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„Das Repro-Team ist der Renner“

Lesezeit: 7 Minuten

Die Fruchtbarkeitsprobleme in den Milchviehbetrieben werden immer dramatischer. Viele Zuchtorganisationen bieten daher einen Repro-Service an. Wie läuft er ab und was kostet er?


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Einen wahren „Run“ auf Service-Leistungen rund um die Fruchtbarkeit erleben derzeit viele Zucht- und Besamungsorganisationen. „Wir bieten unseren Repro-Service erst seit zwei Jahren flächendeckend an, doch die Zuwachsraten sind bereits zweistellig“, ­berichtet Stationsleiter Dr. Helmut ­Melbaum von der Weser-Ems Union (WEU).


Inzwischen werden im Jahr rund 90 000 ­Service-Untersuchungen durch die Tierzuchttechniker und Tierärzte unserer Station durch­geführt. „Damit decken wir schon fast ein Viertel unserer Milchviehherden ab“, sagt Melbaum.


Arbeitszeit ist knapp!

Grund für die wachsende Anfragen für Serviceleistungen rund um die Fruchtbarkeit sind die schlechten Reproduktions-Kennziffern in vielen Milchviehbetrieben. Beispiel Mecklenburg-Vorpommern: Ein Besamungsindex von 2,4, eine NRR 56 (Non-Return-Rate) von nur 51 % und eine Zwischenkalbezeit von 413 Tagen allein in 2010 (siehe Übersicht 1) zeigen: Um die Herdenfruchtbarkeit in den Betrieben ist es nicht wirklich gut bestellt.


Aber nicht nur im Nordosten Deutschlands kämpfen die Milchviehhalter mit hohen Abgangsraten wegen unfruchtbarer Kühe und Färsen. Das Phänomen ist in nahezu allen Wachstumsbetrieben feststellbar. Und dabei hat sich die genetische Fruchtbarkeit der Kühe nicht verschlechtert.


„Oft verdoppeln die Betriebe ihre Herdengröße beispielsweise von 100 auf 200 Kühe. Doch der Arbeitskräftebesatz wächst nicht mit“, sagt Dr. Ulrich Janowitz von der Rinder-Union West (RUW). „Alleine bei unseren großen Betrieben am Niederrhein fehlt den Betriebsleitern dann schlichtweg oft die Zeit zur intensiven Tierbeobachtung.“


Mit steigenden Kuhzahlen steht damit weniger Betreuungszeit für das einzelne Tier und damit für die Brunstbeobachtung zur Verfügung. Dabei wäre eine bessere Brunstbeobachtung eine geeignete Maßnahme für die Steigerung der Herdenfruchtbarkeit. Dies ist jedoch mangels Arbeitszeit oder auch fehlender Sachkenntnis – vor allem bei Betrieben mit vielen Hilfskräften – nicht so schnell möglich.


Service-Bedarf steigt:

Mit der wachsenden Nachfrage haben die Stationen und Organisationen vor allem in den Milch-Hochburgen im Norden und Westen ihren Service kräftig ausgebaut. Auch einige Spermimporteure schwimmen auf der Welle mit. So bieten CRV, Alta und auch CRI in einigen Regionen inzwischen einen Fruchtbarkeits-Service an.


Der Fruchtbarkeits-Service ist meistens auch ohne Spermabezug des jeweiligen Unternehmens nutzbar. Der Ablauf und die Inhalte eines solchen Service unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Das Angebot der meisten Organisationen enthält folgende Leistungen:


  • Umfassende Fruchtbarkeitsberatung,
  • regelmäßige Betriebsbesuche zu festen Terminen,
  • Sterilitätsuntersuchungen,
  • Puerperalkontrolle,
  • Trächtigkeitsuntersuchungen (TU),
  • Weitergabe der Befunde an den Betriebsleiter oder auch Tierarzt.


