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Arla will die MUH schlucken

Lesezeit: 7 Minuten

Arla und die Milch-Union Hocheifel wollen fusionieren. Das könnte die Rettung für die Eifel-Molkerei sein. Und für Arla der Sprung auf Platz drei in Deutschland.


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Der Mann hat eine Vision und setzt sie konsequent um: Ende 2008 kündigte Arla-Geschäftsführer Peder Tuborgh an, dass er die neue Nummer drei in der deutschen Molkereilandschaft werden will. Jetzt, keine vier Jahre später, ist er fast am Ziel: Der Molkereikonzern mit Sitz im dänischen Viby will die Milch-Union Hocheifel (MUH) aus Pronsfeld übernehmen. Damit würde Arla den Umsatz in Deutschland von knapp 900 Mio. € (inkl. Importgeschäft) auf über 1,5 Mrd. € erhöhen. Die Skandinavier wäre somit das drittstärkste Unternehmen, hinter dem Deutschen Milchkontor DMK (ca. 4,0 Mrd. €) und der Unternehmensgruppe Theo Müller (ca. 2,2 Mrd. €) .


Und damit nicht genug: Sie wollen im gleichen Atemzug auch mit der britischen Genossenschaft Milk Link fusionieren (siehe Kasten). Mit diesem Doppelschlag würde Arla den Konzernumsatz von 7,4 Mrd. € auf 8,5 bis 9,0 Mrd. € steigern. Die verarbeitete Menge würde sich auf rund 12,0 Mrd. kg belaufen. Damit wäre Arla die neue Nummer vier der Welt. Die Genossenschaft hätte rund 12 300 Mitglieder in Dänemark, Schweden, Deutschland, Belgien, Luxemburg und Großbritannien.


Arla erobert Deutschland.

Für Arla zählt Deutschland zu einem von sechs Kernmärkten (Übersicht 2; Seite R 8).


Zunächst waren die Skandinavier mit einem Verkaufsbüro in Düsseldorf und einer Firmenbeteiligung in Harbansen, die Milchinhaltsstoffe für die Industrie produziert, vertreten. Im April 2011 fusionierte der Molkerei-Gigant mit der Hansa-Milch. So bekam er in Upahl und Karstädt die ersten beiden deutschen Produktionsstandorte. Durch die Fusion zur Hansa Arla Milch wurden 645 deutsche Milchbauern (indirekt) Mitglied bei Arla.


Im November 2011 übernahm Arla dann die Allgäuland-Käsereien mit Sitz in Wangen im Allgäu. Dort wird noch in Bad Wörrishofen, Sonthofen und Kissleg produziert. Die Lieferanten der Arla Foods Käsereien sind keine Mitglieder.


Zur Milchmenge in Deutschland will Arla keine Angaben machen. Nach Branchenauswertungen dürfte diese bei knapp 1 Mrd. kg liegen. Hansa Arla Milch verarbeitet insgesamt ca. 720 Mio. kg Milch, 370 Mio. kg stammen von Mitgliedern. Weitere 238 Mio. kg hat der Konzern für die Arla Foods Käsereien unter Vertrag.


1 540 Mitarbeiter in Deutschland erwirtschafteten zuletzt einen Umsatz von 726 Mio. €. Zur Produktpalette gehören Käsespezialitäten und Milchprodukte.


Im deutschen Absatzmarkt ist Arla gut positioniert: Mit Allgäuland hat sich der Konzern in die einkommensstarke Region Süddeutschland eingekauft. Durch die Fusion mit der MUH würde er sich nun im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet platzieren (Übers. 1). „Damit hätte sich Arla strategisch ideal in Deutschland verteilt“, sagt Dr. Hans-Jürgen Seufferlein vom Milcherzeugerverband Bayern.


MUH unter Druck:

Die MUH gehört mit einer verarbeiteten Milchmenge von 1,32 Mrd. kg zu den größten H-Milch-Herstellern Europas. Die 2 800 Mitglieder der Genossenschaft stammen aus Deutschland, Belgien und Luxemburg. Täglich werden rund 3,5 Mio. kg Milch am einzigen Standort in Pronsfeld verarbeitet. Die Betriebsstätte zählt zu den größten und leistungsfähigsten in ganz Europa. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die MUH einen Umsatz von 693 Mio. € und zählt damit zu den Top 10 in Deutschland. Zur Produktpalette gehören fast nur Produkte der weißen Linie wie H-Milch, Trinkmilch, Kondensmilch, Sahne und Schmand.


Das wird dem Unternehmen jetzt zum Verhängnis: Jahrelang hat die MUH gute Milchpreise gezahlt. Seit 2009 ist sie allerdings stark abgesackt. Im vergangenen Jahr lag der Auszahlungspreis mit 32,9 Cent/kg (4,0 % Fett; ohne Nachzahlung) fast 2,0 Cent unter Bundesschnitt.


Der Grund: Die Molkerei hat sich extrem auf das Massenprodukt H-Milch spezialisiert, aber keine Wertschöpfung aufgebaut. Das bekommt sie bei den Preisabschlüssen mit dem Handel so stark wie kaum eine andere Molkerei zu spüren.


Nach dem Minus von rund 2,5 Cent für die weiße Linie bei den Verhandlungen im November 2011, hat der Handel im Mai dieses Jahres nochmals eine Preissenkung von 6 Cent durchgesetzt. „Damit ist die Verwertung für Trinkmilch von 29 Cent auf etwa 25 Cent abgerutscht. Mehr Geld lässt sich damit nicht erwirtschaften“, rechnen Branchenkenner vor.


