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Lesezeit: 4 Minuten

Mit einem gekonnten Blick fürs Tier, einer routinierten Ersthilfe und Akupunkturnadeln begleitet Familie Sievers schwere Geburten.


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Kalbende Kühe intensiv beobachten – so lautet der Grundsatz von Tanja, Tim und Ole Sievers, die gemeinsam einen Betrieb mit 85 melkenden Kühen in Hamdorf (Schleswig-Holstein) bewirtschaften. Während sich Tim und der 23-Jährige Sohn Ole vorrangig um die Tiere und den Futterbau kümmern, packt Mutter Tanja neben ihrer Arbeit in der eigenen Tierheilpraxis auch im Stall mit an.


Neben den Kühen befindet sich die gesamte Nachzucht auf dem Betrieb. Da Familie Sievers auf 110 Kühe aufstocken will, ohne fremde Tiere zuzukaufen, benötigen sie aktuell alle weiblichen Kälber für die eigene Remontierung. Die Bullen gehen in die hofeigene Mast. Damit der Start ins Leben optimal gelingt, betreut die Landwirtsfamilie die Geburten intensiv.


Ein Auge fürs Tier


„Wir wollen nicht zu früh in die Geburt eingreifen, da kann man viel kaputt machen“, sagt Tim Sievers. Erst wenn die Kuh unruhig wird oder zu lange kein Fortschritt zu sehen ist, helfen sie. Seit einem halben Jahr befindet sich eine Kamera zur Geburtsüberwachung über dem Abkalbestall. Die Kamera war bereits mehrmals hilfreich, so zum Beispiel auch im Februar: „Ich habe aus dem Büro gesehen, dass eine Kuh kalbt und das Kalb rückwärts kommt. Meine Männer waren auf dem Feld und sind daraufhin direkt nach Hause gekommen“, erzählt Tanja Sievers. Jetzt muss es schnell gehen, damit das Kalb so wenig wie möglich vom Fruchtwasser einatmet.


Nach schweren Geburten wie dieser, folgt der routinierte Ablauf. Besonders Tanja übernimmt die Versorgung der Kleinen, wenn sie vor Ort ist: Zuerst der Griff auf die Nase. „Ich drücke mit dem Fingernagel fest auf die Nasenspitze, mittig zwischen den Nasenlöchern. Nach wenigen Sekunden schnaufen die Kälber meistens kräftig und stoßen Schleim und Fruchtwasser aus.“ Mit einer Kaltwasserdusche über Kopf und Nacken versucht sie zusätzlich den Kreislauf und die Atmung anzuregen. Falls die Kuh noch nicht mit dem Trockenlecken begonnen hat, reiben die Landwirte den Nachwuchs kurzerhand mit Stroh trocken. „Zu dem Zeitpunkt war es bei uns sehr kalt und windig und die Kuh leckte das Kalb nicht komplett trocken. Da habe ich einen Föhn geholt und den Rest erledigt“, erinnert sich Sievers schmunzelnd.


Sobald das Fell der kleinen Schützlinge vollständig getrocknet ist, bekommen sie in den Wintermonaten grundsätzlich eine Kälberdecke aufgelegt. Diese behalten sie je nach Witterung für zehn bis 14 Tage an.


Über die Schulmedizin hinaus


Fällt den Kälbern das Atmen direkt nach der Geburt noch schwer und der Kreislauf ist noch nicht in Schwung, greift die 47-Jährige zu Akupunkturnadeln, die sie in einem Etui immer in der Hosentasche hat. Eine kleine Nadel mit 0,2 mm Durchmesser und einer Länge von 13 mm setzt sie auf den sogenannten Notfallpunkt mitten auf der Nase des Kalbes, auf den sie zuvor fest mit dem Finger gedrückt hatte. „Das stimuliert die Atmung verstärkt.“ Um auch den Kreislauf anzuregen, piekst sie je eine weitere Nadel in die Schwanzspitze und in eine Ohrspitze. Die dünnen Nadeln sind mit Silikon überzogen, damit sie sich leichter setzen lassen. Nach zehn bis 20 Minuten entfernt die Tierheilpraktikerin die Nadeln wieder.


Nach schweren Geburten nehmen die Kälber häufig auch schlechter Biestmilch auf. Um das Trinkverhalten zu stimulieren, greift Tanja Sievers zu einer sogenannten Moxa-Zigarre, die aus Beifußkraut besteht. „Ich zünde die Zigarre an und halte sie mit etwas Abstand an den Nabel des Kalbes. Das funktioniert eigentlich immer.“ Zur Kontrolle hält sie einen Finger daneben, um Verbrennungen auszuschließen.


„Man muss seine Grenzen mit der alternativen Medizin kennen, dann funktioniert das gut“, so die Tierheilpraktikerin. Ist nach einer schweren Geburt der Mund-Nasenbereich angeschwollen, geben die Sievers dem Neugeborenen grundsätzlich Schmerzmittel. Hat ein Tier Fieber, rufen sie den Tierarzt.


Vorbeugende Bullenauswahl


Die Herde von Familie Sievers besteht zu 60% aus Rotbunt Doppelnutzung (DN) und zu 40% aus Deutschen Holsteins, die hauptsächlich rotbunt sind. Schlechtere Kühe, von denen sie keine Nachzucht wollen, besamen sie mit einer Fleischrasse. Oft haben die Landwirte zu Weißblauen-Belgiern gegriffen, mittlerweile tendieren sie zu Angus-Bullen. „Die Geburten sind für die Kühe deutlich leichter und trotzdem haben wir später ein Kalb mit besseren Masteigenschaften.“ -af-

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