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„Die Mistschieber raubten uns den letzten Nerv“

Lesezeit: 7 Minuten

Die massiven Probleme mit ihren Mistschiebern haben zwei Milcherzeuger fast in den Wahnsinn getrieben. Die Hersteller sparen auf Kosten der Qualität.


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Obwohl Frank Caspers aus Niedersachsen und Manuel Geyer aus Thüringen noch nie miteinander gesprochen haben, sind sie absolut einer Meinung: „Der finanzielle Schaden ist das kleinere Übel, aber die psychische Belastung hat uns fast fertig gemacht!“


Wer so etwas sagt, muss schon etwas durchgemacht haben – und das haben sie: Beide Milcherzeuger installierten in ihren neuen Ställen stationäre Mistschieber. Und bei beiden Milcherzeugern sorgte die Entmistungstechnik über Monate hinweg für massiven Ärger.


Schieber enttäuscht.

Frank Caspers aus Apen hat vor knapp drei Jahren eine Achse am Melkhaus verlängert, um einen Transitstall mit Strohbuchten für die Trockensteher, Abkalber und Frischmelker zu schaffen. Den 4 m breiten und 30 m langen Fressgang sollte ein stationärer Mistschieber der Fa. Mullerup (Gea-Konzern) räumen.


Doch mit der Arbeit des Schiebers war Caspers von Anfang an unzufrieden. Besonders die umständliche Steuerung der Anlage nervte ihn. Hinzu kam die schlechte Räumqualität: „Der Boden wurde einfach nicht richtig sauber, obwohl wir selber schon ein Gummiband an den Schieber montiert hatten. Schmutzige Böden sind im Repro-Bereich nicht zu akzeptieren“, bemängelte der Milcherzeuger. Doch Fa. Mullerup reagierte auf seine Kritik nicht.


Und es kam noch schlimmer: Als Zugsystem des Schiebers hatte Mullerup ein Tau verwendet. Dieses hielt den Belastungen allerdings nur ganze zwei Monate stand. Daraufhin musste Caspers auf eigene Kappe ein Drahtseil einbauen lassen. Kostenpunkt: 3,50 € pro laufendem Meter. Die umständliche Bedienung und schlechte Räumqualität waren damit aber immer noch nicht behoben.


Caspers hat von den ständigen Problemen so langsam die Nase voll. Deshalb überlegt er die Anlage auszubauen und den Gang täglich mit einem Schlepper abzuschieben. Sein Fazit: „Der Schieber von Fa. Mullerup enttäuscht auf ganzer Linie. Wenn sich unser Händler vor Ort nicht so bemüht hätte, die Anlage ans Laufen zu bekommen, würde ich gegen Mullerup vor Gericht ziehen. Denn der finanzielle Schaden ist immens.“


Insbesondere die schlechte Räumqualität scheint kein Einzelfall zu sein. Denn die Firma Mullerup gibt die Probleme ihres Schiebers bei Rautenböden gegenüber top agrar offen zu. Inzwischen hat der Hersteller seinen V-Schieber deshalb überarbeitet. „Wir haben die Flügel optimiert, so dass wir jetzt auch diese Böden richtig sauber bekommen“, verspricht Søren Lundby von Mullerup.


Schlaflose Nächte:

Noch eine Nummer härter sind die Vorfälle bei der Erzeugergenossenschaft Neumark in Thüringen.


Diese hat sich 2010 für den Neubau von zwei sechsreihigen Kuhställen mit planbefestigten Laufgängen entschieden. Nach der Ausschreibung bekam die Fa. De Boer vom Gea-Konzern den Zuschlag. „Ein großer Hersteller mit bekannten Namen, da wird schon nichts schief gehen“, dachte Manuel Geyer, Leiter der Milchproduktion, damals noch.


Die Baubetreuung führte das Innovationsteam Christiane Brandes aus Heiddorf durch. Dieses hatte schriftlich mit dem Hersteller vereinbart, dass der Stall 165 m lang ist und mittige Abwurfschächte hat, die Gänge aus planbefestigten Rautenböden bestehen und die Schieber keine Führungsschiene bekommen sollten.


De Boer hatte daraufhin das Fabrikat Jumbo XL empfohlen. Die insgesamt 16 Schieber wurden im Winter 2010 ausgeliefert. Das Innovationsteam versicherte sich, ob auch tatsächlich die richtigen Anlagen angekommen sind. Daraufhin baute der Händler vor Ort die Mistschieber im Frühjahr 2011 ein.


Allerdings nahm das Dilemma mit dem Einzug der Kühe im April 2011 seinen Lauf. Denn bei den gelieferten Schiebern waren das Mittelteil und die Flügel nur über einen Bolzen fixiert. Da es – wie vereinbart – keine Führungsschiene gab, hatten die Flügel keinen Halt und klappten während der Vorwärtsbewegung nacheinander nach hinten weg. Die Gänge konnten nicht geräumt werden.


