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Bullenmast auf Gummi – Fluch oder Segen?

Lesezeit: 6 Minuten

In der Bullenmast steht die Gummimatte im Fokus. Sie soll vor allem das Tierwohl fördern. Welchen Einfluss die Matte auf die Tiere hat, untersuchte die Fachhochschule Soest.


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Mit Gummimatten soll sich der Komfort auch bei Mastbullen verbessern. Aus der Praxis hört man oft von höheren Zunahmen, einer besseren Mobilität der Tiere und Schonung der Gelenke. Niedersachsen ist Vorreiter: Hier werden die Matten in strohlosen Haltungsverfahren bei Neubauten bereits gefordert. Aber wie sieht es mit den Klauen aus? Und wie stark verschmutzen die Tiere auf den Matten wirklich? Die Fachhochschule Soest hat dazu einen Versuch bei einem Bullenmäster im Westmünsterland gestartet und interessante Ergebnisse bekommen.


Drei Verfahren im Vergleich:

Inhalt des Versuches war ein Vergleich von Betonvollspaltenböden zu gummierten Spaltenböden. Im Februar 2017 wurden dazu 45 Fresser der Rasse Fleckvieh zufällig in fünf nebeneinanderliegenden Buchten mit jeweils neun Tieren aufgeteilt. Das durchschnittliche Aufstallgewicht betrug 225 kg. Die Tiere stammten alle vom gleichen Aufzuchtbetrieb und standen dort auf Stroh. Drei Gruppen kamen in Buchten mit Gummimatten und zwei auf Beton. Die Buchten mit Gummimatten waren vollständig mit den Matten ausgelegt. Eine Gruppe wechselte, wie im Betrieb üblich, nach rund 70 Tagen von Gummi auf Beton. Damit sollte überprüft werden, wie sich der Wechsel des Bodenbelags auf die Zunahmen auswirkt. Die Tiere erhielten über die gesamte Mast das gleiche Futter über die gleiche Futterachse. Die Gummimatten lagen zu Versuchsbeginn bereits drei Jahre im Stall.


Zum Einstallen am 24. Februar 2017 und an zwei weiteren Terminen hat die FH Soest die Bullen einzeln gewogen, danach noch dreimal gruppenweise. Von Februar bis Juli 2017 hat man zudem die Fellverschmutzung, Klauen und Gelenke begutachtet. Am Schlachthof wurden die Klauen der Schlachttiere letztlich vermessen.


Mehr Zunahmen auf der Matte:

Die Bullen auf der Gummimatte erreichten gegenüber den Bullen auf Betonspaltenboden bis Mastende einen Mehrzuwachs von 15 kg Lebendgewicht. Das zeigen auch die täglichen Zunahmen: Auf Gummi schafften die Bullen 1186 g Brutto-Tageszunahmen, die Tiere auf Beton hingegen 1148 g. Die Gruppe, die den Bodenbelag wechselte, schaffte 1143 g und blieb bei den Zunahmen relativ konstant. Der Wechsel von Gummi auf Beton hatte keinen gravierenden Einfluss auf die Tageszunahmen.


Bei einer Ausschlachtung von 60% und einem Marktpreis von 3,75 € pro Kilogramm Schlachtgewicht erlösten die Bullen auf Gummiboden in gleicher Zeit 33,75 € mehr als jene auf Beton. Fraglich ist allerdings, ob dieser Mehrzuwachs auch bei einem höheren Leistungsniveau in einer Größenordnung von 1300 g und mehr noch gegeben ist. Ob die Matte so ökonomisch überhaupt darstellbar ist, bleibt zu prüfen. Bei den Berechnungen müsste man auch noch mögliche Ausfälle berücksichtigen.


Auffällig war im Versuch, dass die Bullen vom Gummiboden die höheren Zunahmen vor allem am Anfang der Mast verzeichneten. Über den weiteren Mastverlauf glichen sich diese immer weiter den Tieren auf Betonspaltenboden an. Und auch die Streuung zwischen den einzelnen Tieren auf Gummi nahm zu. Zum Mastende gab es keine signifikanten Unterschiede mehr zwischen den Haltungsvarianten.


Insgesamt wirkten die Tiere vom Gummiboden beim Wiegen und Verladen agiler. Die höhere Aktivität der Tiere könnte daher auch im Zusammenhang mit der großen Streuung bei den Tageszunahmen stehen. Ein Ansatz ist hier, dass rangniedere Tiere auf gummierten Böden öfters Stress ausgesetzt sind und so die Futteraufnahme sinkt.


