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Coli-Mastitis: Wettlauf gegen die Zeit

Lesezeit: 6 Minuten

Im Sommer steigt das Risiko für Coli-Mastitis. Daran können Kühe verenden. Welche Behandlungen sich in der Praxis bewährt haben, erläutern die Tierärzte Dr. Katrin Bock und Dr. Yared Hailu.


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Apathischer Blick, kein Appetit und knirschende Zähne. Dass mit der Kuh etwas nicht stimmt, ist deutlich zu sehen. Auf die Idee, dass eine Euterentzündung die Ursache ist, kommt niemand. Schließlich war die Milch beim Melken eben noch normal.


Doch das augenscheinlich gesunde Euter trügt: Die Kuh zeigt anfängliche Symptome einer E. coli-Mastitis, die schnell tödlich enden kann.


„Es ist typisch für diese Art von Eu-terentzündung“, sagt Dr. Yared Hailu, Tierarzt aus Ahlerstedt in Niedersachsen. Der Kuh geht es zusehends schlechter, oft bekommt sie hohes Fieber, das später in eine Untertemperatur umschlägt, zudem Durchfall und liegt schließlich fest. Veränderungen am Euter sind meist erst später feststellbar: Starkes Anschwellen, Schmerzempfindlichkeit, orangensaft- bis bierartig aussehendes Sekret. „Tückisch ist, dass sich die Milch nicht immer verändert“, fügt Dr. Katrin Bock, Tierärztin in Kranenburg am Niederrhein, hinzu.


Mit Milchfieber verwechselt!

Festliegen führt bei vielen Landwirten zu der Annahme, dass die Kuh an Milchfieber erkrankt ist. Die wenigsten jedoch denken an eine toxische Euterentzündung.


„Eine Fehlbehandlung kostet im Falle einer E. coli-Mastitis wertvolle Zeit, die über das Leben der Kuh entscheiden kann“, mahnt Dr. Bock. Sie rät deswegen schon bei den kleinsten Auffälligkeiten einen Schalmtest durchzuführen. Wie kommt es zu dieser gefährlichen Infektion und wo lauern die Gefahren?


E. coli-Bakterien sind Umweltkeime, die vor allem auf den Lauf-, Liegeflächen und in der Einstreu vorkommen und sich in feucht-warmen Milieu besonders gut vermehren. Im Sommer sind die Bedingungen dafür optimal.


„Das allein führt aber noch nicht zur Euterentzündung“, sagt Dr. Bock. Kühe, die bereits erkrankt sind, haben ein geschwächtes Immunsystem, Schmerzen, und fressen weniger. Außerdem liegen sie länger und die Chancen für Bakterien in den Zitzenkanal einzudringen, steigen“, erklärt Dr. Bock. Hitzestress und nacherwärmte Silage sind zusätzliche Faktoren, die Infektionen begünstigen.


Treten in einem Bestand gehäuft E. coli-Mastitiden auf, ist das oft eine Folge von vorher oder gleichzeitig auftretenden anderen Problemen, die nicht unbedingt etwas mit der Eutergesundheit zu tun haben.


Coli als Bestandsproblem:

Ein klassisches Beispiel sind Betriebe mit schlechter Fruchtbarkeit, berichtet die Tierärztin. Deren Kühe werden zu spät tragend und überkonditioniert trockengestellt. Die Folge sind Milchfieber, Nachgeburtsverhaltungen und Stoffwechselprobleme. Verkotete Einstreu und Laufflächen in Verbindung mit feucht-warmem Wetter tun ihr Übriges dazu. Doch nur am Hygienemanagement zu feilen, ist „zu einfach“ gedacht.


Zusätzlich sollten Sie alle Produktionsbereiche in Ihrer Herde systematisch hinterfragen:


  • Wie ist die Stoffwechselsituation der Kühe, vor allem der Frischmelker?
  • Gibt es Probleme mit der Rationsgestaltung von laktierenden und trockenstehenden Kühen?
  • Ist die Futterqualität vorübergehend schlechter als gewohnt? Gibt es Nacherwärmungen im Trog?
  • Kalben eventuell mehr Kühe ab als gewöhnlich? Gibt es eine Überbelegung im Abkalbebereich?
  • Gab es in der Vergangenheit viele Fälle von klinischem oder subklinischem Milchfieber?
  • Wie steht es um die Zitzenkondition (Hyperkeratosen)?
  • Wie ist das Liegeverhalten nach dem Melken (legen sich die Kühe nach dem Melken sofort hin, solange der Strichkanal noch geöffnet ist, begünstigt das eine Infektion)?


