Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Biomilch: Gut bezahlt und heiß begehrt

Lesezeit: 5 Minuten

Biomilch bringt 20 Cent mehr als konventionelle Milch. Und Bio-Molkereien suchen händeringend Milch. Dennoch stellen Landwirte nur verhalten auf Bio um. Warum?


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Rekord: Rund 20 ct/kg liegt aktuell der durchschnittliche Biomilch-­Preis über dem Preis für konventionelle Milch (Übersicht 1). Die Bio-­Molkereien haben im Oktober 2015 je nach Bundesland bzw. Region im Schnitt zwischen 46,1 und 48,8 ct/kg gezahlt (Übersicht 2). Einzelne Unternehmen haben dabei über 50 ct/kg ausgezahlt. Die konventionellen Milchpreise sind hingegen nahezu flächendeckend unter die 30 Cent-Marke gerutscht.


Zwei Effekte haben den Höhenflug der Biomilch-Preise ausgelöst:


  • Hohe Nachfrage, hohe Preise: Die Nachfrage nach Biomilch-Produkten legt zu. Beispielsweise stiegen die Einkaufsmengen von Bio-Konsummilch laut AMI-Analyse von Januar bis Oktober 2015 um 11,6 %. Auch bei Bio-Käse war die Nachfrage größer als im Vorjahr. Gleichzeitig blieben die Preise für Biomilch-Produkte stabil oder stiegen.
  • Wenig Biomilch-Zuwachs: 2014 ist die Biomilch-Menge in Deutschland noch um 3,9 % auf 708 055 t gewachsen. 2015 dürfte sie nur um etwa 1,0 % gestiegen sein, schätzt die AMI. In den starken Biomilch-Ländern Dänemark und Österreich ist die Menge im ersten Halbjahr 2015 sogar gesunken.


Molkereien suchen Biomilch.

Aufgrund der guten Marktlage suchen viele Bio-Molkereien Milch. Einige Beispiele:


  • Der Molkereikonzern Arla Foods verarbeitet in Deutschland ca. 150 Mio. kg Biomilch an den Standorten Upahl (Mecklenburg-Vorpommern) und im Allgäu. Das Gros der Biomilch stammt aus Deutschland, ein Teil aber auch aus Belgien und Dänemark. Konzernweit sucht Arla bis 2017 bis zu 250 Mio. kg mehr Biomilch. Der Großteil davon soll aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg kommen.
  • Die Gläserne Molkerei erhöht die Verarbeitungsmenge ebenfalls kontinuierlich. In Münchehofe (Brandenburg) und Dechow (Mecklenburg-Vorpommern) verarbeitet die Bio-Molkerei derzeit zwischen 110 und 120 Mio. kg Biomilch. Diese stammt von ca. 165 Betrieben, von denen 15 aus Tschechien und einer aus Polen kommen. Im Januar 2016 sind zehn weitere Milcherzeuger aus Dänemark hinzugekommen. Bis 2018 soll die Biomilch-Menge auf 130 Mio. kg steigen.
  • Die Andechser Bio-Molkerei Scheitz (Bayern) verarbeitet derzeit rund 92 Mio. kg Biomilch. Sie wirbt auf Veranstaltungen um neue Lieferanten.
  • Die Bayerische Milchindustrie (BMI) erfasst etwa 28 Mio. kg Biomilch. Ihr Bedarf ist aber deutlich höher. 2015 verarbeitete die BMI 60 Mio. kg Biomilch und über 200 Mio. kg Bio-Molke. Deshalb wirbt sie um neue Lieferanten.
  • Die Molkerei Gropper (Bayern) will ihre Erfassung von gut 50 Mio. kg Biomilch bis 2020 verdoppeln.
  • Die Upländer Bauernmolkerei aus Willingen (Hessen) verarbeitet aktuell 34 Mio. kg und sucht weitere Biomilch.


Bisher importiert Deutschland noch rund 30 % des Bedarfs an Biomilch und Biomilchprodukten aus dem Ausland. Das hat mit der vom Verbraucher gewünschten „regional erzeugten Biomilch“ wenig zu tun. Deshalb soll der Import-Anteil sinken: Die Bundesregierung hat die staatliche Förderung für die Umstellung von konventioneller auf biologische Milchproduktion verbessert. Und die Bio-Molkereien machen die Umstellung mit Boni schmackhaft. Beispielsweise zahlt die Molkerei Gropper eine Umstellungsprämie von 1 ct/kg, bis sie die Milch als Bio-Ware verarbeiten kann. Arla zahlt im letzten halben Jahr der Umstellungsphase bereits den vollen Bio-Zuschlag, obwohl die Molkerei die Milch konventionell vermarkten muss.


Nur verhaltene Umstellung:

Dennoch stellen Milcherzeuger nach Aussage von Molkereien und Experten nur verhalten von konventioneller auf biologische Produktion um. Ludwig Huber, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, macht das an drei Punkten fest:


  • Markt-Unsicherheit: Die Umstellung kann bis zu zwei Jahre dauern. Momentan ist die Marktsituation deutlich zugunsten von Biomilch. Doch wie es in zwei Jahren ist, kann niemand sagen. Die deutlich höheren Kosten während der Umstellungsphase bei weiter niedrigen Erlösen aus konventioneller Vermarktung verschärfen die Unsicherheit.
  • Knappe Fläche: Biologische Milchproduktion verlangt mehr Fläche. Umsteller müssen deshalb Fläche zupachten, was in vielen Regionen nicht möglich oder nicht bezahlbar ist. Oder sie müssen ihre Tierzahl abstocken, was viele Landwirte aber nicht wollen.
  • Anbindehaltung: Vor allem in Bayern halten viele potenzielle Umstellungsbetriebe ihre Kühe noch in ganzjähriger Anbindehaltung. Das schließt die Umstellung auf Bio aus. Ausnahmen sind nur für Anbindestallbetriebe mit Auslauf und Weide möglich.


Hubers Fazit: „Es wird mehr Umsteller geben, aber keine Explosion.“


Ähnlich sieht dies Rüdiger Brügmann von Bioland. Er rät dazu, die Marktentwicklung genau zu beobachten. „Erstens ist nicht der Milchpreis-Abstand bio zu konventionell entscheidend, sondern stabile Biomilch-Preise auf hohem Niveau. Der Abstand wird sich auch wieder verringern, wenn der konventionelle Milchpreis steigt. Und zweitens sollten sich Milcherzeuger nur einer Bio-Molkerei anschließen, die ein tragfähiges Konzept für die Zukunft hat.“


Zudem sollten Milcherzeuger erst dann umstellen, wenn sie die Zusage einer Bio-Molkerei haben. Und sie sollten sich im Klaren sein, dass die Umstellung auf biologische Milchproduktion den Betriebsablauf umkrempelt, beispielsweise bei der Fruchtfolge und der Fütterung. Brügmann rät potenziellen Umstellern deshalb dringend, sich betriebsindividuell beraten zu lassen.


Umstellungszeit verkürzen?

Ein heißes Eisen für die Branche ist eine mögliche Verkürzung der Umstellungszeit. Aus Sicht der Marktwirtschaft wäre das momentan wünschenswert, da Milcherzeuger so schneller von der guten Lage auf dem Biomilchmarkt profitieren könnten. Die strengen Bio-Richtlinien sprechen aber dagegen.


Allerdings lässt sich die Umstellungszeit deutlich verkürzen. Bei Bioland gelingt das zum Beispiel, wenn der Milch-erzeuger an bestimmten Maßnahmen des bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) oder am Vertragsnaturschutz teilnimmt.P. Liste

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.