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Fleischrinderhalter zittern vor dem Brexit

Lesezeit: 5 Minuten

Irlands Fleischrinderhalter produzieren „Fleisch aus Gras“. Der Großteil des Rindfleisches geht in den Export, vor allem nach Großbritannien. Über die Folgen des Brexit diskutiert top agrar mit Landwirten und Branchenvertretern.


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Schon die Verhandlungen über den Brexit kosten uns Geld. Fällt der Freihandel mit Großbritannien weg, haben wir ein echtes Problem“, sagt James Kenneally. Er hält 60 Mutterkühe im Süden der grünen Insel in der Nähe von Cloyne. Der irische Rinderhalter bringt auf den Punkt, was die Branche aktuell beschäftigt: der Ausstieg Großbritanniens aus der EU-28.


Die irische Rindfleischbranche ist auf den Export angewiesen. Bei einem Selbstversorgungsgrad von 650% verlassen über 90% der Rindfleischprodukte die Insel. 2016 waren das rund 535000 t Fleisch im Wert von 2,4 Mrd. €. Weltweit steht die Insel von der Größe des Bundeslandes Bayern auf Platz 5 der größten Netto-Exporteure.


Und: Rund 50% des Rindfleisches gehen nach Großbritannien. Nach dem EU-Referendum stürzte der Pfund ab. Verkäufe auf die englische Insel sind damit jetzt weniger wert, während die Kosten der Produzenten bleiben. Das kostete bereits in diesem Jahr viel Geld.


Die Einführung von Zöllen würde die irischen Produkte nicht konkurrenzfähig machen, denn die Rindfleischproduktion auf der grünen Insel ist teuer.


Rindfleisch aus Gras:

Die meisten Fleischrinder stammen aus Mutterkuhbetrieben. Während die Zahl der Milchkühe seit dem Ende der Milchquote steigt (siehe top agrar 11/2017, R10), stagniert die Zahl der Mutterkühe bei rund 1,042 Mio. Tieren im Jahr 2016 – das waren 1% weniger als 2015.


Insgesamt rund 78000 Betriebe halten Fleischrinder. Etwa 30000 davon haben Mutterkühe, viele davon im Nebenerwerb. Schätzungen zufolge liegt die durchschnittliche Herdengröße bei rund 30 Tieren.


Das Fleisch produzieren die Iren zu rund zwei Drittel aus Gras. So auch Fleischrinderhalter Kenneally. Er hält seine Mutterkühe der Rassen Charolais, Simmenthal und Kreuzungen plus Nachzucht sowie Masttiere auf 37 ha Weide. Seine Kühe kalben hauptsächlich im Januar und Februar. „Die Weidesaison nutzen wir so lange und so intensiv wie möglich. Wenn die Witterung es zulässt, sind die Tiere von Februar bis Dezember draußen“, so Kenneally. Die Portionsweide teilt er täglich abhängig vom Graswachstum ein.


Nur im Winter und wenn nötig in der Endmast füttert der Rinderhalter Grassilage, Getreide und Zuckerrüben zu. Das Futter produziert er hauptsächlich selbst auf rund 60 ha Acker mit Zuckerrüben, Weizen und Gerste. Vor und nach der Kalbung gibt er Mineralstoffe.


Der Landwirt mästet die eigenen Tiere selbst. Ochsen vermarktet er abhängig vom Wachstum mit 17 bis 27 Monaten und einem durchschnittlichen Schlachtgewicht (SG) von 420 kg. Färsen gehen mit etwa 19 Monaten (15 bis 26 Monate) und 300 kg zum Schlachter.


Für Tiere der Klasse R3 erzielten die irischen Rinderhalter im letzten Jahr durchschnittlich 3,82 €/kg SG.


Geförderte Produktion:

Diese Erlöse reichen für viele Fleischrinderbetriebe nicht aus. Die staatliche Beratungs- und Forschungsorganisation Teagasc beziffert die Kosten für die Produktion von Absetzern auf etwa 920 € pro ha (mit rund 1,3 GV/ha) und für die Mast auf über 1100 €/ha (mit rund 1,5 GV/ha). Das durchschnittliche Einkommen der Fleischrinder-Betriebe liegt zwischen 10000 und 20000 € pro Jahr (ohne Arbeitskosten und Investitionen). Bis zu 100% davon sind Direktzahlungen aus Brüssel.


