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Fruchtbarkeitsprobleme ohne Hormone lösen?

Von jeder Kuh jedes Jahr ein gesundes Kalb dieses Ziel streben wohl die meisten Milchviehhalter an. Doch in der Praxis sieht die Situation oft anders aus.

Lesezeit: 9 Minuten

Von jeder Kuh jedes Jahr ein gesundes Kalb dieses Ziel streben wohl die meisten Milchviehhalter an. Doch in der Praxis sieht die Situation oft anders aus. Immer mehr Landwirte beklagen sich über die Zunahme von Fruchtbarkeitsstörungen in ihren Kuhställen. So kalben in Deutschland bereits etwa 40 Prozent aller Milchkühe erst wieder nach 400 Tagen ab. Fruchtbarkeitsprobleme werden oft auf organische Schäden der Tiere wie z. B. Verkalbungen, Gebärmutterentzündungen oder Zysten zurückgeführt. Tatsache ist jedoch, dass die Fruchtbarkeit der Milchkühe von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren beeinflusst wird. Diese können in drei Kategorien eingeteilt werden: Management abhängige Faktoren Tier abhängige Faktoren Herden abhängige Faktoren Den größten Einfluss auf die Fruchtbarkeit hat mit etwa 60 Prozent das Herdenmanagement. Nicht selten führen bereits kleine Fehler zu einem größeren Bestandsproblem. Allerdings können Managementfehler meist schnell und kostengünstig korrigiert werden. Deshalb muss beim Auftreten von Fruchtbarkeitsproblemen zunächst immer das eigene Management kritisch durchleuchtet werden. Ein langfristiger Behandlungserfolg ist nur zu erwarten, wenn die Ursachen der Fruchtbarkeitsstörungen systematisch aufgedeckt werden. Statt aber konsequent und systematisch die Ursachen der Fruchtbarkeitsstörungen aufzuspüren, setzen viele Milchviehhalter und Tierärzte auf die schnelle Behandlung der auffälligen Kühe. Dabei werden nicht selten auch Hormone eingesetzt, um z. B. den Zyklus wieder in Gang zu setzen oder um eine Brunst auszulösen. Letztlich sind solche Behandlungsstrategien aber nicht immer von Erfolg gekrönt. Im Gegenteil, oft treiben die teuren Medikamente nur die Produktionskosten (unnötig) in die Höhe. Probleme aufklären Treten gehäuft Fruchtbarkeitsprobleme auf, müssen im ersten Schritt die wichtigsten Fruchtbarkeitskennzahlen aufgeschlüsselt und hinterfragt werden. Warum ist das so wichtig? Ein Beispiel: Auf dem Betrieb Müller (Name geändert) ist die Zwischenkalbezeit bis auf 420 Tage angestiegen, sie liegt damit 40 bis 50 Tage über dem optimalen Wert von 370 bis 380 Tagen (in Hochleistungsherden mit mehr als 10 000 kg Milchleistung kann je 90 kg zusätzlicher Milchmenge ein Tag zugegeben werden). Dies kann mehrere Gründe haben: Die Rastzeit (freiwillige Wartezeit von der Kalbung bis zur ersten Belegung) ist zu lang bemessen. Die Kühe zeigen keine Brunst oder werden nicht in Brunst gesehen. Ein Großteil der Färsen und Kühe nimmt nach der ersten Besamung nicht auf, die Tiere rindern (mehrfach) um. Der Betriebsleiter führt die hohe Zwischenkalbezeit darauf zurück, dass seine frischlaktierenden Kühe im Durchschnitt erst mit 140 Tagen wieder tragend werden. Er will deshalb seine Kühe nach dem Abkalben schneller wieder belegen. Künftig will er mit der ersten Besamung nicht mehr bis zum 70. Tag abwarten, sondern bereits ab dem 40. bis 50. Laktationstag mit dem Besamen beginnen. Um dieses Ziel zu erreichen, denkt er auch über die Einführung eines Hormon gesteuerten BrunstsynchronisationsProgrammes nach. Doch das würde ein Schritt in die falsche Richtung bedeuten. Würde Müller die Fruchtbarkeitsdaten seiner Kühe intensiv analysieren, so würde er schnell feststellen, dass bereits etwa 70 Prozent der Kühe im optimalen Zeitraum zwischen dem 70. Und 90. Laktationstag belegt werden. Nur 30 Prozent der Tiere werden nach dem 100. Tag zum ersten Mal besamt diese Ausreißer treiben aber die Zwischenkalbezeit der gesamten Herde nach oben. Falsch wäre es deshalb, die Rastzeit (freiwillige Wartezeit) mittels Hormonen bis auf den 40. oder 50. Tag zu verkürzen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kühe