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Fünf Drähte stoppen den Wolf

Lesezeit: 6 Minuten

Mit einem starken Weidezaun schützen Sie Ihre Tiere vor dem Wolf. top agrar hat einen profesionellen Zaunbauer bei der Arbeit begleitet.


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Der Betrieb von Marco Beu in Isehorn bei Bremen ist idyllisch gelegen: Die arrondierten Grünlandflächen sind fast alle von großen Waldflächen gesäumt. Doch Beu macht sich große Sorgen um seine 22-köpfige Mutterkuhherde der Rasse Charolais: „Wir haben hier ideale Bedingungen für den Wolf.“ Noch hat der Züchter keines der Raubtiere gesichtet, aber einzelne Tiere sind im Nachbarort 12 km entfernt mehrfach aufgetaucht.


Wie andere Berufskollegen hat auch Beu die meisten Weiden mit zwei stromführenden Drähten in ca. 60 und 100 cm Höhe eingezäunt. Die bestätigten Risse bei Mutterkühen in Niedersachsen zeigen jedoch, dass diese Einzäunung den Wolf nicht von dem Eindringen abhält.


Fünf Drahtreihen:

Aus diesem Grund hat Beu das Dienstleistungsunternehmen Highland Stall & Weide aus Oyten damit beauftragt, einen Teil der Weiden wolfssicher einzuzäunen.


„Wir arbeiten bei Mutterkühen mit fünf Drähten“, beschreibt Martin Holm, Geschäftsführer von Highland Stall & Weide. Sie werden in einer Höhe von 20, 40, 60, 80 und 105 cm gespannt. „Rein technisch ist der Wolf relativ einfach auszuzäunen“, sagt Holm. Denn als Pfotengänger ist er – anders als Huf- und Klauentiere oder wir Menschen – perfekt geerdet und damit sehr sensibel gegen Strom. Der untere Draht auf 20 cm Höhe verhindert, dass sich der Wolf unter dem Zaun hindurchwühlt.


Ein Problem ist aber das Überspringen. In Niedersachsen hat eine Wölfin Maschendraht in Höhe von 1,50 bis 1,60 m übersprungen. Auch wenn das die Ausnahme ist, zeigt es, dass eine Zaunhöhe von unter einem Meter kein Hindernis ist. „Je besser der Wolf den Zaun sieht, um so leichter wird er ihn überspringen“, sagt Holm. Die von Niedersachsen als Präventionsmaßnahmen eingeschätzten Elektrozaunnetze (Kasten) könnten das Überspringen sogar fördern, befürchtet der Experte.


Kaum sichtbarer Draht:

Holms Team verwendet dagegen Draht mit einem Durchmesser von 2,5 mm. Dieser hält einem Zug von über 300 kg stand, lässt sich aber gegen das Licht nur schwer erkennen. Ein Wolf kann also nicht abschätzen, in welchem Abstand er abspringen muss, was abschreckend wirkt.


Eckpfosten aus Robinie:

Bei einem neuen Zaun werden zunächst die Eck-pfosten gesetzt. Holm verwendet dafür Robinienholz, das noch härter und haltbarer als Eichenpfosten ist. Zum Einschlagen der 2,50 m langen Pfähle nutzt er eine Ramme mit einer Schlagkraft von 50 t. Diese ist am Traktor des Landwirtes montiert, der beim Zaunziehen Maschine und Arbeitskraft zur Verfügung stellt. „Ist kein Traktor verfügbar, können wir auch einen über den Maschinenring organisieren“, sagt Holm.


Mit einer Spezialramme mit einem Volleisendorn kann er sogar Löcher in Felsen oder Straßen stanzen, in die dann der Pfahl ca. 1,15 m tief gerammt wird.


Stehen die Eckpfosten, legt ein Mit-arbeiter zunächst fünf Drahtschlingen in der entsprechenden Höhe um den Pfahl. An diesen Schlingen lassen sich dann der stromführende Draht an glasfaserverstärkten Zugisolatoren befestigen.


