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Boxenlaufstall erweitern oder neu bauen?

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Boxenlaufstall aus den 80er Jahren ist eine einzige Katastrophe, klagt Milcherzeuger Peter Kloos (Name geändert). Er ist viel zu eng, zu niedrig, zu dunkel und hoffnungslos überbelegt. Wir müssen ihn dringend erweitern oder gleich neu bauen. Doch welche Lösung ist die richtige? Vor dieser Frage stehen zahlreiche Milcherzeuger, die noch in Boxenlaufställen der ersten Generation aus den 70er und 80er Jahren wirtschaften. Die meisten dieser Ställe sind hoffnungslos veraltet, vor allem in den Abmessungen, Zuordnungen und Grundrissen. Die großen Fortschritte der letzten Jahre in Fütterungs- und Melktechnik, Kuhkomfort, Herdenmanagement und Züchtung erfordern völlig neue Stallkonzepte, die sich in vielen Altgebäuden gar nicht oder nur mit hohem Aufwand umsetzen lassen. Viele Investitionen in Altgebäude sind deshalb eine Sackgasse für die weitere betriebliche Entwicklung. Was Berater empfehlen Ein Kostenvergleich von Neu- und Umbau zeigt: Umbauten werden oft ähnlich teuer wie ein Neubau, aber viele Probleme des alten Stalles bleiben so Volker Rudloff aus Rheinland-Pfalz. Der Bauberater Dietrich Benninger aus Niedersachsen rät von einem Umbau eines älteren Boxenlaufstalls ab, wenn 60 bis 65 % der vergleichbaren Neubaukosten überschritten werden. Christiane Brandes aus Mecklenburg- Vorpommern meint, dass betroffene Betriebe das derzeit niedrige Zinsniveau und die Flaute am Baumarkt für dringend benötigte Investitionen nutzen sollten. Sie berichtet: Bei zahlreichen realisierten Bauten lag der Umbau bei 70 bis 90 % der Neubaukosten. In einem konkreten Fall waren die Kosten für einen Neubau im Vergleich zum Umbau gerade 50 Euro je Kuhplatz höher. Für Reinhard Seevers aus Niedersachsen stellt sich bei 80 % der Umbauten später heraus, dass der Umbau ein Fehler war, weil die Weiterentwicklung des Betriebes verbaut ist. Daher ist bei jedem Bau kritisch zu prüfen, ob es sich noch lohnt, in den alten Stall Geld zu investieren. Die Entscheidung sollte danach gefällt werden, wie gut ein Umbau und erst recht ein Neubau folgende Anforderungen erfüllt: ? Erweiterbarer Standort ? Qualität der Bausubstanz ? Optimale Arbeitsabläufe ? Arbeitskomfort ? Kuhkomfort ? Finanzierbarkeit Standort prüfen Viele alte Boxenlaufställe sind durch heranrückende Wohnbebauung, ungünstig angeordnete Wirtschaftsgebäude oder durch abschüssiges Gelände eingeengt. Eine spätere Erweiterung ist kaum möglich. Manchmal können noch einige Boxen angeschleppt werden, dann sind aber die Erweiterungsmöglichkeiten endgültig ausgenutzt. Christiane Brandes berichtet: In den Beratungsgesprächen versuchen wir zu ermitteln, wohin sich der Betrieb in 5 bis 10 Jahren entwickeln möchte und in welchen Schritten das Wachstum realisierbar ist. Diese Frage sollte sich jeder Betriebsleiter intensiv beantworten, bevor größere Investitionen getätigt werden. Zusätzlich muss bei einer langfristigen Betriebsentwicklung an die Aspekte des Bundes- ImmissionschutzGesetzes (BImSch) gedacht werden. Dies betrifft nicht nur Betriebe in den neuen Bundesländern, wo sich viele Altanlagen in unmittelbarer Ortsrandlage befinden und Abstandsflächen unterschritten werden. Zunehmend fallen auch veredelungsintensive Familienbetriebe der alten Bundesländer unter diese Regelung. Für die Betriebsentwicklung und Liquiditätsplanung bedeutet die BImSch- Pflicht einen um ca. 9 bis 12 Monate