schlechter aufnehmen (geringere Konzeptionsrate), wenn mit dem Besamen vor dem 60. Laktationstag begonnen wird. Letztlich steigen dadurch nur die Besamungskosten unnötig an. Bleibt festzuhalten: Unter dem Strich würde Milchviehhalter Müller eine Verkürzung der freiwilligen Wartezeit auf unter 50 Tage und die damit verbundene Hormonbehandlung nur Nachteile bringen. Hinzu kommt, dass er das eigentliche Problem aus den Augen verlieren würde. Gilt es doch herauszufinden, wieso ein Drittel der Herde so spät besamt wird. Auf vielen Betrieben, die über eine Zunahme von Fruchtbarkeitsproblemen klagen, wird die Brunstbeobachtung entweder nicht in ausreichendem Umfang oder nicht intensiv genug durchgeführt. 40 bis 60 Prozent aller Problemtiere sind in der Regel organisch gesund sie werden vom Herdenmanager nur nicht entdeckt, wenn sie rindern. Worauf ist das zurückzuführen? Untersuchungen haben gezeigt, dass die Hälfte aller Kühe nur über einen kurzen Zeitraum hinweg (weniger als acht Stunden) Brunstsymptome zeigt. Nur 25 Prozent rindern länger als zehn Stunden (Übersicht 1). Dies erschwert die Brunsterkennung noch zusätzlich, da die meisten Tiere während der Brunstphase im Durchschnitt nur fünf Mal aufspringen (Übersicht 2). Erfolgt die Brunstbeobachtung, wie in der Praxis oft üblich, nur ein bis zwei Mal pro Tag, erkennt man maximal die Hälfte der brünstigen Kühe. Deshalb sollten Sie sich für die Brunstbeobachtung genügend Zeit nehmen! Versuche haben gezeigt, dass bei einer dreimaligen täglichen Brunstkontrolle (je 20 Minuten) bis zu 90 Prozent der Kühe in Brunst auffallen. In Untersuchungen haben wir herausgefunden, dass Kühe an bevorzugten Stallbereichen und zu bestimmten Zeiten deutlich öfter aufspringen bzw. sich bespringen lassen. Das können Sie sich zu Nutze machen um die Effizienz Ihrer Brunstbeobachtung zu erhöhen. So sollten Sie dabei vorgehen: Fertigen Sie eine grobe Skizze des Stallgrundrisses an. Markieren Sie die Stelle, an der Sie ein Tier gesehen haben, das einen Aufsprung geduldet hat mit einem X. Halten Sie die genaue Uhrzeit fest. Machen Sie weiter, bis Sie etwa ein Drittel der Herde aufgeschrieben haben. Ermitteln Sie im Anschluss die heißen Plätze und die heißen Zeiten. Wenn Sie künftig die Brunstbeobachtung während der heißen Zeiten an den heißen Plätzen durchführen, werden Sie mehr Erfolg haben. Heiße Plätze ermitteln Sperren Sie, wenn möglich, die heißen Plätze kurz vor Beginn der Brunstbeobachtung einige Minuten ab. Streuen Sie bei rutschigen Laufflächen etwas Sand oder Stroh auf den Boden. Die Kühe werden dann noch deutlicher rindern. Dies haben wir während eines zweijährigen Praxisversuches auf 20 Betrieben getestet. Auf 18 Betrieben führte das Vorgehen zum Erfolg, die Zwischenkalbezeit konnte im Durchschnitt der Betriebe um 10 Tage verringert werden. Aber auch mit Hilfsmitteln wie z. B. Farbpatronen oder Farbmarkierungen, die am Schwanzansatz der Kühe angebracht werden, können die Erkennungsrate bei der Brunstkontrolle deutlich verbessert werden. Durch das Aufreiten der Kühe verwischt die Farbe bzw. fangen die Farbpatronen an zu leuchten (Kamar), so dass rindernde Tiere auf einen Blick erkannt werden. Die Effizienz der Brunstkontrolle kann auch verbessert werden, wenn man die Herde für einen kurzen Zeitraum (ein bis zwei Stunden täglich) auf einen eingestreuten Laufhof oder eine stallnahe Weide austreibt. Kühe zeigen auf natürlichem, weichem Boden, im Vergleich zum Betonboden fast doppelt so lange deutliche Brunstanzeichen. Zurückzuführen ist dieser Effekt auf die höhere Trittsicherheit der Lauffläche. Die Tiere springen auf Böden mit guter Trittsicherheit öfter auf und lassen sich häufiger bespringen (Übersicht 3). Besamungszeitpunkt prüfen Bis zu 30 Prozent der Milchkühe einer Herde werden zu einem falschen Zeitpunkt besamt, d. h. an einem Zeitpunkt an dem sie nicht in Brunst sind und deshalb auch gar nicht aufnehmen