Für effizientes Abrollen der fünf Drahtreihen ist auf einem geländegängigen Pritschenfahrzeug eine Rolle mit je fünf Drahtspulen montiert. Der Mitarbeiter fährt mit dieser von Eckpfosten zu Eckpfosten, sodass er fünf Drähte auf einmal abrollen kann. Am letzten Eckpfosten befestigt er fünf Drahtschlingen, an die jeweils eine starke Stahlfeder befestigt wird. An diesen fünf Federn werden wiederum die fünf Drahtenden geknotet.


Anschließend spannt der Mitarbeiter jede einzelne Drahtreihe, indem er den Draht auf einer speziellen Drahtspule aufrollt und befestigt. Jeder Draht ist mit ca. 100 kg gespannt. Die Feder sorgt dafür, dass der Zaun auch bei Witterungs- und Temperaturschwankungen immer gespannt bleibt.


Anschließend rammt der zweite Mitarbeiter zusammen mit dem Landwirt die Zwischenzaunpfähle im Abstand von 7 m ein. Der gespannte Draht dient dabei als Richtschnur. Zum Schluss werden Isolatoren per Gasdruckpistole an den Zaunpfahl geschlagen und daran der Draht eingehakt.


Was nicht taugt:

Seit mehreren Jahren ziehen Holm und seine Kollegen Zäune auch in Wolfsregionen. Pro Tag lassen sich 800 m Zaun errichten, was ungefähr 2 ha entspricht. Die Zäune haben sich bislang als praxistauglich erwiesen „Uns ist kein Fall bekannt, bei dem ein Wolf eingedrungen ist“, sagt Holm.


Einige Zaunanbieter empfehlen Isolatoren mit Abstandshaltern in 20 cm Höhe als „Wolfsschutz“. Sie kosten aber nicht nur das Vierfache von herkömmlichen Isolatoren, sie sind für einen stabilen Zaun auch untauglich, da sich der Draht mit ihnen nicht spannen lässt. Denn dann verbiegen sie sich oder brechen sogar ab.


Auch lässt sich der Draht schlecht von Bewuchs frei halten. Da er sich an den langen Isolatoren nicht spannen lässt, wächst das Gras schnell ein. Eine Arbeit mit dem Freischneider ist so nicht möglich.


Eine andere Empfehlung ist, die unterste Litze eines Zauns als Minuspol auszuführen. „Das sollte immer das Mittel der Wahl sein, wenn ansonsten eine Erdung nicht auf herkömmliche Weise erreicht werden kann“, rät Wolfsexperte Frank Fass vom Wolfscenter Dörverden.


Ab 3 € pro Meter:

Auch wenn Landwirt Beu mit den neu eingezäunten Weiden besser schlafen kann, bedeutet der Wolfszaun eine zusätzliche, finanzielle Belastung für den Betrieb. Ein kompletter Zaun mit fünf Drahtreihen einschließlich vier Eckpfosten, Metalltor und zehnjähriger Garantie auf Montage und Material kostet bei einem Hektar Mutterkuh- oder Jungviehweide etwa 2024 € beziehungsweise 5,11 € pro laufenden Meter.


Die Kosten können je nach Flächenzuschnitt, Größe und Bodenbeschaffenheit schwanken: Bei 4 ha liegen sie bei 3,84 €/m, bei 25 ha nur noch bei 3,08 €/m. Dazu kommen die Kosten für Schlepper und Arbeitskraft, die der Landwirt für ein paar Stunden zur Verfügung stellen muss. „Da ein Zaun für Mutterkühe schon aus drei Drähten besteht, kann man aber nicht die kompletten Kosten dem Wolf anrechnen“, sagt Holm.


„Ich kann wegen der Kosten nur nach und nach alle Weiden einzäunen, da ich ohnehin nicht viel Geld mit der Mutterkuhhaltung verdiene“, erklärt Beu das Dilemma. Er selbst lehnt den Wolf zwar nicht ab. „Ich fühle mich aber doch ein Stück von der Politik allein gelassen, die dem Wolf derzeit mehr Aufmerksamkeit schenkt als uns Weidetierhaltern.“Hinrich Neumann

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