Bauherr und Innovationsteam wendeten sich sofort an den Hersteller, um das Problem anzugehen. „Doch von De Boer kam nichts. Letztlich mussten wir Vorschläge machen, wie wir die Anlagen ans Laufen bekommen“, kritisiert Christiane Brandes, Inhaberin des Innovationsteams.


Im ersten Anlauf schickte der Hersteller dann eine Anleitung, wie und wo zusätzliche Ketten zwischen Mittelteil und Flügel angebracht werden sollten. Das Material besorgte die Genossenschaft, die Arbeit übernahmen die Mitarbeiter sowie der Händler vor Ort.


Allerdings passte der Winkel der Flügel immer noch nicht, die Ketten waren zu weit hinten positioniert. Die Folge: Die Flügel hakten sich an den Laufgangkanten fest und verbogen sich daraufhin. Rund 30 Flügel wurden deshalb krumm – die Gülle stand wieder auf den Laufgängen.


Erneut hakten Bauherr und Innovationsteam beim Hersteller nach. Dieser schickte daraufhin längere Flügel, neue Ketten, eine überarbeitete Anleitung zum Anbringen der Ketten sowie ein U-Eisen zum Verstärken der Schienen. Reparatur und Einbau führten wiederum die Mitarbeiter der Genossenschaft und der Händler aus. Seit dem Spätsommer 2011 laufen die Mistschieber nun mehr oder weniger problemlos.


Geyer schätzt den finanziellen Schaden beziehungsweise Aufwand durch die Arbeit der eigenen Mitarbeiter auf rund 5 000 €. Doch der ständige Druck hat ihm viel mehr Ärger bereitet: „Bei uns fallen pro Tag rund 120 m3 Gülle an. Und wenn du nicht weißt, wie du diese von den Gängen bekommst, machst du abends kein Auge mehr zu!“


Besonders die Ignoranz des Herstellers stört ihn: Während der Händler vor Ort ständig versucht habe, die Probleme in den Griff zu bekommen, sei von der Firma De Boer erst jemand auf den Betrieb gekommen, als die Probleme be-hoben waren. Das war im Herbst 2011.


Firma De Boer bestätigt die Schwierigkeiten bei der Erzeugergenossenschaft Neumark gegenüber top agrar: „Die Probleme sind entstanden, weil es keine Führungsschiene gibt. Hier passte die Abstimmung zwischen uns und den Bauherren nicht“, sagt Henri Geerts von Fa. De Boer. Dass es etwa sechs Monate gedauert habe, bis die Schwachstellen behoben waren, lag seiner Meinung nach an der Umstrukturierung innerhalb der Firma. „Aber aus Sicht der Landwirte ist das natürlich ärgerlich“, so Geerts. Deshalb habe De Boer der Erzeugergenossenschaft nun auch kostenlos Ersatzteile zur Verfügung gestellt. Allerdings betrug die Lieferzeit für die versprochenen Teile laut Geyer satte sechs Wochen, einige Teile ließen sogar noch länger auf sich warten.


Die Lehren daraus:

Die geschilderten Fälle sind keine Einzelschicksale, sagt Brandes: „Größere Ställe fordern robuste Technik. Doch seitdem die Stahlpreise gestiegen sind, sparen die Firmen am Material. Dadurch kommt es häufiger zu solchen Problemen. Die Leidtragenden sind die Landwirte!“


Der „Ausrede“ der Firmen, dass die Probleme insbesondere bei Rautenböden und Mistschiebern ohne Führungsschiene auftreten, kann die Bauberaterin nicht folgen: „Bei der Ausschreibung wurde jede Firma darüber informiert. Zudem muss eine solche Entmistungstechnik bei jedem Untergrund tadellos funktionieren – dafür gibt es genügend positive Beispiele!“


Damit Sie beim Kauf von stationären Entmistungsanlagen kein Schiffbruch erleiden, achten Sie auf folgende Punkte:


  • Machen Sie sich frühzeitig mit der Technik vertraut und formulieren Sie die Anforderungen schriftlich (siehe Kasten).
  • Kümmern Sie sich deutlich vor Beginn der Bauphase um die Mistschieber-Frage.
  • Lassen Sie sich Referenzanlagen zeigen, auf denen genau das Fabrikat läuft, das Sie kaufen wollen.
  • Verlassen Sie sich nicht „blind“ auf einen renommierten Hersteller.
  • Achten Sie auf einen kompetenten Kundendienst. Dieser ist genauso wichtig wie bei der Melktechnik.
  • Reklamieren Sie mögliche Mängel zeitnah, am besten über einen Anwalt.
  • Halten Sie einen Teil des Kaufbetrages als „Druckmittel“ zurück. P. Liste

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