Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Aus dem Heft

Bei Hitze: Schatten, Wasser und Luft für Kälber

Lesezeit: 7 Minuten

Hohe Außentemperaturen und eine pralle Sonneneinstrahlung sorgen in Kälberbehausungen schnell für tropische Temperaturen. So können Sie Hitzestress bei Kälbern vermeiden.


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wenn die Temperaturen nach oben klettern, schauen viele Landwirte besorgt in den Kuhstall. Ventilatoren und Sprühkühlungen laufen auf Hochtouren und die Tränkebecken sind gefüllt.


Zugleich sollte der Blick aber auch zu den Kälbern wandern. „Die Tiere sind der Schiedsrichter“, sagt Prof. Dr. Martin Kaske vom Kälbergesundheitsdienst in der Schweiz. Die Kälber zeigen dem, der genau hinschaut, von allein, was ihnen gefällt, so der Experte. Meiden die Kälber Stallbereiche bei hohen Temperaturen, scheint es dort ein Problem wie Hitze oder schadgashaltige Luft zu geben. Das zu erkennen, sei der erste Schritt – danach konsequent zu handeln eine Grundeinstellung.


Denn auch Kälber können massiv unter hohen Temperaturen leiden. Erhalten sie keinen Schutz vor der Hitze im Sommer, sind Stress, verringerte Tageszunahmen und höhere Tierverluste in der Aufzucht vorprogrammiert.


Die Anzeichen


„Jungtiere geben zwar noch keine Milch, aber produzieren durch ihr hohes Wachstum ebenso Körperwärme“, sagt Dr. Christian Koch von der Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung Hofgut Neumühle (Rheinland-Pfalz).


Die thermoneutrale Zone von Tränkekälbern liegt bei einer Luftfeuchte von 50 bis 60% zwischen 15°C und 25°C. Das heißt, dass die Kälber in diesem Bereich keine zusätzliche Energie zur Aufrechterhaltung ihrer Körpertemperatur aufbringen müssen. Die sogenannte „Komfortzone“ ist allerdings von zahlreichen Faktoren abhängig, weiß Kaske: „Das Haarkleid des Tieres, die Einstreu, die Sonneneinstrahlung und besonders die Luftfeuchtigkeit beeinflussen die thermoneutrale Zone stark.“ Es kann also auch schon unter 25°C Außentemperatur zu Hitzestress kommen, wenn beispielsweise direkte Sonnenstrahlen das Tier durch die Strahlungsenergie aufheizen.


Hitzestress äußert sich bei Kälbern ähnlich wie bei Kühen:


  • Sie schwitzen,
  • die Atmung ist verstärkt,
  • Maulatmung tritt auf,
  • sie stehen mehr,
  • die Aktivität nimmt ab,
  • die Futteraufnahme geht zurück und
  • die Wasseraufnahme steigt.


Die Kälber versuchen auf diese Weise ihre Körpertemperatur zu regulieren. Das kostet jedoch Energie. Zusätzlich zu der verringerten Futteraufnahme führt dies in Summe zu geringeren Tageszunahmen. Ebenso schwächt der Stress das Immunsystem der Kälber. Kälberverluste im Sommer können also auf Hitzestress zurückzuführen sein.


Bei längeren Hitzeperioden kommt erschwerend hinzu, dass Kälber von hitzegestressten Müttern einen schlechteren Start in das Leben haben können: Sie wiegen bei der Geburt weniger und nehmen eine geringere Menge an Immunglobulinen auf (siehe „Hitzestress schadet schon im Mutterleib“, S. R23).


Das Hilft bei Hitze


„Um die tatsächlichen Temperaturen bei den Kälbern wahrzunehmen, kann ich nur empfehlen, sich bei Sommerhitze selbst einmal in den Liegebereich zu setzen. Dann fühlt man sofort, warum die Kälber unter Stress geraten“, sagt Koch. In Iglus können die Tiere den möglicherweise aufgeheizten Innenraum zumindest verlassen, das kann für Abkühlung sorgen. Allerdings herrscht dann auch Sonnenbrandgefahr. Bei Kälberhütten und in Einzelboxen im Stall können die Tiere sich nicht zurückziehen.


Bereits einfache Maßnahmen schützen die Kälber:


Beschattung: „Die wichtigste und logischste Maßnahme gegen Hitze ist es, Abkühlung durch Schatten zu schaffen – egal wie“, sagt Kaske. Das belegen auch Studien: Temperaturmessungen in Kälberiglus zeigen, dass die Innenraumtemperatur ohne Beschattung durch Sonnenstrahlung bis zu 10°C über der Außentemperatur liegt (siehe Übersicht Seite R20). Das waren in diesem Fall 40°C im Aufenthaltsbereich des Kalbes! In Iglus, die im Schatten stehen, liegt die Innentemperatur hingegen nur leicht über der Außentemperatur.


Ob eine Wand, Bäume oder ein Dach den Schatten werfen, ist dabei zunächst zweitrangig. Wer schnell Abhilfe schaffen muss, kann ein Windschutznetz aufhängen oder Strohballen aufstapeln und so den Tierbereich vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. „Alle Lösungen sollten zudem zumindest einem Sommergewitter standhalten“, sagt Kaske.


