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Fliegen bekämpfen, bevor sie da sind

Lesezeit: 8 Minuten

Fliegen belästigen Rinder und übertragen Krankheiten. Bereits im Frühjahr sollten Sie verhindern, dass sich die Plagegeister vermehren. Doch wie gelingt das?


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Fliegen sind lästig. Kommen sie in großer Zahl vor, führt das bei Kühen und Jungvieh zu Stress und Leistungseinbußen. Aber auch als Überträger von Krankheiten sind Fliegen ein ernst zu nehmendes Problem.


Wie Sie die verschiedenen Fliegenarten unterscheiden und ihrer Vermehrung vorbeugen, haben wir mit Dieter Jürgens, Experte für Stallhygiene und Fliegenbekämpfung bei der Agravis Raiffeisen AG, diskutiert.


Wen bekämpfe ich?


Bevor Sie Larven und Fliegen bekämpfen, muss feststehen, um welche Arten es sich handelt. Nur dann kann die Bekämpfung Erfolg haben. Denn die Arten haben unterschiedliche Brut- und Lebensräume und nehmen ihre Nahrung und damit z.B. auch das Fliegengift auf unterschiedliche Weise auf.


  • Stubenfliege (Musca domestica): Stubenfliegen legen ihre Eier überwiegend in Gülle, Mist und verwesenden Futterresten ab. Dort schlüpfen und entwickeln sich die Larven. Die erwachsenen Stubenfliegen halten sich im Stall überwiegend in Reichweite zu den Tieren auf. Sie haben leckend-saugende Mundwerkzeuge. Um Nahrung aufzunehmen, speicheln sie diese mit ihrem Saugrüssel ein und nehmen sie dann auf.
  • Wadenstecher (Stomoxys calcitrans): Die Larven der Wadenstecherfliegen entwickeln sich insbesondere in organischen Materialien. Neben Gülle oder Mist findet man sie in feuchten Einstreuecken, unter Tränken und in gärenden Futterresten in Trögen oder am Fressgitter. Im Gegensatz zur Stubenfliege haben Wadenstecher einen Stechrüssel, mit dem sie Blut saugen. Wenn Wadenstecher im Stall sind, sind die Kühe nervös, schlagen mit dem Schwanz und zucken mit dem Kopf. Häufig schleudern sie Futter auf ihren Rücken, um die Fliegen zu vertreiben.
  • Bienenschwebfliege (Eristalis tenax), auch Rattenschwanzfliege genannt: Die Larven entwickeln sich in Güllekellern oder Schlammkuhlen. Die wie ein Schwanz aussehende schmale Verlängerung am Hinterende ist ein Atemrohr, mit dem sie Luft von der Oberfläche holen. Die Bekämpfung der Rattenschwanzlarven ist notwendig, da sie ernst zu nehmende Überträger von Krankheiten sind.


Der Lebenszyklus aller Fliegenarten ist stark von der Lufttemperatur und -feuchtigkeit sowie von der Nahrungsgrundlage abhängig: Die Entwicklung vom Ei zur Fliege dauert bei 10°C Umgebungstemperatur etwa 44 Tage, bei 30°C wiederum nur sieben Tage (Übersicht 1). Eine Fliege lebt nach ihrem Schlupf sieben bis 42 Tage. In der Zeit legt sie pro Woche etwa 120 Eier. Bei idealen Bedingungen verdoppelt sich eine Population also in wenigen Tagen. An diesen Lebenszyklus sollten Sie auch Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung der Fliegen anpassen.


