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Ein erfolgreiches Zusammenspiel

Lesezeit: 8 Minuten

Michael und Bianca Gommel ist eine gute Eutergesundheit ihrer Herde wichtig. Ihr Erfolgsrezept lautet: Konsequenz in allen Betriebsbereichen.


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Die letzte Molkereiinfo von Familie Gommel aus Ditzingen in Baden-Württemberg belegt einen Zellgehalt von 59000 somatischen Zellen/ml Milch. 2019 lag der Schnitt bei 75000 Zellen/ml. Den niedrigen Wert erklärt sich der Betriebsleiter so: „Wir verzichten auf keine Arbeitsschritte und sind immer konsequent.“


Michael Gommel führt gemeinsam mit seiner Frau Bianca und zwei Auszubildenden sowie der Mithilfe seiner drei noch schulpflichtigen Söhne den Milchhof Gommel. Der Herdenschnitt der 120 Fleckviehkühe liegt momentan bei 10840 kg Milch/Kuh und Jahr mit 4,17%Fett und 3,6% Eiweiß.


Der Boxenlaufstall für die laktierenden Kühe sowie das separate Melkhaus sind acht Jahre alt. Familie Gommel legte bei der Planung großen Wert auf Kuhkomfort: Die Laufgänge sind planbefestigt, eine automatische Entmistung schiebt sie alle 1,5 Stunden ab.


Wichtig war ihnen, dass jedes Tier einen eigenen Fress- und Liegeplatz hat. So gibt es weniger Gerangel und damit weniger sozialen Stress im Stall. Um auch Hitzestress vorzubeugen, haben Gommels fünf große Ventilatoren nachgerüstet.


Aufgrund des besseren Liegekomforts hat sich das Ehepaar für Tiefboxen entschieden. „Wir streuen sie alle zwei Wochen mit Kälbermist aus unserem eigenen Betrieb ein, den wir mit Kalk vermischen“, erklärt der Milcherzeuger. „Zweimal täglich pflegen wir die Liegeboxen, wenn wir die Kühe zum Melken treiben“, ergänzt seine Ehefrau Bianca.


Doppel-18er-Swing Over


Die Melkarbeit teilt sich das Betriebsleiterehepaar: Morgens melkt Michael Gommel, abends seine Frau oder einer der Auszubildenden. „Wir wollten kein automatisches Melksystem, weil wir den Anspruch haben, die Tiere morgens und abends zu sehen“, erklären sie.


Die Entscheidung fiel letztlich auf einen Doppel-18er-Swing Over. Etwa 70 bis 80 Minuten brauchen sie für eine Melkzeit. „Bei einem Melkstand in dieser Größe könnten wir bestimmt auch schneller mit dem Melken durch sein“, räumt Michael Gommel ein. Sie halten allerdings seit Jahren genaue Abläufe ein, von denen sie nicht abweichen wollen: Die Melkroutine besteht aus Vordippen mit Milchsäureschaum im ersten Schritt. Anschließend melken sie vor und reinigen die Zitzen mit trockenen Einwegtüchern. Dann werden die Melkzeuge angehängt. Bei allen Schritten teilen die Betriebsleiter jede Seite in zwei mal neun Kühe auf. „Die Anrüstzeit dauert sonst zu lang“, erklärt Bianca Gommel. Am Ende dippt die gelernte Konditorin die Zitzen mit einem Zweikomponentenmittel auf Milchsäurebasis. Der Aufwand lohnt sich: 81% der Herde gelten mit weniger als 100000 Zellen/ml als eutergesund. „Wenn eine Kuh durch einen erhöhten Zellgehalt auffällt oder irgendwas am Euter nicht passt, bekommt sie ein grünes Band um“, beschreibt ihr Mann. „Vor dem Melken reiben wir bei solchen Kühen das Euter mit einer Pfefferminzsalbe ein. Das regt die Durchblutung und die Oxytocin-Ausschüttung an.“


