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Dänemark: Milcherzeuger in der Schuldenspirale

Lesezeit: 5 Minuten

Die dänische Milchproduktion zählt zu den effektivsten weltweit. Doch die Krise der letzten Jahre hat tiefe Spuren hinterlassen. Welche Probleme haben die Landwirte jetzt zu bewältigen? Können Staat und Banken helfen?


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Dänemarks Milchviehbetriebe zählen zu den größten in Europa: Durchschnittlich haben die Betriebe 156 Kühe und eine Quote von 1,4 Millionen kg. Die Herdenleistung liegt im Mittel bei 9 500 kg. Damit sollten die rund 3 600 Milchviehhalter für die Zeit nach der Milchquote gut gerüstet sein – eigentlich.


Doch der Schein trügt. Viele dänische Milchviehbetriebe stehen vor einem gewaltigen Schuldenberg. In den letzten 15 Jahren haben sie kräftig investiert, und es sind viele moderne Ställe entstanden. Doch das Wachstum war zum überwiegenden Teil fremdfinanziert, der Großteil über Kreditgesellschaften, der Rest über die Hausbanken. Eine Analyse des Kompetenzzentrums für Landwirtschaft (VfL) zeigt: Die mittlere Schuldenlast der Milcherzeuger stieg zwischen 2003 und 2012 von 11 600 € auf 19 500 € pro Kuh und Jahr – das sind fast 70 % mehr in nur neun Jahren.


Fremdkapital steigt.

Zudem haben die Aktiva der Landwirte, vor allem der Boden, seit dem Ausbruch der Finanzkrise an Wert verloren. Die Kaufpreise fielen von 2008 bis 2012 von rund 35 000 €/ha auf 19 500 €/ha, wie eine Analyse der Beratungsorganisation agrocura zeigt. Mittlerweile haben sich die Preise etwas erholt: Ende 2013 wurden Flächen zum Preis von 21 000 € angeboten.


Die bittere Konsequenz sind steigende Fremdkapitalquoten. „Derzeit haben unsere Mitglieder eine durchschnittliche Fremdkapitalquote von etwa 80 %“, sagt Anders Andersen, Chefberater bei LandboSyd in Aabenraa. Noch schlimmer: „Wenn man sich jetzt zum Verkauf des Betriebes entscheidet – sofern man einen Käufer findet – wird der Bodenpreis noch niedriger sein“, meint Andersen.


2012 gerieten die Milcherzeuger besonders stark unter Druck, weil die Mehrzahl dem Eigenkapitalverlust nichts entgegenzusetzen hatte. Die Milchpreise waren mit durchschnittlich 0,33 €/kg schlecht, und allein die Preise für Zukauffutter stiegen rasant um etwa 35 €/Kuh und Jahr. Im Schnitt lag das Betriebsergebnis der Milchviehhalter 2012 bei mageren 23 000 € – dennoch das zweitbeste Ergebnis der vergangenen fünf Jahre, wie das VfL errechnet hat. Allerdings war die Streuung der Ergebnisse sehr breit (siehe Übersicht 1).


Kredite für Kredite:

Das spiegelt sich auch in der wirtschaftlichen Situation der Betriebe wider: Etwa 70 % der dänischen Milchviehbetriebe zählen zur Risikogruppe mit einer schwachen Ökonomie und geringen Entwicklungsmöglichkeiten. Jeder fünfte Milcherzeuger schreibt rote Zahlen. Insgesamt ein Drittel der Betriebe ist in der Existenz bedroht. Für sie ist die Bedienung der Kredite sehr schwierig, Investitionen sind schlicht unmöglich.


Das dringendste Problem auf den wirtschaftlich schwächsten Betrieben ist die fehlende Liquidität. Das betrifft in der Regel die Milcherzeuger mit der höchsten Fremdkapitalbelastung. Einige Landwirte sind jetzt sogar gezwungen, neue, teurere Kredite aufzunehmen, um die günstigeren Darlehen der Kreditgesellschaften zu bedienen! Der Zinssatz von Kreditgesellschaften liegt bei ca. 2,6 bis 2,7 %, die Bankzinsen liegen dagegen bei 7 bis 8 %. Eine unheilvolle Schuldenspirale setzt sich da in Gang.


