Für ihren Premium-Cider „Kühbreinmost“ gewann ein Team aus Österreich den World Cider Award 2020. Die Gründer stammen von einem Milchviehbetrieb. Wir waren neugierig, was ihr Erfolgsrezept ist.
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Weder aus England noch aus Frankreich: Nicht aus einem der „Mutterländer“ der Cider-Produktion kommt der Sieger des heurigen World Cider Awards, sondern aus Gaal im Murtal: Das steirische Unternehmen KühbreinMost holte den Titel des „World’s best Sparkling Cider“ im vergangenen Jahr erstmals nach Österreich. Dies ist als echte Sensation zu bezeichnen. Galt doch der österreichische Apfelschaumwein oder Apfelsekt im weltweiten Vergleich bisher nicht gerade als einer der „Leuchttürme“.
Mit dem Sieg in diesem Jahr ist österreichischer Cider aber plötzlich in den Mittelpunkt des Interesses getreten. Schließlich misst sich die Crème de la Crème der internationalen Cider-Szene jährlich bei dem internationalen World Cider Award in Norwich, England. Der Award ist eine globale Auszeichnung, die an die besten internationalen Apfelwein- und Cider-Produzenten vergeben wird. Hinter dem Sieger KühbreinMost stehen Peter (25) und David (31) Kargl sowie dessen Freundin Beate (28). Der Name Kühbrein leitet sich vom Hofnamen des elterlichen Milchvieh-Betriebes ab. „Unsere Eltern Elisabeth und Peter führen einen Biovollerwerbsbetrieb mit 30 Milchkühen plus Nachzucht, 18 ha Grünland, 2 ha Mais und 8 ha Wald“, erklärt Peter Kargl.
Wir haben aus dem Bauerntrunk von früher ein Premiumgetränk entwickelt." - Peter Kargl
Most wird bereits seit 1958 am Hof produziert. „Unser Hof liegt auf knapp 900m Seehöhe. Nicht unbedingt typisch für den Obstbau – und gerade deshalb etwas ganz Besonderes“, erklärt der ältere der Kargl-Brüder, David. Am Kühbreinhof stehen in den 3 ha Streuobstwiesen 100 Apfelbäume. David half schon seit der Kindheit bei der Mostproduktion mit. 2009 übernahm er als Quereinsteiger die Most-Produktion von seinem Vater. Was als Hobby begann, entwickelte sich zur Leidenschaft – und inzwischen zu einer lukrativen Einnahmequelle.
Premiumgetränk aus Most
Vergleicht man den Most von damals mit dem exklusiven Apfelwein von heute, erkennt man nur wenige Gemeinsamkeiten. „Wir haben aus dem Bauerntrunk von früher ein Premiumgetränk entwickelt“, beschreibt Peter Kargl die rasante Entwicklung in diesem Zeitraum. Der 25-Jährige studiert Betriebswirtschaft in Wien und kümmert sich bei Kühbrein um das Marketing. „Schon damals hat es in der Steiermark mit der „Steirermost“ einige Top-Mostproduzenten gegeben“, erinnert sich David Kargl. Genauer gesagt, handelt es sich um die Vereinigung der besten neun Mostbetriebe der Steiermark. Der Jungmostbauer schloss sich der Gruppe an und nahm voller Tatendrang alles Wissenswerte um die Kunst der Mostproduktion von den Kollegen an.
Ziel der Steirermost-Gruppe ist: „Weg von alten Vorurteilen und den jungen, fruchtigen, spritzigen Most salonfähig machen.“ Auf allerhöchste Qualität wird schon bei der Auswahl der Äpfel geachtet, wobei auch alten, steirischen Sorten Beachtung geschenkt wird. Dies ist auch bei Kargls so. Zu den wichtigsten Sorten in der Verarbeitung zählen Champagner Renette, Kronprinz Rudolf, Ilzer Rosenapfel und Schafnase. Eine Spezialität ist die Sorte Red Love. Die rotfleischigen Äpfel mit besonderer Geschmacksnote beziehen Kargls vom Betrieb Zinner aus Kukmirn im Burgenland.
Die Äpfel aus dem eigenen Streuobstgarten werden im Oktober per Hand geerntet. Jährlich laden Kargls dazu Freunde und Bekannte aus der Region ein, die dieser Einladung auch immer gerne folgen. „In der Regel ernten wir mit etwa 30 Arbeitskräften“, berichtet David Kargl. Händisch wird geerntet, weil „das Gelände teils sehr unwegsam ist, und weil wir so immer gleich eine Qualitätskontrolle eingebaut haben“, erklärt Kargl weiter.
Zudem habe die Ernte am Kühbreinhof bereits Tradition für die Leute. Und nicht zu vergessen laut Kargl: „Durch das anschließende gemeinsame Essen aus der Gulaschkanone hat es sich zu einem richtig coolen Event entwickelt.“ Da sich in der Umgebung des Betriebes in Gaal viele weitere (oft ungenutzte) Streuobstwiesen befinden, ernten Kargls auch auf anderen Betrieben. „Mittlerweile sammeln wir Äpfel im Umkreis von bis zu 50 km von unserem Betrieb“, erläutert David Kargl. Einen weiteren Teil der Äpfel kaufen sie auch zum Preis von 10 bis 12 Ct/kg zu. In diesem Jahr haben sie rund 20 t Äpfel am eigenen Betrieb geerntet, weitere rund 15 t extern geerntet bzw. zugekauft.