verlängerten Genehmigungszeitraum und finanzielle Mehraufwendungen. Zu den ersten Planungsgesprächen gehören daher nicht nur der Unternehmensberater und planende Ingenieure, sondern auch ein Bearbeiter für die Umweltbelange. Nur in diesem Personenkreis gemeinsam kann ein optimales Entwicklungskonzept entstehen. Daher sind die ersten Fragen: Ist eine Erweiterung möglich? Hat der Standort ausreichend Abstand zur Wohnbebauung? Wird Geld in eine Erweiterung investiert, die keine weiteren Perspektiven bietet? Welche anderen Standorte sind möglich? Bausubstanz überprüfen lassen Im zweiten Schritt sollte die Bausubstanz überprüft werden. Jörn Menning aus Sachsen-Anhalt berichtet, dass es landwirtschaftliche Gebäude gibt, die aus der Sicht eines Architekten nicht mehr sanierungswürdig sind. Bei älteren Gebäuden ist es daher sinnvoll, einen Architekten oder einen Baugutachter zu fragen, wie die Qualität der Bausubstanz zu bewerten ist. Bis zu einer Bauzustandsbewertung von 3 (befriedigend) kann es noch Sinn machen, das Gebäude zu sanieren. Bei der Note 4 oder sogar 5 sollte kein Geld mehr in die vorhandene Bausubstanz gesteckt werden. Des Weiteren ist kritisch zu prüfen, wie weit die geplante Umbaumaßnahme mit der vorhandenen Statik realisierbar ist. Bei vielen Boxenlaufställen passen die Maße, beispielsweise die Breite und Höhe des Futtertisches, nicht mehr zur modernen Technik. Wenn in die Statik eingegriffen werden muss, lohnt sich der Umbau meistens nicht. Arbeitsabläufe optimieren Bei wachsenden Beständen und engen Gewinnspannen wird es immer wichtiger, dass eine Person möglichst viele Kühe sinnvoll betreuen kann bzw. möglichst viel Milch ermelken kann. Dazu sind klare Achsen und kurze Wege auch nach einer Stallerweiterung notwendig. Im Familienbetrieb muss es möglich sein, dass einer alleine die Stallarbeit in einer vernünftigen Zeit bewältigen kann, so Werner Baumgarten. Dazu müssen die einzelnen Bereiche so angeordnet werden, dass eine Person alleine Kühe von einer zur anderen Gruppe treiben kann. Wenn das nicht einfach geht, wird es häufig nicht gemacht. Zu einem guten Arbeitsablauf gehört auch ein Vorwarteraum und eine Nachtreibehilfe. Sonst wird wertvolle Arbeitszeit für den Viehtrieb vertan, so Berater Baumgarten. Die Größe des Melkstandes muss der Herde angepasst sein. Nach dem Melkstand sollten die Kühe automatisch selektiert werden können, beispielsweise für die Klauenpflege, das Besamen, die Trächtigkeitsuntersuchung, nach dem Trockenstellen oder weil sie krank sind. Auch der Jungviehbereich ist so zu planen, dass einfach umgestallt werden kann. Wenn das Jungvieh einen alten Milchvieh- Boxenlaufstall bezieht, ist in der Regel ausreichend Platz vorhanden, damit alles Jungvieh unter einem Dach ist. Dann ist ein einfacher Umtrieb realisierbar. Dagegen ist es in vielen alten Boxenlaufställen nicht möglich, Warteräume mit Zutrieb zum Melkstand anzugliedern. Zu kleine und nicht erweiterbare Melkstände führen zu unnötig langen Melkzeiten. Auch der Umtrieb erfordert oft einen enormen Arbeitsaufwand. Christiane Brandes stellte wiederholt fest, dass sich in Großbetrieben mit Fremdarbeitskräften nach dem Neubau die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion verbesserte, weil die Arbeitsproduktivität erheblich gestiegen ist und Arbeitskräfte freigesetzt werden konnten. Arbeitskomfort beachten! Auf jeden Fall sollte auch an den Arbeitskomfort gedacht werden. Für die Tiere versucht man das beste zu machen aber der Mensch muss im Stall arbeiten, so