Im Melkstand achten Gommels nicht nur auf Genauigkeit bei den Abläufen. Sie wechseln zusätzlich regelmäßig die Zitzengummis und lassen die gesamte Anlage jährlich warten. ▶


Zweimal täglich mischen


Nach dem Melken finden die Kühe im Stall immer frisches Futter. „Wir machen täglich zwei Mischungen und legen die Ration morgens und abends vor“, erklärt Michael Gommel. Ein automatischer Futteranschieber fährt alle drei Stunden den Futtertisch entlang und sorgt für eine permanente Futtervorlage.


Die Ration für die Laktierenden ist auf 28 kg Milchleistung am Trog ausgerechnet. „Zusätzlich erhalten die Kühe bis zu 5 kg Kraftfutter über den Transponder“, erklärt der Landwirt. Die Ration besteht aktuell aus je 600 g Heu und Stroh, 1,4 kg Schrot (Wintergerste und Körnermais), aus 3 kg Eiweißfuttermittel, 12 kg Grassilage vom ersten Schnitt sowie 24 kg Mais. Weil er zweimal mischt und vorlegt, erwärmt sich das Futter im Trog kaum. Um Nacherwärmung auch im Silostock zu vermeiden, verfüttert er die Silage aus den großen Silos im Winter und die aus den kleineren im Sommer. So stellt er ausreichend Vorschub sicher.


28 ha Grün- und 36 ha Ackerland bewirtschaftet Familie Gommel. Darauf bauen sie Acker- und Kleegras sowie Mais an. Zusätzlich zu den 17 ha, die er selbst anbaut, kauft er 13 ha Mais zu. Die Ernte des Grünlands erledigt Gommel selbst. „Wir haben etwa 600 bis 630 mm Niederschlag pro Jahr“, erklärt er. Damit schafft er es, im Mittel fünf Schnitte zu ernten. „Ich möchte die Grassilage immer etwas trockener haben“, sagt er. Sein Ziel ist ein Trockenmassegehalt von 35 bis 40%. Die Schnittlänge stellt er auf etwa 45 mm ein. Um möglichst wenig Ernteverluste zu haben, häckselt er die Silage nicht, denn beim Aufwirbeln des recht trockenen Schnittguts würde es zu Verlusten kommen. Deshalb sammelt er das Gras mit einem Ladewagen auf. Bei der Mais- und Grasernte nutzt er ein Siliermittel auf Basis von Milchsäurebakterien, um eine höchstmögliche Futterqualität zu gewährleisten.


Dem Jungvieh und den Trockenstehern legt der Landwirtschaftsmeister eine andere, weniger energiereiche Ration vor. Sie besteht aus jeweils 1,5 kg Heu und Stroh, 300 g Ergänzungsfutter, 10 kg Mais, 11 kg Gras und 3 l Wasser.


Antibiotisch Trockenstellen


„Die Trockenstehphase dauert bei uns 40 Tage“, beschreibt der 44-Jährige. Familie Gommel stellt alle Kühe antibiotisch trocken. „Wir haben schon Kühe mit 30000 Zellen/ml mit Antibiotikum trocken gestellt, da gehen wir kein Risiko ein“, räumt der Landwirt ein. Jede Kuh bekommt außerdem einen Zitzenversiegler.


Die trockengestellten Kühe sind auf einem Laufhof mit überdachten Liegeboxen untergebracht. 24 Tiere finden dort Platz. Bevor sie dorthin wechseln, schneidet Gommel ihnen die Klauen. „Die Klauenpflege übernehmen wir komplett selbst“, erklärt er. Dabei hält er bei allen Kühen eine festgelegte Routine ein: „Ich schneide immer am 150. Laktationstag und vor dem Trockenstellen“, sagt er.


Kurz vor der Kalbung kehren die Kühe zurück in den Kuhstall, in dem sich der großzügige Abkalbebereich befindet. Nach der Kalbung geht es für die Kühe in den Laufstall und für die Neugeborenen in den zwei Jahre alten Kälberstall.