können. Werden keine genauen Aufzeichnungen über Brunst, Belegung und Trächtigkeitsuntersuchung geführt, so kommt es sogar vor, dass tragende Kühe fälschlicherweise als brünstig erkannt und auch besamt werden, da etwa fünf Prozent der tragenden Kühe stehen bleiben, wenn andere Tiere auf sie aufspringen. Besamungstechnik überprüfen In großen Herden werden die Kühe zudem oft verwechselt besonders dann, wenn der zuständige Brunstbeobachter gleichzeitig noch andere Aufgaben im Stall erledigen muss. Ein Beispiel: Auf der Meier-Farm (Name geändert) zeigen die meisten Kühe deutliche Brunstsymptome, so dass sie rechtzeitig nach Ablauf der freiwilligen Wartezeit von 60 Tagen besamt werden können. Allerdings nehmen nur wenige Tiere nach der ersten Belegung auf, rund 60 Prozent rindern nach drei Wochen erneut. Der Erstbesamungsindex (Anteil der Kühe, die nach der Belegung aufgenommen haben), liegt nur bei 38 Prozent. Auch in diesem Fall kann das Problem weder durch die Hormonbehandlung einzelner Kühe noch durch die Einführung eines Hormonprogrammes gelöst werden. Vielmehr scheint es sich auch hier um ein größeres Managementproblem zu handeln. Fütterung, Besamungstechnik und Spermaqualität müssen dringend überprüft werden! Ist man sich nicht sicher, ob die selektierten Tiere tatsächlich rindern, empfiehlt sich der Einsatz eines MilchprogesteronSchnelltestes. Gemessen wird dabei das Schwangerschaftshormon Progesteron. Ist dessen Wert niedrig, kann davon ausgegangen werden, dass eine Brunst vorliegt. Oft unterschätzt werden auch Fehler, die beim Umgang mit den Spermaportionen und bei der Besamung gemacht werden. So kommt es immer wieder vor, dass z. B. der Stickstoffvorrat im Samenkübel aufgebraucht ist, ohne dass dies rechtzeitig bemerkt wird. Die Samenportionen im Kübel sind dann unbrauchbar, die damit durchgeführte Besamungen garantiert erfolglos. Einen nicht unerheblichen Einfluss übt auch die Besamungstechnik auf die Herdenfruchtbarkeit aus. Eigenbestandsbesamer sollten deshalb regelmäßig, z. B. im zweijährigen Rhythmus, Fortbildungskurse besuchen, um so ihr Wissen aufzufrischen. Auswertungen haben ergeben, dass die Trefferquote bei Eigenbestandsbesamern bei nur 39 Prozent liegt (Erstbesamungsergebnis), bei Besamungstechnikern beträgt sie dagegen bis zu 65 Prozent. Fütterungsfehler vermeiden Maßgeblich beeinflusst wird die Fruchtbarkeit der Milchkühe auch durch die Fütterung besonders im letzten Laktationsdrittel und in der Trockenstehperiode. Fehler, die sich in diesem Zeitraum bei der Rationsgestaltung einschleichen, führen unweigerlich zu Problemen nach dem Abkalben. Voraussetzung für eine gute Fruchtbarkeit nach dem Abkalben ist, dass die Kühe in optimaler Körperkondition zum Abkaben kommen (BCS-Note 3,25 bis 3,75). Besonders wenn die Tiere zu stark angefüttert werden, kalben sie schwerer ab und erkranken danach häufiger an. Positiv auf das Fruchtbarkeitsgeschehen wirkt sich die Fütterung einer Transitration (Anfütterung) während der letzten drei Trächtigskeitswochen aus. Optimal angefütterte Tiere fangen nach der Geburt schneller wieder zu fressen an, das Energiedefizit zu Laktationsbeginn wird dadurch verringert, Stoffwechselentgleisungen werden vermieden. Wichtig ist, dass die Tiere in den ersten vier Laktationswochen nicht zuviel an Körpersubstanz einschmelzen. Bei Hochleistungskühen ist dieser Vorgang zwar unumgänglich, der Abbau der körpereigenen Reserven sollte 0,5 BCSPunkte im ersten Laktationsmonat nicht überschreiten. Bleibt festzuhalten Wenn die Fruchtbarkeit Probleme bereitet sollten Sie zunächst das eigene Herdenmanagement kritisch unter die Lupe nehmen, denn oft sind die Probleme hausgemacht. Gehen Sie dabei systematisch vor (siehe Checkliste auf Seite R 13). Viele Fruchtbarkeitsstörungen können Sie schnell und kostengünstig beheben ohne dass auf eine teure Hormonbehandlungen zurückgegriffen werden muss.

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