Die meisten Fans hat dieses Getränk eindeutig unter jungen Damen." - Peter Kargl
Um die Äpfel zu besonderen, sortenreinen Apfelweinen bzw. Cider veredeln zu können, hat David Kargl seit 2016 in moderne Verarbeitungs- und Lagerungstechnik investiert. Dazu zählen die gemeinsam auf einen Hänger aufgebaute Waschanlage, Bandpresse, Pasteur und Abfüller. Damit können 500 bis 1.000 Liter Saft pro Stunde erzeugt werden. Der Apfelsaft wird entweder in Flaschen abgefüllt oder direkt in 1.000 bis 2.000 l-Edelstahltanks in den Mostkeller weitergeleitet. Insgesamt können hier 22.000 t roher Saft eingelagert werden.
In die Verarbeitungstechnik hat Kargl etwa 100.000 € investiert. Dafür gab es eine Förderung vom Austria Wirtschaftsservice. Um die Anlage besser auszulasten, übernimmt er auch die Lohnverarbeitung von Betrieben aus der Region. Ab einer Menge von 100 kg verarbeitet der Kühbreinhof die Äpfel um 90 Ct/l zu hofeigenem Apfelsaft.
Der wichtigste Schritt für David Kargl ist die „Kellerarbeit“ mit den Endprodukten Apfelwein bzw. Cider. Dazu zählt eine zunächst zwei- bis vierwöchige Vergärung mit Reinzuchthefen in dem temperaturgesteuerten Keller. „Anschließend wird der Most vom Hefedepot abgezogen“, fährt Kargl fort. „Danach liegt er noch vier bis acht Wochen auf Feinhefe, wo er seinen speziellen Charakter entfacht.“
Noch vor Weihnachten wird filtriert, vergleichbar mit Jungwein. Danach lagert der Jungmost rund eineinhalb Monate nach. Etwa Ende Januar füllen Kargls den Most dann in die 0,75 l-Flaschen ab, insgesamt etwa 30.000 Stück. „In der Kellerarbeit entscheide ich, welche Sorten für sortenreinen Most und welche für den Cider verwendet werden“, erzählt David Kargl. Und er erklärt, wie Cider hergestellt wird: „Vergorener Most wird mit Apfelsaft verschnitten und mit Kohlensäure versetzt.“ Hergestellt wird der Apfelsekt am Kühbreinhof aus leichten Apfelsorten wie Kronprinz Rudolf. „Mit dem halbtrockenen, spritzigen Cider sprechen wir vor allem die Zielgruppe der 16- bis 30-Jährigen an“, sagt Marketing-Chef Peter Kargl. „Die meisten Fans hat dieses Getränk eindeutig unter jungen Damen.“
Award treibt Vermarktung an
Der Sieg beim World Cider Award hat der Vermarktung einen zusätzlichen Kick gegeben. Etwa ein Drittel des Mostes bzw. Ciders gehen an den Einzelhandel – alles selbstständige Händler, wie Feinkosthändler oder auch Premiumhofläden. Je ein weiteres Drittel der Produktion wird online bzw. ab Hof verkauft. Wichtig ist laut Peter Kargl ein entsprechender Social Media-Auftritt: „Dadurch ist unsere Marke erst richtig cool und trendig geworden.“
Für uns ist es ganz wichtig, im Verkauf breit aufgestellt und nicht von einem Abnehmer abhängig zu sein." - Peter Kargl
Für den Ab Hof-Verkauf haben die Jungunternehmer einen neuen, sehr geschmackvoll eingerichteten Verkaufsraum gebaut. „Für uns ist es ganz wichtig, im Verkauf breit aufgestellt und nicht von einem Abnehmer abhängig zu sein“, sagt Peter Kargl. „Allein in diesem Jahr sind wir in 30 neuen Locations gelistet worden.“
Der Ab Hof-Preis liegt zwischen 4,10 und 4,90 €/0,75 l-Flasche Most sowie 2,50 €/0,33 l-Flasche Cider. In der Gastronomie wird der Cider zwischen 4,50 und 5 €/Flasche verkauft. Unterm Strich hat sich dieser Erwerbszweig bereits zu einer lukrativen Einnahmequelle entwickelt. Doch Marketingmann Peter Kargl denkt weiter: „Wir streben ein jährliches Wachstum von 20 % an.“ Dabei soll auch der Online-Verkauf über die Grenze hinaus (vor allem nach Deutschland) mithelfen. Gelingen soll dies über den steirischen Onlinehändler „Nice shops“. Und Kargl ergänzt: „Wir hoffen natürlich auch, künftig noch stärker in der gehobenen Gastronomie Fuß zu fassen. Dabei sollte uns der Gewinn des World Cider Awards zugutekommen.“