Für Karen Dukelow, Rinderspezialberaterin bei Teagasc, ist die Rentabilität der Betriebe eine der größten Herausforderungen. „Es stecken noch viele Reserven in den Betrieben, zum Beispiel bei der Zucht, dem Weidemanagement oder der Tiergesundheit. Dazu beraten und fördern wir die Landwirte.“


Im Vergleich zu Mutterkuhhaltern erwirtschaften beispielsweise Milcherzeuger selbst in schlechten Milchpreisphasen doppelt so hohe Einkommen. Das beeinflusst die Pachtpreise. „Wenn ein Milcherzeuger bietet, kann niemand mehr mithalten“, sagt Fleischrinderhalter Kenneally.


Obwohl die Milchbranche attraktiv ist, werden wohl nicht alle Mutterkuhhalter wechseln. „Ein Großteil der Mutterkuhhalter arbeitet im Nebenerwerb. Das wird auch so bleiben. Sie bewirtschaften oft schlechtere Flächen, die sich nicht zur Milchproduktion eignen“, erklärt Kevin Kinsella vom irischen Bauernverband (IFA).


Der Milch-Boom sorgt auch für mehr Kreuzungskälber auf dem Absetzer-Markt. Seit 2013 ist besonders der Einsatz von Angus- und Hereford-Sperma auf Milchviehbetrieben gestiegen.


Nationaler Strategieplan:

Der Brexit gefährdet den Export und damit einen nationalen Strategieplan: Mit „Food Wise 2025“ will die Regierung den Umsatz von Agrarprodukten insgesamt um 85% im Vergleich zu 2015 steigern.


Förderprogramme für Beratung und Forschung sollen die Betriebe effizienter und wettbewerbsfähig machen. Unter anderem wird die genomische Zuchtwertschätzung für Fleischrinder finanziell unterstützt (siehe Kasten).


Außerdem will Irland seine weidebasierte Fleischproduktion stärker in den Vordergrund stellen und so höhere Preise durchsetzen. Das Marketing spielt dabei eine große Rolle: Um Handelspartnern weltweit einen Nachweis für die nachhaltige Produktion zu liefern, hat Bord Bia, die staatliche Gesellschaft zur Exportförderung, das Label „Origin Green“ etabliert. Damit zertifiziert das Unternehmen Landwirte und die gesamte Branche für eine nachhaltige Produktion. Ein Großteil der Rinderhalter ist bereits zertifiziert.


Bonus für gutes Image:

Ein Bonus-Programm soll außerdem die Qualität und damit das Image des irischen Fleisches auf dem Weltmarkt sichern. Origin Green-zertifizierte Rinderhalter bekommen 12 ct/kg zusätzlich für Tiere unter 30 Monaten und einer Klassifizierung von R3 oder besser. „An diesem Programm sind alle großen Fleisch-Exporteure beteiligt. Zusätzlich gibt es einige Rasse-Label. Insgesamt nutzen über 90% der Fleischrinderhalter eines der Programme“, sagt Mark Zieg, Rindfleisch-Manager bei Bord Bia.


Die gemeinsamen Strategien zeigen scheinbar Wirkung: Von 2010 bis 2016 stieg die Summe aus Fleisch- und Lebendvieh-Exporten um 30%. Die Rindfleischpreise stiegen im selben Zeitraum von durchschnittlich 3,00 auf 3,80 € pro kg (R3-Qualität).


Diesen Trend könnte der Brexit jetzt einbrechen lassen. Deshalb intensiviert Bord Bia seine Bemühungen weltweit. In Deutschland startete Anfang des Jahres eine Werbekampagne für irisches Rindfleisch. Sterneköcher warben für die Qualität des Fleisches von der grünen Insel. In Singapur eröffnete das Unternehmen sein erstes Büro für Südostasien. Gleichzeitig hoffen die irischen Fleischrinderhalter weiter auf Großbritannien.Anke Reimink

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