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Der Kompost braucht Luft

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Kompoststall bietet hohen Tierkomfort. Doch wenn Stallbau und Management nicht stimmen, scheitert das System. Worauf es ankommt, erklärt Sibylle Möcklinghoff-Wicke vom Innovationsteam Milch Hessen.


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Ein Freilaufstall mit Kompostmatte bietet nachweislich hohen Kuhkomfort. Doch das Management muss stimmen. Sonst liegen die Kühe in der feuchten Gülle und stapfen durch knöcheltiefen Schlamm. Mastitis-Einbrüche sind dann vorprogrammiert.


Dabei kann der Kompoststall wie im Handumdrehen gelingen, wenn einige Tricks beachtet werden und es gelingt, die Mikroorganismen für sich arbeiten zu lassen.


Kompost oder Kompostierung:

Für den Freilaufstall mit Kompost gibt es zwei Systeme: Den „Kompoststall“ und den „Kompostierungsstall“.


Im Kompoststall kommt vorkompostiertes Material, wie z. B. Grüngut oder Heckenschnitt, zum Einsatz. Es wird auch als „kaltes System“ bezeichnet, denn es findet keine aktive Kompostierung durch Mikroorganismen und daher kaum Wärmeentwicklung statt. Das erschwert vor allem in den kälteren Monaten die Abtrocknung der Einstreu an der Oberfläche. Deshalb sind hier 20 bis 30 m2 Liegefläche pro Kuh nötig.


Der Einsatz von kompostierter Einstreu ist in den Niederlanden verboten, weil schädliche Bakterien in die Milch gelangen können (Kasten Seite R 32).


Dieser Beitrag bezieht sich auf den Kompostierungsstall. Bei diesem System kompostieren Mikroorganismen das organische Material der Einstreu im Stall. Als Einstreu eignen sich z. B. Hackschnitzel, Sägespäne oder eine Kombination mit Grüngut oder anderen organischen Stoffen. Der anfallende Kot und Urin wird in die Einstreu eingearbeitet und von den Mikroorganismen verstoffwechselt. Das Material in der Liegematte erwärmt sich und die Feuchtigkeit verdunstet.


Die Keimbelastung in der Kompost-Liegefläche ist relativ hoch, wie verschiedene Untersuchungen belegen. Der Schlüssel für ein gutes Mastitismanagement im Kompostierungsstall ist eine trockene Oberfläche in Kombination mit einer guten Melkroutine.


Für gute Abtrocknung ist es wichtig, viel Luft in den Stall und an die Kompostmatte zu bringen. Außerdem müssen die Mikroorganismen optimal versorgt werden. Stimmt die Proportion von Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Feuchte, zersetzen die Mikroben Einstreu und Gülle und produzieren dabei Temperaturen von bis zu 60 °C. Das hält die Liegeflächen trocken und die Keimbelastung gering.


Luft in den Kompost:

Das Abtrocknen der Oberfläche lässt sich mit Bau-Maßnahmen unterstützen (siehe Checkliste). Für den Kompostierungsstall gilt: Viel Luft hilft viel. Offene Seitenwände in Hauptwindrichtung und ein freier Dachfirst maximieren die Luftzirkulation. Ventilatoren über der Liegefläche unterstützen dies.


Die Freilaufställe sind in einen Liege- und einen Fressbereich unterteilt. So können die Kühe an einem befestigten Futtertisch fressen und der Eintrag von Flüssigkeiten in den Kompost wird reduziert. Pro Kuh sind mindestens 9 m2 Liegefläche (zzgl. Fressbereich) nötig, damit sich Kot und Urin gut im Kompost verteilen.


Zusätzlicher Wassereintrag sollte verhindert werden: Für die Länge des Dachüberstandes gilt ein Richtwert von mindestens einem Drittel der Höhe der Seitenwand. Die Tränken sollten nur vom Fressbereich zugänglich sein.


Als Einstreu verwenden Praktiker in Europa und den USA meist Sägespäne, Hobelspäne oder Hackschnitzel. Sie haben ein sehr weites C:N-Verhältnis, lassen sich gut mechanisch bearbeiten und halten gleichzeitig ausreichend Sauerstoff in den Zwischenräumen der Partikel. Der hohe Ligningehalt bietet den Mikroben mehr Widerstand bei der Zersetzung und hält somit länger.