Baumgarten. Ein Problembereich ist die Lärmbelastung. Aber auch das Klima (Luft, Licht, Temperatur) muss für den Menschen passen. Ich muss versuchen, dass ich am Melken Lust habe. Dafür muss ich mich wohl fühlen, meint Baumgarten. Dafür hält er lichtdurchflutete, gut belüftete Melkstände mit angenehmer Temperatur für notwendig. In den alten Boxenlaufställen sind in der Regel Melkstände so in die Bauhülle eingezwängt, dass sie beengt, niedrig, dunkel und im Sommer viel zu heiß sind. Diese Situation ist meist nur durch ein neues Melkstandgebäude zu verbessern. Kuhkomfort verbessern Hochleistungskühe brauchen angenehme Haltungsbedingungen. Das bedeutet viel frische Luft, reichlich rutschfeste Bewegungsfläche für die Kühe, gute Gestaltung des Futtertisches mit optimalem Kuh-/Fressplatzverhältnis, ausreichend sauberes Wasser und komfortable Liegeboxen. Amerikanische Untersuchungen zeigen, dass durch ein enges Fressplatz-Tier-Verhältnis die Milchleistung gesteigert werden kann. Die Empfehlungen für optimale Stallmaße haben sich den größer werdenden Kühen angepasst. Werner Baumgarten, empfiehlt für gegenständige Liegeboxen eine Tiefe von 2,5 m, bei einer wandständigen Liegebox mindestens 2,7 m. Komfortable Stallabteile für Transitkühe und Problemtiere sind einzuplanen. Durch Installation von mehr Tränken oder das Öffnen der Seitenwände lassen sich auch im Altgebäude Verbesserungen erzielen. Diese Investitionen lohnen sich auch dann, wenn der Stall nach einem Neubau für das Jungvieh genutzt wird. Die Ställe bleiben aber niedrig und weiterhin zu dunkel. Außerdem passen die Stallmaße hinten und vorne nicht. Wenn man genau durchrechnet, müsste mancher alte 3-Reiher im Grunde zu einem 2-Reiher umgewandelt werden. Dann fehlen wieder Kuhplätze. Die Maße der alten Boxenlaufställe sind heute gute Stallmaße für Jungtiere. Kosten berücksichtigen Nicht zuletzt müssen Stallbauplanungen genau kalkuliert werden. Durch einen Betriebsentwicklungsplan kann berechnet werden, welcher Kapitaldienst leistbar ist bzw. wie viel Fremdkapital aufgenommen werden kann. Gemeinsam mit dem Eigenkapital ergibt sich so der Finanzrahmen, der möglich ist. Die Investitionssumme sollte auch davon abhängen, wie lange der geplante Stall bewirtschaftet werden soll. Wenn bei einem auslaufenden Betrieb der Stall noch 15 Jahre halten soll, sind laut Volker Rudloff eher Kompromisse zulässig, als wenn die nächste Generation motiviert werden soll, den Betrieb zu übernehmen. Bei knappem Kapital sollte versucht werden, sinnvoll zu sparen. Ob ein Neubau in verschiedene Bauabschnitte untergliedert wird (z. B. zuerst Bau des Melkhauses mit Warteraum und Zutrieb; Liegeplätze zunächst im alten Stall und später Bau der neuen Liegehalle) oder ob der Melkbereich in den alten Stall integriert werden kann, um Erschließungskosten zu sparen, muss im Einzelfall entschieden werden. Christiane Brandes vom Innovations- Team berichtet, dass auch durch eine bundesweite Ausschreibung Kosten minimiert werden können. Diese intensive Ausschreibung unseres Planungsbüros hilft, Baukosten effektiver zu senken, als sich mit einem hohen Anteil an Eigenleistungen zu belasten, die die wachsenden Familienbetriebe ohnehin nicht erbringen können. Für eine gute Bauplanung sind daher eine intensive Planung und die Ideen mehrerer Berater gefragt. Wer dann die Kostenschätzung von Um- als auch Neubau vergleicht, stellt häufig fest: Der Umbau rechnet sich nicht. A. E. Ballheimer

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