Fokus auf Kälber


Im Kälberstall halten sich Gommels ebenfalls an ein eigenes festgelegtes Hygienekonzept: Nach der Geburt sind die Kälber in Einzeliglus untergebracht. Die Iglus sind mit einer Nummer versehen, die sich auch auf dem Tränkeeimer der Kälber wiederfinden. So stellt die Familie sicher, dass jedes Kalb immer aus dem gleichen Eimer säuft. „Damit beugen wir Krankheitsübertragungen vor“, sagt Bianca Gommel. Am Kälberiglu sind außerdem das Geburtsdatum, die Halsbandnummer der Mutter, das Geschlecht des Kalbes sowie das Datum der Umstallung in die Gruppe angebracht.


Alle Kälber erhalten eine angesäuerte ad libitum-Tränke. „Sie bekommen bei uns 14 Tage Vollmilch“, sagt Bianca Gommel. Nach zwei Wochen im Kälberiglu wechselt der Nachwuchs aus der Einzel- in die Gruppenhaltung. Dort versorgt ein Tränkeautomat sie mit Milchaustauscher. Die Kälber haben Zugang zu Wasser und erhalten am Futtertisch zusätzlich ein Kälbermüsli und Kälberkorn. Außerdem steht ihnen Heu zur freien Aufnahme zur Verfügung.


Bei den Kälberiglus legt die Familie großen Wert auf Sauberkeit. So werden die Iglus nach jedem Durchgang gründlich gereinigt und desinfiziert. „Ein geringes Erregerniveau und eine stabile Herdengesundheit erreichen wir nur, wenn wir auch bei den Kälbern genau hinsehen“, ist sich das Ehepaar einig.


Die Gruppenbuchten streut Gommel mit gehäckseltem Stroh ein, das er später mit Kalk mischt und als Einstreu für die Tiefboxen im Kuhstall nutzt. „Wir verbrauchen im Jahr etwa 300 Quaderballen“, erklärt Michael Gommel. Dazu kauft er Stroh von sechs verschiedenen Höfen zu und hat mit den Betriebsleitern eine besondere Vereinbarung getroffen: Er zahlt das Stroh nicht mit Geld, sondern mit Gülle.


Gewichtskontrolle


Dreimal pro Jahr wiegt er alle Jungtiere. Die weiblichen belegt er ab einem Gewicht von 440 kg. „Das mache ich aber nur, wenn sie auch das passende Alter haben“, sagt er. Aktuell liegt das Erstkalbealter der Fleckviehherde bei 24 Monaten. Der Betriebsleiter arbeitet aber auf ein höheres Erstkalbealter hin, weil ihm die Tiere mit zwei Jahren zu jung sind.


Mit sechs Monaten wechselt das Jungvieh in einen Tretmiststall. Nachdem sie positiv auf Trächtigkeit untersucht sind, gehen sie in einen Pachtstall, wo 40 tragende Tiere des Betriebes untergebracht sind. Kurz vor der Kalbung kehren die Färsen wieder zurück auf den Hof. Dort werden sie angefüttert und können in Ruhe abkalben.


„Wir haben nicht die eine Lösung für unsere niedrigen Zellzahlen“, überlegt Michael Gommel laut. „Ich bin sicher, dass es ein Zusammenspiel unserer Genauigkeit in allen Bereichen ist.“ Denn das macht sich bezahlt: Seit sechs Jahren liegt der durchschnittliche Zellgehalt der Herde bei unter 100000 Zellen/ml. Um dieses Ergebnis beizubehalten, hält die Familie an ihrer Konsequenz fest. „Es ist ein langer Weg, den Krankheitsdruck in der Herde so weit runter zu bekommen. Hoch geht er innerhalb kurzer Zeit. Das wollen wir vermeiden.“


kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com

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