Bei vielen Programmen erfolgt in der Regel zuerst ein Rundgang über den Betrieb, bei dem sich der Berater/Tierzuchttechniker einen Überblick über den Zustand der Herde verschaffen kann. Dabei ermittelt er den Ist-Zustand der Herdenfruchtbarkeit. Hierfür nutzt er Aufzeichnungen wie LKV-Daten oder die betriebseigene Dokumentation.


Sinnvoll ist der regelmäßige Vergleich der Ist- und Soll-Werte in puncto Fruchtbarkeit, um auch kleine Fortschritte schnell zu bemerken. Insgesamt aber macht es Sinn, den Fruchtbarkeitsservice über einen längeren Zeitraum zu nutzen, denn Erfolge in der Herdenfruchtbarkeit stellen sich erst längerfristig ein. Zumeist wird ein Jahresvertrag abgeschlossen, der jeweils verlängert werden kann. Nach einem Jahr ist schon ein guter Überblick möglich, ob das Programm erfolgreich ist.


Alle vier Wochen zur TU!

Die Besuchsfrequenz können die Betriebe dabei frei wählen. In den meisten Fällen werden sie alle vier Wochen zu einer festen Uhrzeit besucht. „Größere Betriebe mit über 200 Kühen wählen häufig die 14-tägige Variante“, so Melbaum und Janowitz übereinstimmend. In Großanlagen mit über 500 Kühen werden auch wöchentlich feste Termine vereinbart (Übersicht 2).


Die zu untersuchenden Tiere werden vom Betriebsleiter vorher selektiert, festgesetzt und markiert, so dass der Service sofort mit der Arbeit anfangen kann und ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist. Untersucht werden an diesen Terminen in der Regel alle Kühe, die:


  • vor mindestens 21 Tagen gekalbt haben und noch nicht besamt sind (Puerperalkontrolle)
  • nicht brünstig werden, unsauber sind, oder sonstige Probleme haben (Sterilitätskontrolle)
  • sowie alle vor 30 Tagen besamten Kühe und Färsen (TU).


Hierzu werden immer häufiger Ultraschallgeräte (Scanner) genutzt, mit denen eine Trächtigkeitsuntersuchung ab Tag 24 nach erfolgter Besamung möglich ist. Manuell rektal ist die TU erst nach 32 bis 45 Tagen möglich. Während der Untersuchung erhält der Betriebsleiter alle Befunde und Daten vom untersuchenden Berater und notiert diese in seine Unterlagen.


Dies ist der Standard, den eigentlich alle Anbieter leisten. Die Abrechnung erfolgt pro Kuh (ca. 2,50 € bis 3 € je Tier) oder nach Stunden (60 bis 100 € je Stunde, Abrechnung häufig ab der zweiten Stunde im Vierteltakt).


Die meisten Anbieter wie die Osnabrücker Herdbuchgesellschaft, die WEU oder die RUW rechnen gemischt ab, so dass es zu der Gebühr pro Kuh auch noch einen Zeitfaktor gibt. „Dieser ist wichtig, damit die Betriebe die Kühe entsprechend fixieren, denn die Suche nach Einzelkühen in einer 200-Herde kostet richtig Zeit“, so Janowitz.


Termindisziplin hilft.

Die regelmäßigen Termine führen dazu, dass sich die Betriebsleiter intensiver mit der Fruchtbarkeit ihrer Herde beschäftigen und das Thema nicht auf die lange Bank schieben. „Nichttragende Tiere werden so schnell erkannt, falls nötig behandelt und dann wieder besamt“, so Hubertus Wasmer, Geschäftsführer des US-Spermaimporteurs CRI-Genetics.


Einen Schritt weiter als die monatlichen Betriebsbesuche hat sich der Repro-Service der Rinderzucht Mecklenburg-Vorpommern (RMV) entwickelt. Hier übernehmen die Techniker in einigen Betrieben bereits die tägliche Brunstbeobachtung. In zwei Betrieben wird sogar die vollständige Dokumentation des Fruchtbarkeitsgeschehens durch die Tierzuchttechniker erledigt.


