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Die mobilen Käsemacher

Lesezeit: 6 Minuten

Für stabile Preise suchen viele Milcherzeuger neue Absatzwege für die Milch. Mit einer mobilen Käserei können sie vom Boom bei der Direktvermarktung profitieren.


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Heute ist Käsertag auf dem Betrieb Hartl in Türkenfeld im Landkreis Fürstenfeldbruck (Bayern). Pünktlich um 13 Uhr fährt Christian Merk mit seinem gelben „Käsemobil“ vor die Milchkammer. Der Dienstleister aus dem 100 km entfernten Kimratshofen im Allgäu kommt seit zwei Jahren dreimal im Jahr auf den Hof von Tanja und Florian Hartl, auf dem es 85 Fleckviehkühe mit Nachzucht gibt.


Starke Nachfrage:

In wenigen Minuten ist das Käsemobil mit Strom- und Wasseranschluss verbunden. 800 l Milch fließen direkt aus dem Milchtank in den Käsekessel und Merk beginnt seine Arbeit (s. Kasten Seite R37).


Wie andere mobile Käsereien hat auch er in den letzten zwei Jahren eine starke Nachfrage erlebt. Viele Betriebe suchen nach der Milchpreiskrise eine stabile Vermarktungsalternative. Andere wollen mit der Direktvermarktung wieder stärker in Kontakt mit Kunden treten und das Image der Landwirtschaft verbessern, so auch Familie Hartl. „Wir vermarkten schon länger Eier und Milch ab Hof. Da ist der Käse eine tolle Ergänzung“, sagt Tanja Hartl, die im Betrieb für die Direktvermarktung zuständig ist. Sie hat festgestellt, dass sie mit dem Angebot von Käse auch neue Kunden bekommt. Sie schätzen, dass der Käse aus eigener Milch auf dem Hof hergestellt wird und damit kein anonymes Produkt ist. Neben festen Käufern nehmen auch Wanderer oder andere Besucher gern mal ein Stück mit, wenn sie am Betrieb vorbeikommen.


Bergkäse ist beliebt:

Merk produziert auf dem Betrieb aus Rohmilch reinen Bergkäse. „Wir haben auch mal ChiliBergkäse probiert, aber das nehmen die Leute hier nicht so an“, hat die Betriebsleiterin festgestellt.


Für die Verarbeitung von 800 l Milch braucht Merk zwischen vier und fünf Stunden. Er schafft damit am Tag zwei Betriebe oder auf einem Betrieb zwei bis drei Durchgänge. Jeweils montags, mittwochs und freitags macht er Käse, den Rest der Woche arbeitet er im Reifelager, um den Käse u.a. mit Salzlake zu bestreichen.


In der Regel ist er alle vier bis sechs Wochen auf den Betrieben. Bei Familie Hartl ist der Abstand größer. „Wir schaffen es, rund 240 kg Käse im Jahr zu vermarkten, mehr geht im Moment nicht“, erklärt Hartl. Den fertigen Käse holt sie aus dem Reifelager selbst ab und schneidet ihn in der Gewerbeküche einer Gastwirtschaft auf, die ein Verwandter besitzt. Hier gibt es auch einen großen Kühlraum zur Lagerung. Über die Gastwirtschaft wird auch ein Teil des Käses verkauft bzw. verarbeitet. Hartl erlöst damit 18 €/kg.


Merk produziert neben Bergkäse für andere Kunden auch Tilsiter, den er je nach Wunsch der Kunden mit Bockshornklee, Kräutern, Pfeffer oder Chili versetzt. Er hat Kunden, die mit dem Käse im Jahr eher einen kleinen Zusatzerlös erwirtschaften, andere lassen dreimal im Monat käsen und kommen auf über 50000 € Umsatz im Jahr. Pro Termin nimmt Merk 480 € inkl. MwSt. bei mittlerer Entfernung bis 100 km. Das entspricht Kosten von 6 €/kg Käse.


Sollte es mal Probleme mit der Käsequalität geben, sodass dieser nicht zu vermarkten wäre, würde er die Kosten für die Milch übernehmen, wenn es erkennbare technische Probleme gegeben hat. „Das ist aber seit meinem Einstieg im Jahr 2011 noch nicht vorgekommen“, sagt er.