Im Zeitraum zwischen der Kalbung und dem Laktationspeak erkranken die meisten Tiere an E. coli-Mastitis, wie mehrere amerikanische Untersuchungen zeigen. „Aber auch Spaltenlieger sind prädestiniert sich mit E. coli zu infizieren“, fügt Dr. Hailu hinzu, „und zwar unabhängig vom Laktationsstadium“. Was genau macht den Erreger so gefährlich?


Toxine raffen Tier dahin.

E. coli-Bakterien vermehren sich nach dem Eintritt ins Euter explosionsartig und erreichen in kürzester Zeit ihre maximale Populationsdichte. Sowohl bei Abspaltungsprozessen der Bakterien als auch bei ihrem Zerfall setzen sie Endotoxine aus der äußeren Zellmembran frei. Damit beginnt die kritische Phase für die Kuh:


Die Toxine verursachen Entzündungen und Durchblutungsstörungen. Bakterien und Toxine treten ins Blut über führen zu einem Endotoxin-Schock. Schließlich kommt es zum Kreislauf- und Organversagen.


Zu diesem Zeitpunkt vermehren sich die Erreger meist nicht mehr (auch wegen evtl. eingesetzter Antibiotika). Durch das Absterben werden aber noch weiterhin Toxine frei. „Die Besonderheit ist also, dass nicht der Erreger selbst, sondern die Toxine den wesentlichen Schaden verursachen“, erklärt die Tierärztin.


Für die Behandlung heißt das, dass nicht die Bekämpfung der Erreger mit Antibiotika im Vordergrund steht, sondern die Behandlung des Endotoxin-Schocks. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu den Therapien vieler anderer Mastitiden.


Antibiotikum zweitrangig:

Zur Therapie von E. coli sind mehrere Behandlungen notwendig.


  • Infusion mit Kochsalzlösung,
  • Ausmelken der betroffenen Viertel mit Oxytocin,
  • Verabreichen von Entzündungshemmern,
  • Verabreichen von systemischen und lokalen Antibiotika,
  • kühlende Salbe für die geschwollenen Euterviertel sowie
  • die Gabe von Calciumpräparaten.


Wie die Behandlungsschritte im Einzelnen aussehen, lesen Sie im Kasten.


Trotz aller Bemühungen ist der Behandlungserfolg und das Überleben der Kuh keineswegs in trockenen Tüchern.


„Eine E. coli-Infektion ist ein Wettlauf gegen die Zeit“, sind sich beide Tierärzte einig. Je früher der Landwirt erkennt, dass mit der Kuh etwas nicht stimmt, umso besser stehen ihre Chancen auf Überleben und Heilung.


Was das Euterviertel betrifft, hat die Kuh wesentlich bessere Chancen auf Heilung, wenn beim Ausmelken zum Ende hin noch der Milchcharakter des Sekrets erhalten ist, berichtet Dr. Bock. Ähnlich beim Allgemeinzustand: Kann die Kuh stehen und befindet sie sich noch in der Fieberphase, sind die Erfolgsaussichten am besten. Anders, wenn sich die Intoxikation über Nacht ereignet hat: Dann liegt die Kuh meist fest, hat einen schwachen Kreislauf und häufig Untertemperatur. Dann stehen die Chancen wesentlich schlechter. Außerdem ist es für die Prognose entscheidend, ob das Tier noch an weiteren Erkrankungen, wie z.B. einer Gebärmutterentzündung leidet.


Blick sensibilisieren:

Schon bei den kleinsten Auffälligkeiten kann es sich deshalb lohnen, einen Schalmtest durchzuführen: Eine zögerlich statt sonst zügig aufstehende Kuh kann schon eine wichtige Beobachtung sein.


Meist sind solche Verhaltensweisen kein Zufall, sondern können der Beginn einer toxischen Mastitis sein. Zeit zur Herdenkontrolle und ein scharfer Blick lohnen sich daher immer.Svenja Pein

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