Effektiv vorbeugen


Es reicht nicht aus, nur die erwachsenen Fliegen im Frühjahr oder Sommer zu bekämpfen (Übersicht 2). Das Problem beginnt schon deutlich früher mit der Entwicklung der Larven. Die Larven- und Puppenstadien, die sich lange unbemerkt entwickeln, machen rund 85% der Fliegenpopulation im Stall aus. Ziel sollte es sein, den Larven die Brutstätte zu nehmen. Überlegen Sie daher, wo sich die Larven entwickeln:


Feuchte Stellen unter undichten Tränken, feuchte Einstreuecken auf Liegeflächen oder gärendes Futter in Futtertrögen bilden für Fliegen ideale Brutbedingungen. Damit sich diese nicht entwickeln können, sollten Sie häufig nachstreuen, entmisten und die Liegeflächen trocken halten. Außerdem sollten Sie die Schwimmschichten auf der Gülle regelmäßig aufrühren. Darauf bleiben Stroh und Futterreste liegen, die für die Fliegen ein ideales Milieu zur Vermehrung bilden.


Larven bekämpfen


Neben den genannten Hygienemaßnahmen können Sie Fliegenlarven in der Gülle und im Mist mit chemischen Produkten (Larviziden) bekämpfen. Diese Produkte verhindern die Häutung der Larven, sodass sie sich nicht weiter entwickeln können.


  • In belegten Ställen: Ein Larvizid sollten Sie auf der gesamten Brutfläche der Fliegen ausbringen. In der Praxis hat es sich bewährt, Larvizide in Wasser aufzulösen und auf den feuchten Mist oder über die Spalten auf die oberste Gülleschicht zu gießen. Einen nachhaltigen Behandlungserfolg können Sie nur mit einer frühzeitigen Behandlung Ende April/Anfang Mai erzielen.


Bei normalen Bedingungen ist dann eine einmalige Larvenbehandlung mit einem Larvizid auf Basis des Wirkstoffes Cyromazin ausreichend. Ist die Fliegenbelastung extrem hoch, so kann eine zweite Behandlung nach etwa drei bis vier Wochen empfehlenswert sein.


Larvizide mit dem Wirkstoff Cyromazin können Sie auch zur Bekämpfung der Rattenschwanzlarven einsetzen. Eine Bekämpfung der Rattenschwanzlarven sollte stattfinden, noch bevor diese den Güllekeller verlassen. Larvizide sind mit der Gießkanne auf der Güllefläche auszubringen, sobald unter den Spaltenböden erste Aktivitäten von Rattenschwanzlarven zu erkennen sind. Um möglichst alle Larven in Kontakt mit Larviziden zu bringen, werden die schon an den Wänden hochkriechenden Larven bei der Ausbringung des Larvizides zurück in den Güllekeller gespült. Die Bekämpfung wird sehr schwer, wenn die Larven zur Verpuppung ihre feuchten Lebensräume verlassen. Bei großem Ausgangsbefall ist eine Wiederholung der Behandlung nach 14 bis 21 Tagen sinnvoll.


  • In leeren Ställen: Mit dem Produkt Alzogur können Sie Eier und Fliegenlarven unterhalb der Spalten bekämpfen. Da Rinderställe nur selten leer stehen, spielt Alzogur eine untergeordnete Rolle. Dabei wird 1 l Alzogur pro m3 Restgülle ausgebracht. Wichtig ist, vorher die Schwimmschichten der Gülle zu zerstören, um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Vor dem Antrocknen auf den Spalten muss das Mittel wegen seiner toxischen Wirkung abgespült werden, um ein Aufnehmen durch die Nutztiere zu verhindern.


Adulte Fliegen bekämpfen


Um den Entwicklungskreislauf zu unterbrechen, gilt es neben den Larven die adulten Fliegen zu bekämpfen.


