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„Der Maybach unter den Käse-Werken“

Lesezeit: 6 Minuten

Das Deutsche Milchkontor (DMK) will mit dem niederländischen Käse-Spezialisten DOC Kaas fusionieren. Doch viele Bauern wünschen sich höhere Milchpreise statt weiterer Fusionen. top agrar sprach darüber mit Geschäftsführer Dr. Josef Schwaiger.


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Herr Dr. Schwaiger, das DMK und DOC Kaas starten den zweiten Versuch zur Fusion. Warum wird es diesmal klappen?


Dr. Schwaiger: Als wir Ende 2011 fusionieren wollten, hatte sich das DMK gerade erst aus den Molkereien Nordmilch und Humana gegründet. Viele niederländische Landwirte kannten uns noch überhaupt nicht. Zudem war der Informationsfluss schlecht, viele Landwirte fühlten sich überrumpelt.


Das ist jetzt deutlich besser: Wir haben allen Mitgliedern ausführliche Informationen über den Fusionsvorschlag zukommen lassen, etliche Versammlungen veranstaltet und für die niederländischen Landwirte einen Tag der offenen Tür in unserer Käserei in Edewecht organisiert – mit 550 Teilnehmern. Die Rückmeldungen sind deshalb überwiegend positiv.


Damals scheiterte die Fusion am Votum der Niederländer. DOC zahlte zu der Zeit einen deutlich höheren Milchpreis als das DMK. Jetzt steht DOC wegen des Russland-Embargos mit dem Rücken zur Wand. Bleibt den Niederländern also gar nichts anderes übrig?


Dr. Schwaiger: Finanziell ist DOC ein gesundes Unternehmen. Es ist in den letzten Jahren konsequent den eingeschlagenen Weg weitergegangen, beispielsweise beim Aufbau neuer Absatzwege für Käse und der Profilierung der Marke „Dutch Original Cheese“.


Allerdings haben die Niederländer erkannt, dass die starke Spezialisierung auf Käse auch erhebliche Risiken mit sich bringt – vor allem auf den immer hektischeren und unvorhersehbaren Märkten. Deshalb haben sie die Entwicklung des DMK in den letzten Jahren mit Argusaugen beobachtet. Vor allem wegen unserer starken Internationalisierung und guten Bilanzen sehen sie in uns den idealen Partner.


Also profitiert nur DOC von der Fusion? Oder was versprechen Sie sich?


Dr. Schwaiger: Beide Seiten haben gleichermaßen etwas davon. DOC produziert an zwei Standorten in Hoogeveen 135 000 Tonnen Käse. Hoogeveen liegt nah am DMK-Erfassungsgebiet, zum Teil ist die Erfassung näher als an einem DMK-Werk in Deutschland (Übersicht). Das Werk im Molkereipark ist hochmodern und extrem kostengünstig, es ist der Maybach unter den Käsewerken. Es ist derzeit nicht ausgelastet, DOC kauft noch Milch zu. Das DMK hat hingegen keine Verarbeitungskapazitäten bei Käse mehr frei, erwartet aber mehr Milch. Hier können wir uns ideal ergänzen. Somit braucht das DMK in den nächsten fünf Jahren nicht mehr in die Schnittkäse-Produktion investieren. DOC ist stark bei Naturkäse, hier können wir profitieren. Und die Marke „Dutch Original Cheese“ passt gut in unser Markenportfolio.


Genau dagegen machen niederländische Molkereien gerade Stimmung. Sie wollen verhindern, dass ein Deutscher niederländischen Käse produziert.


Dr. Schwaiger: Wir verfolgen das, wundern uns aber, dass die Niederländer gerade jetzt ihren Nationalstolz entdecken. Denn durch unser Vertriebsnetz können wir den niederländischen Käse weltweit vertreiben. Davon profitieren indirekt auch andere niederländische Käseproduzenten. Und für uns steht zweifellos fest, dass niederländischer Käse auch von nieder-ländischen Landwirten kommt. Wir werden die Milch trennen und uns hüten, etwas daran zu ändern. Das würde der Glaubwürdigkeit schaden und nicht funktionieren.


Sollen deshalb auch die Genossenschaften eigenständig bleiben und nicht verschmelzen?