Bauerngeld verbrannt?

Die MUH hat bis April dieses Jahres aber 32 bis 30 Cent ausgezahlt. Insider vermuten, dass dafür Eigenkapital verbrannt wurde, was MUH-Chef Rainer Sievers aber bestreitet: „Auch in den vergangenen Monaten haben wir die Milchauszahlungspreise voll erwirtschaftet!“


Fest steht, dass die Pronsfelder durch die schlechten Abschlüsse mächtig unter Druck geraten sind und dringend Alternativen benötigen. Deshalb investieren sie bereits in einen Trockenturm samt Butterei und haben Kooperationen mit der Schwälbchen-Molkerei und der Molkerei Ammerland geschlossen. „Das alles ist hilfreich, verbessert den Milchpreis aber nicht ausreichend“, sagt Sievers.


Fusionsgespräche hat der Geschäftsführer mit mehreren Unternehmen geführt, beispielsweise dem DMK oder FrieslandCampina. Eine Kooperation oder Fusion mit der Nachbarmolkerei Hochwald hat Sievers immer abgelehnt.


Durch den Zusammenschluss mit Arla will er vor allem das internationale Geschäft weiter ausbauen. Arla ist mit Marken wie Kaergarden, Buko und Lurpark weltweit bestens aufgestellt: Der Konzern produziert in 13 Ländern, hat in 20 Ländern Vertriebsniederlassungen und exportiert in über 100 Länder. Die Wachstumsmärkte sieht Geschäftsführer Tuborgh in Russland, Polen, USA, China, dem Nahen Osten und Nordafrika.


Auf diesen Zug will die MUH jetzt aufspringen. „So könnten wir unsere Strategie der Internationalisierung fortsetzen. Bereits jetzt erzielen wir 40 % unseres Umsatzes im Ausland“, sagt Sievers.


Aus Sicht der Molkerei-Branche ist es schade, dass sich kein deutsches Unternehmen als Partner für die MUH gefunden hat. Einige sprechen bereits vom „Ausverkauf der deutschen Molkereiwirtschaft“ und befürchten ähnliches wie in der Fleischbranche. Hier ist der „Ausländer“ Vion bis auf Platz zwei aufgestiegen.


Entscheidung Ende Juni:

Ob es tatsächlich zur Fusion von MUH und Arla kommt, entscheidet sich am 26. Juni. Dann stimmen die Vertreter beider Genossenschaften über die Pläne ab. Benötigt wird jeweils eine Dreiviertelmehrheit.


Die Fusion soll wie bei der Hansa-Milch ablaufen: Die MUH bliebe als Genossenschaft bestehen und würde der Genossenschaft Arla beitreten. MUH wird mit neun Personen in der Vertreterversammlung und zwei Personen im Aufsichtsrat sitzen.


MUH-Mitglieder müssen keine neuen Verträge abschließen. Innerhalb eines Monats nach Zustimmung zur Fusion hätten sie ein Sonderkündigungsrecht. Zudem müsste die Satzung geändert werden, da beispielsweise der Geschäftsbetrieb der MUH an Arla übergeht.


Arla garantiert den MUH-Mitgliedern eine uneingeschränkte Milchabnahme, auch nach dem Quotenende 2015. Zudem soll sich der Milchpreis auf derselben Grundlage berechnen wie für alle anderen Arla-Mitglieder. „Ziel ist ein stabiler Milchpreis auf hohem Niveau“, sagt MUH-Geschäftsführer Sievers.


Wie geht’s weiter?

Beide Unternehmen rechnen fest mit der Zusage der Vertreter.


Arla fährt einen strikten Wachstumskurs. Das sind die Milcherzeuger des Unternehmens gewohnt. Der Konzern muss 80 % der Milch aus Dänemark exportieren. Mit der MUH hätte Arla noch stärkeren Zugriff auf Deutschland und könnte den Export ausbauen. Zudem stellt der Konzern den skandinavischen Mitgliedern beim Gelingen der Fusion eine Einmalzahlung für 2013 von 0,8 Cent/kg in Aussicht. Gleichzeitig soll der Abschlag vom Milchgeld von 6,0 auf 4,5 % sinken. Damit finanziert Arla Zukunftsinvestitionen.


Viele MUH-Milcherzeuger sehen in Arla den starken Partner, mit dem sie sich breiter aufstellen können. „Eigentlich bleibt uns doch keine andere Wahl: Entweder zu Arla, oder der Milchpreis schmiert weiter ab“, sagt ein Landwirt.


Die EU-Kommission muss ebenfalls grünes Licht geben. Aber auch hier erwarten beide Unternehmen keine Einwände, da die Produktpaletten unterschiedlich seien. Der Zusammenschluss könnte zum 1. September oder 1. Oktober erfolgen.


Wie sich der Milchpreis der MUH bis dahin entwickeln wird, ist fraglich. Denn offen ist, ob und wann Arla eingreift und die fallenden Auszahlungspreise abfedert.


Für die Branche könnte die Fusion Signalwirkung haben. Dem Handel stände ein stärkerer Partner gegenüber, der ein breites Produktportfolio anbietet. Das könnte andere Unternehmen der weißen Linie unter Zugzwang setzen. Dazu zählen u. a. das DMK, die Hochwald-Molkerei, die Hohenloher Molkerei oder Omira. Möglicherweise gelingt es dann, das Angebot weiter zu bündeln und dem Handel mehr Paroli zu bieten. Den Milcherzeugern wäre es zu wünschen! P. Liste

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