  • Stubenfliege: In der Landwirtschaft kommen bei der Bekämpfung der Stubenfliege hauptsächlich drei Wirkstoffgruppen zum Einsatz: ▶


  • Pyrethroide, z.B. Tetramethrin, Permethrin, Etofenprox, Cypermethrin23


  • Organophosphate, z.B. Azametiphos24


  • Neonicotinoide, z.B. Clothianidin, Thiamethoxam25


Diese wirken jeweils an unterschiedlichen Stellen des Nervensystems. Um Resistenzen zu verhindern, ist bei der Auswahl der Produkte darauf zu achten, ob in der Vergangenheit Wirkstoffe aus der gleichen Gruppe eingesetzt wurden. Gegen viele flüssige Sprühprodukte mit Kontaktwirkung, z.B. mit den Wirkstoffen aus der Gruppe der Pyrethroide, sind Stubenfliegen schnell resistent. Resistenzen entstehen durch Selektion, wenn ein Wirkstoff über mehrere Fliegengenerationen eingesetzt wird oder durch eine zu geringe Dosierung. Daher sollten Sie die Wirkstoffgruppe regelmäßig wechseln und sich an die Anwendungshinweise halten.


Erwachsene Stubenfliegen lassen sich mit Granulatprodukten z.B. auf Basis von Azametiphos oder Streichmitteln auf Basis von Chlothianidin oder Thiamethoxam bekämpfen.


Mit dem Mittel behandeln Sie die bevorzugten Rastplätze der Fliegen wie Wände, Pfosten und Fenstersimse. Im belegten Stall ist auch die Einrichtung von Fliegenlandeplätzen hilfreich. Diese können dort hängen, wo keine Wände zum Besprühen vorhanden sind, z.B. über Futter- oder Tränkeautomaten. Die Tafeln bestreichen bzw. besprühen Sie auf den gelb-roten Flächen entsprechend der Anleitung. Ihre Farbe und die enthaltenen Lockstoffe ziehen die Fliegen an. Stubenfliegen speicheln die Flächen mit dem Saugrüssel ein und nehmen damit die Wirkstoffe auf.


  • Wadenstecher: Streichmittel und Granulatprodukte eignen sich nicht zur Bekämpfung der Wadenstecherfliegen. Diese haben keinen Saug-, sondern einen Stechrüssel und können damit die Granulat- oder Streichprodukte nicht aufnehmen. Zur Bekämpfung von Wadenstechern sind Sprühmittel mit Kontaktwirkung und der zusätzliche Einsatz von Pour-on-Produkten auf Basis von Pyrethroiden sinnvoll. Diese weisen gleichzeitig auch Insekten ab. Derartige Pour-on-Produkte gibt es heute auch als Biozide. Tragen Sie das Pour-on-Produkt im Frühjahr erstmals auf der Rückenlinie der Tiere vom Kopf bis zum Schwanzansatz auf. Ein Viertel der Gesamtdosis sollte auf dem Kopf der Tiere verteilt werden. Um einen optimalen Schutz zu erreichen, müssen alle Tiere einer Herde gleichzeitig behandelt werden. Wenn keine Resistenzen gegen Pyrethroide vorliegen, wirken Pour-on-Produkte vier bis sieben Wochen.


Nützlinge gegen Fliegen


Die Fliegenbekämpfung mit Güllefliegen und Schlupfwespen in Rinderställen gewinnt durch die Resistenzentwicklung gegen Biozide an Bedeutung. Die Nützlinge lassen sich jedoch nicht gemeinsam mit Bioziden einsetzen.


  • Die lichtscheuen Güllefliegen leben auf der Schwimmschicht der Gülle. Sobald sie in aufgestellten Dosen schlüpfen, ziehen sie sich in den Güllekeller zurück und legen dort ihre Eier ab. Ihre Larven fressen dann die Larven von Stubenfliege und Wadenstecher.
  • Schlupfwespen eignen sich für die Fliegenbekämpfung in Stroh- und Mistbereichen. Dosen mit den Puppen werden im Strohbereich aufgestellt oder entlang von Wänden ausgestreut. Die Schlupfwespen schlüpfen nach zwei bis drei Wochen und legen ihre Eier in den Puppen der Stallfliegen ab. Die Schlupfwespe entwickelt sich in der Stallfliegenpuppe, die daran zugrunde geht. Nützlinge vermehren sich langsamer als die Fliegen im Stall. Daher sollte man sie ausbringen, sobald erste Fliegen zu sehen sind. katharina.luetke-holz@topagrar.com

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