Es kann aber auch mal Probleme geben, wenn die Milchqualität nicht stimmt, z.B. bei hohen Zell- und Keimgehalten oder schlechter Futterqualität. Das kann gerade bei Nachgärungen des Futters im Sommer passieren. „Es gibt auch Betriebe, bei denen die Käseproduktion nicht klappt, denen sage ich dann schließlich ab“, berichtet Merk.


Käse im Lieferservice:

Seit Frühjahr 2017 vermarkten auch Maike und Dirk Hinsch unter der Marke „Seefelder Landmilch“ Käse aus eigener Milch. Hierfür nimmt der Betrieb aus der Nähe von Bad Oldesloe (SchleswigHolstein) die Dienstleistung von Elena und Eduard Martens aus Stade in Anspruch, die seit zwei Jahren mit einer mobilen Käserei in Norddeutschland unterwegs sind. Das Käsemobil verarbeitet 1000 l Milch pro Termin und ist im Rhythmus von sechs Wochen auf dem Betrieb Hinsch. Die mobile Käserei stellt hier Käse nach Gouda- und Tilsiter-Art her. Es gibt einen Grundkäse ohne Zusätze sowie einen mit mediterranen Kräutern. Hierfür entnimmt Martens bei der Herstellung erst die Hälfte des Bruchs aus dem Kessel und füllt ihn in die Formen. Dann wird die Kräutermischung in den Rest untergerührt. „Wir stellen mit Bergkäse und Schnittkäse zwei Grundsorten her und können dann verschiedene Varianten anbieten“, erklärt Elena Martens. Beliebte Zusätze sind neben der Kräutermischung auch Bockshornklee, Bärlauch, Kümmel, Knoblauch, Brennnessel, Walnüsse oder Kürbiskerne.


Vermarktung kostet Zeit:

Theoretisch könnte Maike Hinsch den Käse auch selbst herstellen. Denn für den Einstieg in die Direktvermarktung hat sie mit ihrem Mann im Jahr 2015 ein neues Gebäude errichtet, um Milch zu pasteurisieren und Joghurt mit neun verschiedenen Fruchtsorten herzustellen. Doch sie ist froh, die Käseproduktion auslagern zu können. „Dafür ist Spezialwissen erforderlich. Auch hätten wir nicht die Zeit für die Käsepflege“, begründet sie das. Denn der Aufwand für die Vermarktung der Produkte ist nicht zu unterschätzen, hat sie feststellen müssen.


Zur Vermarktung hat der Betrieb einen Lieferservice aufgebaut. „Wir liegen sehr weit außerhalb, mit Laufkunden hätten wir viel zu wenig Absatz“, begründet sie das. Die heute rund 200 Kunden können die Produkte über ein Online-Portal bestellen. Gut ein Drittel der Menge liefert Hinsch an etwa 15 Hofläden sowie kleine Bäckereien in der Umgebung sowie an einen Delikatessenladen in Bad Oldesloe.


Zusammen mit einem benachbarten Hühner- und einem Schweinehalter hat sie eine Marketingkooperation abgeschlossen. Jetzt bietet sie neben den Milchprodukten auch Honig, Eier und Wurst an. Käse ergänzt das Sortiment hervorragend.


Die rund 100 kg Käse, die pro Käsetermin hergestellt werden, vermarktet der Betrieb heute in rund sechs Wochen. Hierfür erlöst Hinsch 24,90 €/kg inkl. MwSt. bei den Endkunden. Wiederverkäufer erhalten einen Rabatt. Sie schneidet den Käse in Portionen von 250 bis 300 g und vakuumiert sie im Reinraum der eigenen Hofmeierei.


Hinsch hat die Milchverarbeitung nach EU-Hygienerecht zertifizieren lassen. „Das war relativ viel Aufwand, aber jetzt haben wir damit die Option, Milchprodukte auch an Wiederverkäufer, Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen liefern zu können“, sagt sie. Hinrich Neumann

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