In der Praxis werden häufig auch Mischungen mit organischem Material, wie Grünschnitt, Getreide-/Rapsstroh oder Miscanthus, verwendet. Das Mischungsverhältnis sollte aber 50 % Sägespäne/Hackschnitzel zu 50 % alternativem organischen Material nicht überschreiten.


Damit auch in die unteren Schichten der Einstreu Luft kommt, muss die Liegefläche zwei Mal täglich aufgelockert werden. Dazu hat sich in der Praxis ein gelegentlicher Wechsel von Grubber und Fräse bewährt. Mit dem Auflockern werden Kot und Harn nach unten eingearbeitet und eine glatte Liegefläche geschaffen. Gleichzeitig verdunstet die Feuchtigkeit so besser an der Oberfläche.


Mit einer eingebauten Unterflurbelüftung belüften die Niederländer den Kompost von unten. Dazu werden im Abstand von 1,2 bis 2,0 m Rohre in den Boden eingelassen. An der oberen Wölbung befinden sich 5 bis 7 mm kleine Löcher. Mit einem Gebläse wird mehrmals täglich Luft durch die Rohre gepustet, um die Sauerstoffzufuhr in den unteren Schichten der Einstreu zu erhöhen.


Die Mikroben füttern.

Im Kompostierungsstall bauen die Mikroben die Einstreu und Gülle zu Kompost ab.


Die Mikroorganismen ernähren sich überwiegend von Kohlenstoff. Daher sollte das Ausgangsmaterial ein weites C:N-Verhältnis haben, wie es z. B. Sägespäne oder Hackschnitzel haben. Ideal ist ein Verhältnis von etwa 30:1.


Die Mikroben überleben nur im aeroben Milieu und benötigen daher viel Sauerstoff. Deshalb ist eine ausreichend hohe Luftzufuhr im Kompostierungsstall auch aus Sicht der Mikroben wichtig. Das lässt sich durch regelmäßiges Auflockern der Einstreu mit Grubber oder Fräse unterstützen. Der Sauerstoffgehalt sollte bei 12 bis 16 % liegen.


Die mechanische Bearbeitung sorgt dafür, dass Kot und Harn mit dem Sauerstoff in die Matte eingearbeitet werden. Wie gut die Umwandlungsprozesse ablaufen, lässt sich mithilfe der Temperatur in der Matte bewerten. Ziel-Temperatur in 20 bis 30 cm Tiefe sind etwa 45 bis 60 °C.


Die Einstreumatte sollte einen Feuchtegehalt von 50 bis 60 % haben. Ist das Material zu trocken, erhalten auch die Mikroben nicht genug Wasser und die Temperaturen im Kompost werden nicht erreicht. Ist die Matte zu nass, entstehen viele sauerstoffarme Poren. Die mikrobielle Aktivität geht zurück.


Die benötigte Nachstreu-Menge ist abhängig vom Material, der Jahreszeit und der Belüftung der Ställe. Generell gilt: Je besser die Luftzufuhr in die Fläche und an der Oberfläche gelingt, umso weniger Einstreu ist notwendig. Bei Sägespänen und Hackschnitzeleinstreu schwanken die Werte in der Praxis zwischen 6 bis 15 m3 pro Kuh und Jahr. Bei hoher Luftfeuchtigkeit und niedrigen Temperaturen steigt der Einstreubedarf.


Die Partikelgröße der Einstreu beeinflusst die Wasserhaltekapazität, die mikrobielle Aktivität und die Durchlüftung der Matte. Vor allem zu Beginn der Kompostierung sollte ein hoher Teil feiner Partikel vorhanden sein. Dann kommen die Mikroben besser an die Nährstoffe und die Umwandlungsprozesse laufen an.


Der pH-Wert liegt optimalerweise zwischen 5,5 und 7,8. Ein leicht saures Milieu bindet Stickstoff, das reduziert die Ammoniak-Emissionen.


