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„Die neuen Kontrakte sind nicht marktgerecht“

Lesezeit: 6 Minuten

Die Schere zwischen Spotmarkt und Milchpreisen, der Kontrakt für die weiße Linie und die Haltungs-formkennzeichnung stehen bei den Bauern in der Kritik. Welche Position bezieht die Bayern MeG?


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Herr Seemüller, die Spotmärkte notierten Ende Januar über 50 Cent und die Milchanlieferung ist geringer als im Vorjahr. Trotzdem zahlen viele Molkereien weniger als 40 Cent aus. Wie passt das zusammen?


Markus Seemüller: Was auf den Spotmärkten passiert, ist nicht immer unmittelbar auf den Kontraktmärkten umsetzbar. Das braucht Zeit. Als im April 2020 die Pandemie tobte, fielen die Spotmarktpreise unter 20 Cent. Die Auszahlungspreise der Molkereien lagen über 30 Cent. Auch da hatten wir eine Schere von bis zu 15 Cent zwischen Spotmarkt und Milchpreis. Diese Entwicklung geht mal in die eine, mal in die andere Richtung.


Der Spotmarkt reagiert extrem schnell und empfindlich. Die Mengen, die dort gehandelt werden, sind sehr gering. Trotzdem ist er ein wichtiger Indikator. Ich bin froh, dass er zurzeit so gut läuft.


Molkereien und Handel haben bei den jüngsten Kontrakten für die Weiße Linie den Preis für Trinkmilch nur um 3 Cent erhöht. Warum konnten die Molkereien nicht mehr herausholen?


Seemüller: Für mich ist das ein ganz deutliches Beispiel dafür, dass die Preise nicht nur durch Angebot und Nachfrage entstehen. Sonst hätten wir einen höheren Abschluss gesehen. Preise entstehen auch durch Wettbewerb und Psychologie. An dieser Stelle muss ich feststellen, dass der Markt von unterschiedlichen Kräfteverhältnissen und Augenhöhen geprägt ist.


Wie könnten die Molkereien ihre Verhandlungsposition gegenüber dem LEH verbessern?


Seemüller: Ich halte Kontrakte mit festen Preisen und Laufzeiten über ein Jahr für nicht mehr zeitgemäß. Die Politik hat sich vollständig aus den Märkten zurückgezogen und lässt dort den Kräften freien Lauf. Das führt zu sehr volatilen Märkten, in denen die Preise schnell steigen und fallen. Bei solchen Bedingungen ist es gefährlich, Festpreise für ein Jahr abzuschließen. Wenn ich jetzt einen Kontrakt bis Mitte des Jahres habe, dann kann ich zuschauen, wie mir die Milchpreise und der Markt davonlaufen. Ich kann mir vorstellen, dass auch hier die unterschiedlichen Kräfteverhältnisse dem einen oder anderen Unternehmen keine Chance lassen.


Was wäre aus Ihrer Sicht eine angemessene Laufzeit?


Seemüller: Ich hielte es für sinnvoll, wenn die Molkereien regelmäßig mit dem LEH über die Preise sprechen und die Preise dann auch in diesen Abständen an die Marktsituation angepasst werden. So machen wir als Bayern MeG es ja auch mit den Molkereien: Wenn Märkte sehr schnell in Bewegung sind, dann in kurzen Abständen. Und wenn sie stabiler sind, dann werden die Intervalle länger. Die Geschäftsbeziehung zwischen Molkereien und Handel muss jedenfalls angepasst werden, alles andere ist aus der Zeit gefallen.


Welche Schlüsse zieht die Bayern MeG aus dem Missverhältnis zwischen Marktlage und Milchpreis?


Seemüller: Als wir im Herbst gemerkt haben, dass eine ungeheure Dynamik entsteht, hat der Vorstand der Bayern MeG sofort beschlossen, dass wir bei den Gesprächen mit den Molkereien nur noch monatliche Milchpreisvereinbarungen treffen. Obwohl die Molkereien unbedingt Preise für das komplette vierte Quartal haben wollten, haben wir nur den Oktoberpreis vereinbart. Im November gab es wieder einen Schwung nach oben. Wir führten erneut Gespräche und es gab wieder einen Preisschritt nach oben. Und im Dezember das Gleiche.


Der Bayern MeG-Vorsitzende Herbert Maier hat kürzlich die Haltungsformkennzeichnung als Zäsur für die deutsche Milchwirtschaft bezeichnet. Was ist damit konkret gemeint?


Seemüller: Aldi, Lidl, Edeka und Rewe haben sich auf ein System der Haltungsformkennzeichnung verständigt. Das hat zur Folge, dass sich die verschiedenen Prozessqualitäten bei der Milch unterschiedlich gut vermarkten lassen. Konventionelle Milch aus einem tierwohlgerechten Laufstall mit Laufhof lässt sich besser vermarkten als Milch aus einem ganzjährigen Anbindestall. Das bedeutet eine Zäsur. Denn die unterschiedliche Prozessqualität gab es bisher nur zwischen Biomilch und konventioneller Milch.


Die zentrale Frage lautet: Wer trägt, das Vermarktungsrisiko, wenn ich die Milch mit einer bestimmten Prozessqualität herstelle? Erzeuge ich z.B. Milch mit der Haltungsform 3, erhalte ich dann für die gesamte Milch den Zuschlag für Stufe 3 oder nur für die Milch, die die Molkerei unter dieser Haltungsstufe verkauft bekommt? Als Bayern MeG legen wir jedenfalls Wert darauf, dass die gesamte im Betrieb erzeugte Milch mit diesem Zuschlag versehen wird.


Den „QM+“-Zuschlag des LEH von 1,2 ct/kg für gelistete Produkte mit Haltungsform 2 sollen die Molkereien auszahlen. Wie stehen Sie dazu?


Seemüller: Dem Vernehmen nach soll dazu eine Branchenvereinbarung unterzeichnet worden sein. Die Gremien der Bayern MeG haben sich deshalb in einem Schreiben an die Transparenzstelle von QM gewandt. Wir würden gerne Kenntnis davon erlangen, welche Finanzströme an unsere Marktpartner fließen. Nur so können wir nachvollziehen, wie viel davon beim Landwirt ankommt. Wenn der Zuschlag nur für gelistete Produkte gezahlt werden soll, dann liegt das Risiko beim Landwirt. Nur wenn für jedes erzeugte kg Milch die 1,2 Cent fließen, wäre es anders.


Wie beurteilen Sie die Marktaussichten für dieses Jahr?


Seemüller: Ich bin optimistisch, dass der Markt so bleibt, wie wir ihn heute kennen. Durch die Verteuerung der Energie ist auch der Dünger teurer und knapper geworden. Das führt zu eingeschränkten Erntemengen und strahlt durch bis zur Milchproduktion. Ich erwarte nicht, dass sich die globale Milchproduktion ausdehnen wird.


Hinzu kommt in Deutschland die Debatte um die roten Gebiete und das Image der Landwirtschaft. Das führt dazu, dass immer mehr Betriebe aufhören, zumal es Erwerbsalternativen gibt. Zusätzliche Faktoren sind der Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft und der höhere Mindestlohn. Daher erwarte ich einen weiteren Rückgang der Milchmengen bei uns.


Ich weiß aber, dass Märkte sich sehr schnell verändern können. Gerade dann, wenn politische Entwicklungen stattfinden, die die Märkte empfindlich beeinflussen. Allein eine Störung des Außenhandels könnte uns die Exportabhängigkeit des deutschen Milchmarktes schnell wieder vor Augen führen. Ihr Kontakt zur Redaktion:klaus.dorsch@topagrar.com

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