„Uns fehlen in den großen Betrieben inzwischen die Fachkräfte, die sich mit dem komplexen Fruchtbarkeitsgeschehen auskennen. Daher setzen viele Betriebsleiter lieber einmal am Tag auf das geschulte Auge unseres Technikers“, erklärt Sebastian Kaiser von der RMV. „Die Techniker gehen durch die Herde und kontrollieren gezielt verdächtige Kühe auf eine Brunst. Sie nutzen dabei auch Hilfsmittel wie Pedometer oder Heatime, die in den Betrieben vorhanden sind.“


Gerade die technischen Hilfsmittel sehen viele Organisationen neben dem Brunstkalender auch als zusätzliches Instrument, um die Betriebe in puncto Herdenfruchtbarkeit zu unterstützen. „Die Brunstbe-obachtung ist in vielen Betrieben ein Schwachpunkt, daher gibt es von unserer Seite finanzielle Hilfe bei der Anschaffung von Heatime-Anlagen“, so Dr. Erwin Hasenpusch von der Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH). Inzwi-schen hat jeder achte RSH-Betrieb eine solche Anlage, über die sich die Aktivität der Kühe kontrollieren lässt. „Da wir einen umfangreichen Service über Tierzuchttechniker und vertragsgebundene Tierärzte bieten, versuchen wir darüber hinaus die Betriebe an der aus unserer Sicht schwierigsten Stelle im Fruchtbarkeitsmanagement zusätzlich technisch zu unterstützen. Unser konstanter Besamungsindex von 1,8 bis 1,9 im Mittel der Betriebe zeigt mir, dass wir auf einem richtigen Weg sind“, so Hasenpusch.


Konkurrenz zum Tierarzt?

Aber der zusätzliche Service durch die Zuchtfirmen wird nicht von allen Tierärzten mit Wohlwollen betrachtet, schließlich sind die Techniker eher eine Konkurrenz für sie. Eine Zusammenarbeit zwischen dem Fruchtbarkeitsdienstleister und dem Hoftierarzt findet daher nur z.T. statt.


Mit gutem Beispiel voran geht die RUW. Sie arbeitet mit den Hoftierärzten zusammen. „Dem Tierarzt stehen die Ergebnisse aus unseren Untersuchungen zur Verfügung, so dass dieser zum Beispiel die Tiere mit Gebärmutterentzündung oder Zysten gezielt behandeln kann“, betont Janowitz. „Teilweise vermitteln wir Betriebe auch gezielt an Tierärzte, die selbst eine intensive Herdenbetreuung anbieten. So können wir gewährleisten, dass jeder unserer Mitgliedsbetriebe auch einen Fruchtbarkeits-Service erhalten kann.“


Ähnlich verfährt die Rinder Union Baden-Württemberg, die eng mit dem Rindergesundheitsdienst im Bereich Fruchtbarkeitsservice zu­sammenarbeitet.


Für den Besamungsverein Neustadt/Aisch (BVN) steht dagegen der Konkurrenzgedanke im Vordergrund. „Unser Repro-Team soll mit seinem Angebot für Eierstockkontrollen und TU per Ultraschall vor allem die Hoftierärzte aus der Reserve locken, die diesen Service bislang nicht anbieten“, so Dr. Claus Leiding vom BVN.


Nachholbedarf in Bayern?

Damit ge­hört der BVN zu den wenigen Stationen, die überhaupt einen Fruchtbarkeits-Service in Bayern anbieten. Die fast gleich große BayernGenetik, die Besamungsstationen Memmingen und Greifenberg sowie Höchstätt bieten ihren Mitgliedern bislang keinen Service an.


Trotz kleinerer Bestandsgrößen wird der Bedarf aber auch in deren Zuchtgebiet in den nächsten Jahren steigen, so dass die Besamungsstationen hier Antworten finden müssen. Denn auch bei Fleckvieh und Braunvieh ist die Unfruchtbarkeit der Hauptgrund für Abgänge. Ansonsten werden die Importeure wie Alta oder CRV schnell das Feld besetzen.

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