Koch ergänzt: „Die Öffnungen der Iglus und Hütten sollten Landwirte so ausrichten, dass die Sonne nicht direkt auf den Liegebereich strahlt.“


Isolierung: Als Wärmeschutz im Stall ist eine Dachisolierung sehr effektiv. Auch bei Kälberhütten und Iglus kann ein isoliertes Dach bzw. die Wahl von weniger wärmeleitenden Baumaterialien das Aufheizen des Innenraums deutlich verringern.


Vorsicht ist bei Selbstbaulösungen angesagt. Kälberiglus aus Kunststoff-Containern haben beispielsweise sehr dünne Außenwände und schützen so schlechter vor jeglichen Witterungseinflüssen.


Luft: Eine Lüftung dient dem Luftaustausch im Stall und soll Schadgase aus dem Tierbereich heraustransportieren, bzw. Frischluft herein. Eine Kühlung soll die Tiere hingegen aktiv kühlen.


In Kälberställen stößt die natürliche Lüftung zu allen Jahreszeiten schnell an ihre Grenzen, so Koch. Entweder droht Zugluftgefahr oder die Kälber stehen in „dicker“ Luft. Landwirte greifen dann beispielsweise zu Schlauchlüftungen. Diese sollten sie jedoch nur nach fachkundiger Berechnung und Beratung einbauen (siehe auch top agrar 3/2017, Seite R18: Die Löcher müssen passen). Beim Einsatz von Schlauchlüftungen empfiehlt Koch automatische Regelungssysteme. So lassen sich starke Tag-Nacht-Schwankungen ausgleichen und kontrollieren. Auch andere Maßnahmen zur Zwangslüftung, wie z.B. der Einsatz von Ventilatoren, sollten gerade bei den zugempfindlichen Kälbern gut geplant sein. Sonst drohen genauso Atemwegsprobleme wie bei der zu geringen Lüftung.


„Beim Kauf von Kälberiglus sollten Landwirte Modelle wählen, die Lüftungsklappen haben“, sagt Kaske. In vielen Eigenbauten würden diese gänzlich fehlen. Zwischen den Iglus sorgt im Sommer ein Abstand von mindestens einem Meter zusätzlich für eine bessere Luftzirkulation, so der Kälberexperte.


Für einen höheren Luftaustausch im Innenraum des Iglus kann bei Bedarf auch das Aufbocken der Rückseite, z.B. mit einem Backstein sorgen. Dafür darf die Mistmatratze im Liegebereich allerdings nicht zu hoch sein, da ansonsten keine Luft einströmen kann.


Wasser: „Kälber brauchen ausnahmslos vom ersten Tag an freien Zugang zu frischem Wasser“, betont Koch. Studien aus den USA haben gezeigt, dass Kälber mit restriktivem Milchangebot in den ersten 16 Lebenstagen im Durchschnitt 0,75 kg Wasser täglich trinken. Bei steigenden Temperaturen brauchen sie durch das Schwitzen, die starke Atmung und die geringere Milchaufnahme umso mehr. Auch Durchfall führt zu einem höheren Wasserbedarf. Das Wasser sollten Landwirte aus offenen Wasserflächen (Schalen, Eimer, Schalentränken) und nicht im Nuckeleimer anbieten. So gelangt es in den Pansen und nicht wie beim Nuckeln durch den Schlundrinnenreflex direkt in den Labmagen.


Fütterung: Hitze verdirbt den Appetit. Es bietet sich daher an, die Tränkezeiten möglichst in die kühleren Tageszeiten früh morgens und spät abends zu verlegen. Martin Kaske betont in diesem Zusammenhang: „Kälber brauchen mehr als nur drei Liter Milch pro Tränkung.“ Er plädiert grundsätzlich für höhere Tränkemengen in der Kälberaufzucht, um die Tiere bedarfsgerecht zu versorgen. Wer Vollmilch oder Milchaustauscher ad libitum tränkt, sollte die angebotene Milch vor Verderb und Fliegen schützen und Reste täglich entsorgen.


In den ersten Lebenswochen nehmen Kälber nur spärlich Kraftfutter auf. „Wir müssen den Kälbern daher immer frische und kleine Mengen an hochwertigem Kraftfutter anbieten“, sagt Kaske. Gerade im Sommer ist altes und eingespeicheltes Kraftfutter ein Keimreservoir und regt die Tiere so erst recht nicht zur frühzeitigen Futteraufnahme an.


Hygiene: Hohe Temperaturen begünstigen mikrobielles Wachstum.


Tränkeautomaten, Tränkeeimer, Wasserbecken und Futterstationen müssen Rinderhalter insbesondere in der Sommerzeit noch regelmäßiger und intensiver reinigen. Das schützt das Immunsystem der Kälber vor zusätzlicher Belastung.


Sommerzeit ist zudem Fliegenzeit –und Fliegen stören die Kälber stark. Das kann das Wohlbefinden und die Leistung der Kälber senken. Am effektivsten wirkt dagegen eine kombinierte Bekämpfung: Larvizide töten die Fliegenbrut in der Gülle und dem Mist. Kontaktinsektizide bekämpfen die entwickelten Fliegen. Regelmäßiges Ausmisten verringert ebenso den Befall.


Umgang: Alle für die Kälber belastenden Arbeiten (Enthornen, Behandeln, Umstallen ...) sollten in den kühlen Tageszeiten stattfinden. Das schont den Kreislauf der Tiere – und den der Menschen ebenso.


julia.hufelschulte@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.