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Das weiße Gold der Lüneburger Heide

Lesezeit: 5 Minuten

Beke und Andreas Marquard vermarkten Kamelmilch, die eine gesundheitsfördernde Wirkung haben soll. Ein Liter Kamelmilch kostet 11 €.


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Was mit einem „Hobbykamel“ anfing, sind heute 60 Altweltkamele mitten in der Lüneburger Heide. Ehepaar Marquard bewirtschaftet mit ihren zwei Kindern 40 ha Grünland und Getreideanbau im Nebenerwerb im niedersächsischen Visselhövede. Unter ihren Kamelen befinden sich Dromedare, Trampeltiere und Tulus. Zudem hält der ehemalige Milchviehbetrieb Pferde, Schafe, Kängurus und viele weitere Tiere.


Ihre Leidenschaft für die großen Wiederkäuer entdeckten die beiden Vermessungstechniker vor 29 Jahren. Mit dem Kauf des ersten Kamels erfüllte sich Andreas Marquard einen Kindheitstraum. Nach Anfragen für einen Werbespot zu Camel-Schuhen sowie für geführte Kamelausritte vergrößerte sich die Herde weiter. Mit der eigenen Zucht kam dann die Idee der Milchvermarktung auf.


Die verschiedenen Arten der Altweltkamele lassen sich anhand der Höcker unterscheiden. Die aus Marokko stammenden Dromedare sind einhöckrig, während das vor allem in Asien verbreitete Trampeltier zwei Höcker besitzt. Optisch kaum von den Dromedaren zu unterscheiden, sind die Tulus. Die Kreuzung aus Dromedar und Trampeltier besitzt auch nur einen Höcker. Jedoch erstreckt sich dieser, anders als beim Dromedar, über den gesamten Rücken, von der Schulter bis zum Schwanz.


Haltung und Fütterung


Offizielle Richtlinien für die Haltung von Kamelen gibt es nicht. Das Landwirtschaftsministerium und der Verein Altweltkamele e.V. geben nur Leitlinien heraus. Diese beziehen sich zum Beispiel auf den Platz- und Auslaufbedarf sowie die Fütterung der Wüstentiere. Familie Marquard hat sich alle Kenntnisse selbst angeeignet.


Auf dem Hof können die Tiere rund um die Uhr auf die Weide. Kamele sind arides Klima und somit extreme Temperaturunterschiede gewöhnt. „Nur Regen mögen sie nicht, deshalb benötigen sie einen Unterstand“, erzählt Beke Marquard.


Als gute Futterverwerter erhalten sie lediglich Heu und Stroh ad libitum. Kraftfutter benötigen sie nicht. Ausschließlich laktierende Stuten erhalten ein Milchleistungsfutter (18% Rohprotein und 6,2 MJ NEL).


alle 24 monate ein fohlen


Eine Laktation dauert circa zwölf, die Tragezeit 12,5 Monate. Da die Dromedarstuten erst mit Ende der Laktation wieder gedeckt werden, fohlen sie im Schnitt alle 24 Monate ab. Das erste Fohlen bekommen sie in der Regel mit vier bis fünf Jahren.


Familie Marquard besitzt drei Zuchthengste, zwei Dromedar- und einen Trampeltierhengst. Die können in ihrer saisonalen Brunft von Dezember bis April gefährlich sein. „Wenn man zu dieser Zeit in die Herde geht, muss man immer ein Auge auf den Hengst haben“, weiß die Tierhalterin. Sonst sind Kamele aber ausgeglichen und sozial. Einen Fluchtinstinkt haben sie nicht, da es keine natürlichen Feinde gibt.


Die ersten sechs Wochen verbringen Mutter und Fohlen zusammen auf der Weide. Erst danach trennt das Ehepaar beide über Nacht und beginnt die Stute morgens zu melken. Die zur Remontierung benötigte Nachzucht verbleibt auf dem Hof. „Alle anderen Fohlen sowie alte Deckhengste verkaufen wir europaweit an Tierparks, Zoos und Privathalter“, sagt Beke Marquardt.


