Netz kann nicht flächendeckend ausgerollt werden. Erstens gibt es physikalische Limitationen. Auf Ozeanen oder in Gebirgen können keine 5G-Masten stehen. Zweitens verhindern kommerzielle Gründe den Ausbau des terrestrischen Netzes in abgelegenen Gebieten. Wo zu wenige Menschen wohnen, lohnt sich das einfach nicht für die Telekommunikationsunternehmen.