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Die Löcher müssen passen

Lesezeit: 5 Minuten

Die Schlauchbelüftung soll in Kälberställen für frische Luft und gesunde Tiere sorgen. Damit das funktioniert, kommt es auf die technischen Details an. Über Erfahrungen aus den USA berichtet Sibylle Möcklinghoff-Wicke vom Innovationsteam Milch Hessen.


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Das Konzept klingt einfach: Ein Ventilator leitet frische Luft von außen in den Plastikschlauch. Über kleine Löcher verteilt sich die Frischluft gleichmäßig und gezielt im Stall. Das erhöht den Luftwechsel und reduziert den Keimdruck. Praktiker sind begeistert und berichten von einer besseren Kälbergesundheit und reduziertem Antibiotika-Einsatz (top agrar 2/2014, Seite R24).


Also schnell einige Löcher in einen Plastikschlauch gebohrt und einen Ventilator daran gehängt – fertig ist die Lüftung für den Kälberstall? Falsch, sagen Experten. Denn dann drohen Zugluft oder zu wenig Frischluft und somit mehr statt weniger kranke Kälber.


Individuelle Lösungen wichtig:

Damit die Schlauchlüftung funktioniert, sind individuell berechnete Lösungen nötig.


Diese kommen vom Erfinder des Systems, Dr. Kenneth Nordlund von der Universität Madison in Wisconsin. Bereits mehrere Firmen bieten diese „Tubes“ auch in Deutschland an (Übersicht Seite R19). Eine effektive Lüftungswirkung erzielen aber nur Systeme, die bis ins Detail berechnet sind. Und trotzdem gilt: die Schläuche sind kein Allheilmittel für jeden Stall (siehe Kasten).


Ziel ist, die Luft im Kälberstall viermal pro Stunde auszutauschen. Dafür sind etwa 25 m3 Luft pro Kalb und Stunde nötig. Die Windgeschwindigkeit im Aufenthaltsbereich des Kalbes sollte nicht über 0,3 m pro Sekunde liegen, sonst entsteht Zugluft.


Das gilt besonders im direkten Umfeld des Kalbes. Damit das gelingt, müssen Ventilator, Durchmesser und Position des Schlauches sowie Größe und Position der Luftlöcher zueinander passen und individuell an den Stall angepasst sein. Hierauf sollten Sie achten:


  • Schlauch: Bei einer Stallbreite von neun bis zehn Metern ist ein Schlauch ausreichend, in breiteren Ställen sind zwei Schläuche nötig. Die baulichen Gegebenheiten bestimmen auch die Schlauchlänge und die Höhe, in der dieser aufgehangen wird. Für einen gleichmäßigen Luftaustritt von Anfang bis Ende sollte der Schlauch aber nicht länger als 60 m sein.


Die Schläuche sollten so hoch hängen, dass weder Tier noch Mensch damit in Kontakt kommen. Sind die Seitenwände offen, sollte der Schlauch höher hängen, damit die seitliche Luftbewegung die Position und Funktion der Konstruktion nicht beeinflusst. Zur Fixierung im Stall eignen sich Dachtraversen oder das Aufhängen an doppelten Kabeln.


  • Löcher: Für die richtige Luftmenge und -geschwindigkeit sind Größe und Position der Luftlöcher im Schlauch entscheidend.


Ziel ist, dass die Frischluft 1,20 m über der Liegefläche des Kalbes „windstill“ (0,3 m pro Sekunde) ankommt. Aus den Löchern verteilt sich die Luft in Form eines Kegels. Wie weit dieser reicht, lässt sich individuell über den Durchmesser von Schlauch und Löchern einstellen. Je größer der Druck im Schlauch, umso höher sind Luftgeschwindigkeit und Wurfweite.


Zum Vergleich: Bei einer erzeugten Windgeschwindigkeit von 6 m pro Sekunde beträgt die Wurfweite aus kleinen Löchern (2,5 cm) etwa 2 m und aus großen Löchern (7,6 cm) etwa 6 m.


Luft in Einzelboxen blasen:

Die Löcher sind dabei so positioniert, dass die Frischluft bestimmte Stellen im Stall erreicht.


Das ist besonders über Einzelboxen wichtig. Ist die Vorderfront geschlossen, sollte der Luftstrom direkt in die Mitte der Box reichen. Weil sich der Luftstrom wie ein Kegel ausbreitet, lassen sich in der Regel mit einem Luftloch mehrere Boxen versorgen.


  • Ventilator: Die Luftströmung sollte über die gesamte Länge des Schlauches konstant sein. Dazu muss die Ventilatorleistung zur Länge und zum Durchmesser passen.


Ist beispielsweise der Durchmesser zu klein, steigt der Luftdruck im Inneren und entweicht schlagartig. Es entsteht Zugluft.


Ist der Schlauch breiter als der Ventilator, kann sich der Schlauch verdrehen und die Luftströmung verändern. Ein korrekt installiertes Verbindungsstück verhindert das.


Bei der Auswahl der Ventilatoren ist zu beachten, dass die vom Hersteller angegebene Laufleistung von der Luftführung verändert werden kann. Ein Beispiel dafür ist eine Ventilator-Haube an der Außenwand, die Regen und Schnee fernhält.


Eine variable Umdrehungsgeschwindigkeit ist nicht sinnvoll, denn die Ventilatoren für die Schlauchlüftung sollen an 365 Tagen im Jahr an 24 Stunden laufen. Zudem bedeutet eine um 50% reduzierte Laufleistung nicht, dass die Luftkapazität um 50% reduziert wird.


  • Material: Es gibt Schläuche aus weichem Polyethylen, die aufgrund des Materials durch den Luftstrom verdrehen können und meist nur eine Position der Luftaustrittslöcher ermöglichen. Außerdem gibt es starre, aber stabile Schläuche aus Hart-PVC, bei denen die Löcher manuell gebohrt werden. Auch einfache Drainagerohre sind einsetzbar.
  • Pflege: Das Lüftungssystem arbeitet nur dann so wie berechnet, wenn Ventilator und Schlauch funktionsfähig sind. Damit der Ventilator konstant und effizient arbeitet, müssen die Rotorblätter regelmäßig gereinigt werden. Das Schutzgitter muss frei von Laub, Stroh oder Schmutz sein.


Im Winter und bei sehr großen Temperaturunterschieden kann die Luft kondensieren. Die Feuchtigkeit der Stallluft könnte am Schlauch festfrieren und die Luftlöcher vereisen. Verhindern lässt sich das mit Kondensationslöchern an der Oberseite. So fließt die kalte Luft um den Schlauch und die wärmere, feuchte Luft haftet nicht an.-rei-

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