Auch ein gut laufender Rotteprozes kommt irgendwann zum Erliegen. Dann sinken die Temperaturen, das C:N-Verhältnis fällt auf etwa 15:1 und der pH-Wert steigt auf einen Wert von 8. Wie häufig der Stall ausgemistet werden sollte, hängt von mehreren Faktoren ab. In der Regel reicht es, alle 6 bis 8 Monate auszumisten. Einige Praktiker lassen dabei die unterste Schicht im Stall, um den Start der Kompostierung zu erleichtern.


Der fertige Kompost kann direkt als Dünger auf Acker- oder Grünland ausgebracht werden. Die Inhaltsstoffe schwanken, je nach Ausgangsmaterial und dem Verlauf der Kompostierung.


Mit der großen Liegefläche entstehen wohl auch hohe Mengen Ammoniak. Eine niederländische Studie hat zwar im Vergleich zum Boxenlaufstall mit Spaltenboden geringere Emissionen pro m2 Fläche gemessen. Pro Kuh gerechnet fallen allerdings höhere Mengen Ammoniak an, weil auch die Fläche pro Kuh größer ist. Erste Ergebnisse aus Österreich weisen allerdings geringere Stickstoffemissionen als in der niederländischen Studie aus. Die Untersuchungen laufen aber noch.


In den Niederlanden dürfen Landwirte nur bestimmte Mengen Ammoniak pro Kuhplatz produzieren. Sie müssen daher emissionsarm bauen. Mit einem System aus Rohren unter der Einstreu saugen sie Luft aus der Kompostmatratze. Dabei soll die Matte als Filter dienen, an den sich Ammoniak bindet. Die abgesaugte Luft soll zusätzlich aufgefangen werden. Die Universität Wageningen betreut derzeit einen Versuch mit Praxis-Betrieben. Es bleibt abzuwarten, ob dieses System die hohen Erwartungen erfüllt.


Teurer Luxus?

Auch wenn der Kompostierungsstall zunächst als ein sehr einfaches Stallsystem erscheint, sind die Baukosten vergleichbar mit denen eines konventionellen Boxenlaufstalles.


Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies: Ein kompletter Stallneubau ohne Unterflurbelüftung für 77 Kühe mit AMS und 10 m2 Fläche pro Kuh kostete etwa 5 700 € pro Kuhplatz. Ein Boxenlaufstall mit vergleichbarer Größe hätte 5 100 € je Kuhplatz gekostet.


Die hohen Kosten entstehen durch die deutlich höhere Grundfläche des Kompostierungsstalles. Unter der Kompostfläche wird in der Regel eine Betonfläche verlegt, um das Versickern von Gülle in das Erdreich zu verhindern. Die Kosten für den Oberbau sind vergleichbar mit denen des Liegeboxen-stalles. Eine zusätzliche Unterflurbelüftung kostet je nach Stallgröße und Ausführung 60 000 bis 100 000 € mehr.


Einsparpotenzial ergibt sich mit dem Bedarf an Güllelagerraum. Es fallen nur ca. 40 % der Gülle auf dem Fressgang an, die übrigen 60 % kompostieren in der Liegefläche. Die Verdichtung der Nährstoffe im Kompost und eine spätere Abfuhr kann die Nährstoffbilanz von flächenknappen Betrieben positiv beeinflussen.


Wesentlicher Knackpunkt in der Kostenkalkulation sind die Einstreukosten. Mit 6 bis 15 m3 pro Kuh und Jahr sind erhebliche Mengen nötig. Je nach Verfügbarkeit lässt sich das Material abhängig vom Preis variieren und anpassen.


Doch bei einem Preis von 18 € je m3 ergeben sich Kosten von etwa 150 € pro Kuh und Jahr. Das liegt über den Kosten von Hoch- und Tiefboxen. In den Niederlanden geht man davon aus, dass durch eine verbesserte Kuhgesundheit und Senkung der Remontierungsrate auf 20 % etwa 185 € Kostenvorteil je Kuh entstehen. Sinken die Einstreukosten, wird der Kompostierungsstall unschlagbar.

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