„Liquidität ist aber auch für die stabileren Betriebe wichtig“, sagt Andersen. Allerdings ist bei nur gut einem Drittel der Betriebe mit über 160 Kühen die Liquidität höher als die Abschreibungen. Bei nahezu ebenso vielen Milcherzeugern ist das leider genau umgekehrt (siehe Übersicht 2). Diese mussten letztes Jahr sogar Kredite aufnehmen, um das Tagesgeschäft zu finanzieren.


Besonders fatal ist die Situation der Betriebe, die vor der Krise kräftig in Wachstum investiert haben. Das sind Betriebe mit heute 240 und mehr Kühen. Dieses Wachstum war offenbar teuer erkauft (hohe Preise für Boden, Milchquoten, Baumaßnahmen). Nicht immer seien die Budgets, die als Grundlage für die Investitionen dienten, realistisch gewesen.


Schlussfolgerung des VfL: „Mit den wirtschaftlichen Ergebnissen können viele Betriebe nicht zufrieden sein. Insbesondere, wenn man bedenkt, wie viel Kapital zuvor in die Produktion investiert wurde.“


Die Unterschiede zwischen den besten und schwächsten Betrieben sind jedoch sehr groß. Das beste Drittel der Betriebe hat eine um 12 bis 15 % niedrigere Fremdkapitalquote als der Durchschnitt. Das schwächste Drittel eine um etwa 11 % höhere.


Situation bleibt angespannt.

Durch die hohe Fremdkapitalquote sind die Betriebe besonders empfindlich. Zwar scheint sich seit 2013 eine deutliche Verbesserung abzuzeichnen. Doch die derzeit positive Entwicklung der Milchpreise (im Mai zahlte Arla 40,5 Cent/kg) kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage nach wie vor ernst ist.


Für ca. 9 % der Milchviehbetriebe ist die Situation bereits jetzt so schlecht, dass sie ihr Schicksal nicht mehr selbst in der Hand haben. Hier entscheiden Banken und Kreditinstitute, wie es mit dem Betrieb weitergeht. Chancen haben nur Betriebe mit nachweislich effektiver Produktion. Große Betriebe mit niedrigeren Produktionskosten pro kg Milch haben dabei Vorteile.


Weiteres Problem vieler Betriebe: In den „fetten“ Jahren konnten Banken die Landwirte von sogenannten SWAP-Verträgen überzeugen. Damit wird auf die Entwicklung der Differenz zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen spekuliert. Solange das gut geht, verbessert sich kurzfristig die Liquidität. Das finanzielle Risiko ist allerdings hoch. Als die Zinsen überall ins Bodenlose fielen, wurde der erhoffte Segen für einige Landwirte zum Fluch.


Inzwischen ist in Dänemark auch die Politik auf den Plan getreten. Mit einer speziellen Finanzierungsbank für die Landwirtschaft will Dänemark finanziell angeschlagene Betriebe von den Hausbanken übernehmen und wieder fit machen.


Und welche Lehren haben die Landwirte aus der Krise gezogen? „Die konzentrieren sich jetzt darauf Betriebsstrukturen zu optimieren“, sagt Lene Frandsen, ehemalige Beraterin bei LandboSyd. „Dabei versuchen sie vor allem, vorhandene Rahmenbedingungen bestmöglich auszunutzen. Wo das gelingt, sollte die Milchmenge um 2 bis 4 % pro Jahr steigen, z. B. durch höhere Leistung oder mehr Kühe.“


Positiv wirkt neben den derzeit guten Milchpreisen auch die Stabilisierung der Bodenpreise. Seit Anfang 2013 gibt es einen steigenden Handel mit landwirtschaftlichen Flächen.

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