Fehlender Abrieb, lange Klauen:

Der Bodenbelags hatte deutliche Auswirkungen auf das Klauenwachstum. Die Klauen der Tiere auf Gummiboden überwuchsen wesentlich stärker als die der Tiere auf Betonspaltenboden. Die rechte Hinterklaue vom Gummi-Vollspaltenboden hatte beispielsweise eine im Schnitt um gut 1 cm längere Dorsalwandlänge als jene vom Betonboden. Deutlich machen das die Bilder auf Seite R32. Zudem wiesen die längeren Klauen der Hinterbeine auch einen bis zu 6,5° flacheren Klauenwinkel auf. Die längeren Klauen und der flachere Winkel der Tiere auf Gummi führte bei manchen Tieren zu einer Konkavität der Dorsalwand. Dies war auf Beton- spaltenboden nicht zu erkennen und könnte sich somit auch auf die Aktivität der Tiere auf Gummi auswirken. Dieser Effekt könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum die zunächst höheren Zunahmen der Tiere auf Gummiboden im Laufe der Mast stärker zurückgingen als die der anderen Tiere.


Matten bringen Schmutz mit.

Die FH Soest hat von Februar bis Juli 2017 eigene Daten zur Verschmutzung der Tiere erhoben. Dabei wurden die Tiere in den Bereichen Bauch, Schwanz, Ober- und Unterschenkel wöchentlich bonitiert. Hier gab es zwischen den Haltungsverfahren keine signifikanten Unterschiede, die Tiere auf Gummi wiesen aber tendenziell eine stärkere Verschmutzung auf. Positiv für den Gummiboden: Der Stall schaffte mit seiner hohen Bauweise und der großzügigen Space-Board-Lüftung einen großen Luftaustausch. Dadurch bleiben auch die Böden trockener. Hinzu kam das trockene Wetter im Frühjahr 2017. Nach eigenen Erfahrungen des Landwirts sind die Tiere auf Gummi aber bei nasserem Wetter mit hoher Luftfeuchtigkeit deutlich dreckiger.


Gummi schont die Gelenke.

Gerade auf die Gelenke hatte der Bodenbelag einen deutlichen Einfluss. Vor allem in Bezug auf die Karpalgelenke kann die Gummiauflage zu einer besseren Gesundheit der Tiere beitragen. So wiesen zwei Drittel der Tiere auf Gummi überhaupt keine Auffälligkeiten auf. Die restlichen Tiere hatten nur sehr leichte Befunde. Bei den Bullen auf Beton sah das ganz anders aus. Hier hatten nur ein Drittel der Tiere keine Auffälligkeiten. Erstaunlicherweise wiesen aber auch Bullen mit starken Befunden teilweise noch hohe Tageszunahmen auf. Demnach war die Bewegung nicht bei allen Tieren so stark eingeschränkt, dass die Futteraufnahme darunter litt.


Empfehlungen für die Praxis:

Insgesamt zeigt die Studie, dass es bei der Haltung auf Betonspalten und auch auf Spaltenboden mit Gummiauflage noch Verbesserungspotentzial gibt.


Auf Gummi fehlt der Abrieb bei den Klauen und die Tiere sind oft dreckiger, vor allem bei nasser Witterung. Für die Karpalgelenke ist der Gummiboden positiv einzustufen. Hier gab es deutlich weniger Befunde, was für eine bessere Tiergesundheit spricht. Und auch die Zunahmen waren in dieser Studie auf Gummi etwas besser, allerdings bei unterdurchschnittlichem Leistungsniveau. Auch wenn die Stichprobe der Untersuchung klein war, findet sich der Hinweis, dass der ideale Bodenbelag für die Bullenmast ein zweigeteiltes System sein könnte: im Liegebereich Gummimatten und im Fressbereich Betonspalten. So lassen sich die positiven Eigenschaften beider Systeme kombinieren.


Allerdings setzt das ein anderes Buchtenmaß voraus, wie es in den meisten Bullenställen gegeben ist. Man müsste hier bei Neubauten auch über Tiefbuchten nachdenken, die aber aus baurechtlichen Gesichtspunkten zu diskutieren wären. Alternativ sind neue Gummiauflagen zu prüfen, die genügend Klauenabrieb gewährleisten und Flüssigkeiten besser abführen, um auch für teilweise noch recht neue Bullenställe eine bestmögliche Lösung in der Bodengestaltung finden zu können.


Das vollständige Auslegen der Buchten mit Gummimatten, wie es die Tierschutzleitlinie des Landes Niedersachsen beschreibt, ist gestützt durch die Daten dieser Studie nicht die Ideallösung. Die Matte ist sowohl aus ökonomischer als auch aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht in allen Fällen sinnvoll. In Altgebäuden oder Ställen mit schlechter Durchlüftung steigt z. B. die Gefahr der Verschmutzung. Außerdem ist bei Vollauslage kein Klauenabrieb gewährleistet.


Kontakt:


andreas.huesmann@topagrar.com

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