Spezial-Melkstand


Die Familie melkt ausschließlich Dromedare. „Trampeltiere geben nicht so viel Milch und ihre Zitzen sind zu klein für das Melkgeschirr“, erklärt die Kamelexpertin. Im selbst gebauten Melkstand lässt sich immer ein Tier melken. Dazu nutzen die Marquards ein konventionelles Melkzeug aus der Milchkuhhaltung, denn auch Kamele besitzen vier Striche.


Aktuell melken sie morgens zehn laktierende Stuten. Das jeweilige Fohlen ist dabei, um den Milchfluss anzuregen. In rund zwei bis drei Minuten geben die Kamelstuten etwa zwei bis fünf Liter Milch.


Geringe Keimzahlen


Zweimal im Monat schickt Familie Marquard etwas Kamelmilch als Sammelprobe ins Labor. Das Institut für Milchuntersuchung (IFM) in Verden untersucht die Milch auf die Gesamtkeimzahl. Richtwerte dafür zu finden war schwierig, denn auch hier gibt es keine Vorgaben für Kamelmilch.


Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einigte sich in Absprache mit dem Veterinäramt darauf, sich an den niedrigsten Werten für Pferde-, Kuh- und Ziegenmilch zu orientieren.


Die Keimzahl in der Kamelmilch liege im Schnitt bei 3000 bis 10000 KbE/ml. Auf Hemmstoffe lassen Marquards die Milch nicht überprüfen, da sie auf den Einsatz von Medikamenten bei laktierenden Kamelen weitestgehend verzichten.


EU-Weite Vermarktung


Die Kamelmilch kostet 11 € pro Liter. Bis Ende des vergangenen Jahres vermarktete der Betrieb die Milch ausschließlich frisch und direkt ab Hof. Das ist anzeige-, aber nicht genehmigungspflichtig.


Seit November 2020 verschickt die Familie die pasteurisierte Milch auch EU-weit in PET-Flaschen. Dafür investierten sie in eine kleine Pasteurisierungsanlage. Im November erhielten sie die entsprechende EU-Zulassung. Die Milch pasteurisiert das Ehepaar bei 72°C für eine Minute. Diese Zeitdauer ist mindestens vorgeschrieben und erhält Enzyme und Inhaltsstoffe bestmöglich. Die pasteurisierte Milch hält sechs Tage.


Das weiße Gold


Insbesondere die Inhaltsstoffe spielen bei Kamelmilch eine große Rolle. Ihnen wird eine heilende Wirkung nachgesagt. Die Milch soll neben einem hohen Gehalt an Vitamin C beispielsweise ein insulinähnliches Protein enthalten. Dieses senke den Blutzuckerspiegel und wirke so gegen Diabetes Typ I. In ihr ist weder Beta-Laktoglubolin noch Beta-Kasein enthalten. Deshalb soll die Milch auch für Menschen mit Laktoseunverträglichkeit geeignet sein.


Viele Abnehmer erwerben die Milch aber mit einem anderen Krankheitshintergrund: „Etwa 80% unserer Kunden, haben jemanden in der Familie, der an Krebs leidet“, erklärt die Nebenerwerbslandwirtin. Als Naturheilmittel dürfen Marquards die Kamelmilch jedoch nicht vertreiben. Zusätzlich zu Privatkunden gehörte beispielsweise ein Hamburger Restaurant zu den Abnehmen. Sie servierten ihren Gästen Kameleis als Dessert. Ein anderes Unternehmen stellte Kamel-Milchpulver her. Die Milch selbst weiterzuverabeiten kommt für Marquards nicht in Frage. Dafür fehlt die Arbeitszeit.


Kamelmilchschokolade?


Für die nächsten Jahre plant die Familie aber einen zweiten Stall abseits der Hofstelle, um den Kamelen noch mehr Platz zu bieten. Ob sie zukünftig mehr Milch produzieren, steht noch nicht fest. Potenzial hat das Produkt: Aktuell tüftelt ein Schokoladenhersteller an einer exklusiven Schokolade – mit der Kamelmilch vom Hof Marquardt.


Tabea Rinklake anke.reimink@topagrar.com

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