Dr. Schwaiger: DOC soll künftig wie eine eigenständige Tochter vom DMK operieren. Dazu wird die DOC B.V. eine 100%ige Tochter der DMK GmbH. Das ist allein wegen der länderspezifischen Besonderheiten notwendig. Die Genossenschaft DOC bleibt eigenständig. Nur so ist die Betreuung vor Ort gesichert und die Landwirte identifizieren sich mit ihrem Unternehmen.


DOC zahlt bspw. einen Nachhaltigkeitsbonus und hat einen anderen Umrechnungsfaktor von l in kg. Führt das nicht zu unterschiedlichen Milchpreisen und somit zu Konflikten?


Dr. Schwaiger: Die Berechnung der Milchpreise unterscheidet sich noch, hier müssen noch Anpassungen erfolgen. Künftig wird die DMK GmbH den Genossenschaften einen einheit-lichen Milchpreis auszahlen. Diesen können sie dann nach ihren „Spiel-regeln“ verteilen. Unter dem Strich erhalten alle Mitglieder den gleichen Auszahlungspreis. Alles andere würde auch nicht funktionieren.


Apropos Milchpreise: Schon bei der Fusion von Nordmilch und Humana haben Sie höhere Auszahlungs-preise versprochen, Ihre Milchbauern merken nichts davon. Das DMK zahlt unterdurchschnittlich aus. Bringt das ganze Fusionieren überhaupt etwas?


Dr. Schwaiger: Ohne die Fusion zum DMK wären wir heute nicht dort, wo wir sind. Beim Auszahlungspreis gibt es aber noch Luft. Allerdings ist der Milchpreis nur ein Aspekt, der die Leistungsfähigkeit einer Molkerei definiert. Hinzukommen noch die Investitionen sowie der Gewinn inkl. der Eigenkapital-Entwicklung. Und hier ist das DMK sehr gut aufgestellt: Wir haben in den letzten drei Jahren über 500 Mio. € in technische Erneuerungen, neue Anlagen und in Märkte investiert, unsere Eigenkapitalquote beträgt stolze 37 %. Gleichzeitig haben wir einen wettbewerbsfähigen Milchpreis gezahlt. Andere Molkereien haben mehr ausbezahlt, das stimmt. Diese Unternehmen haben aber kaum investiert oder haben sogar Eigenkapital eingeschmolzen, um den Milchpreis zu stützen. Kurzfristig geht die Strategie vielleicht auf, langfristig werden diese Molkereien aber von der Bild-fläche verschwinden. Wir sind deshalb für die Zukunft gerüstet.


Ihre Mitglieder müssen sich also weiter gedulden auf höhere Milchpreise. Bei der Fusion von FrieslandCampina haben die Milch­bauern viel schneller profitiert...


Dr. Schwaiger: Die Entwicklung von FrieslandCampina ist vorbildlich, auch für uns. Die Molkereien Friesland und Campina hatten allerdings schon vor der Fusion ihre Hausaufgaben gemacht, vor allem bei der Werksstruktur und bei der Internationalisierung. Hier hinkt die deutsche Molkereiwirtschaft deutlich hinterher. Aber wir sind überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und in Zukunft die Ernte einfahren für die Saat, die wir jetzt legen.


DOC kooperiert im Export mit der Molkerei Hochwald aus Thalfang. Wie soll es damit weitergehen?


Dr. Schwaiger: Es ist noch zu früh, etwas dazu zu sagen. Wir müssen uns erst die Verträge genau ansehen. Grundsätzlich stehen wir einer Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen aber offen gegenüber. Beispielsweise hat DOC bei der Molkeverarbeitung ein Joint Venture mit der Firma Volac und wir sehen keinen Grund, etwas daran zu ändern. Das DMK selbst arbeitet in der Molkeverarbeitung erfolgreich mit Arla zusammen. Der deutschen Milchwirtschaft würden mehrerer dieser strategischen Zusammenarbeiten helfen, es müssen ja nicht immer direkt Fusionen sein.


Wie ist der weitere Zeitplan?


Dr. Schwaiger: Mitte bis Ende Mai finden die Vertreter-Vorversammlungen und die Beirats-Klausur des DMK statt. Am 17. Juni stimmen unsere Vertreter über die Fusion ab. Die DOC-Mitglieder stimmen am 21. Mai ab. Sollte beides positiv verlaufen, müssen wir noch die Kartellfreigabe durch die EU-Kommission abwarten. Danach tritt die Fusion in Kraft. DOC soll einen Sitz im Aufsichtsrat und zwei Sitze in der Gesellschafter-Versammlung bekommen.Patrick Liste

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