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Gesextes Sperma: Kommt jetzt der Durchbruch?

Lesezeit: 6 Minuten

Bisher floriert der Absatz von gesextem Sperma vor allem in Ostfriesland. Doch nächstes Jahr könnte der Einsatz bundesweit stark zunehmen: Neun Zuchtverbände steigen in die Spermientrennung ein.


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Weltweit wächst der Einsatz von gesextem Sperma. Alleine in den USA werden inzwischen 15 bis 20 % der Färsen (Holstein Friesian), mit gesextem Sperma besamt und immerhin 2 % der Kühe. Bei der Rasse Jersey ist der Anteil noch höher. Auch in der Schweiz sowie den Niederlanden stehen die Zeichen auf Wachstum: Fast 10 % der Erstbesamungen in den Niederlanden werden mit gesextem Sperma durchgeführt. Dort setzen sogar Fleischrinderhalter auf die „neue“ Technologie.


Sind Ostfriesen Trendsetter?

Und in Deutschland? Zwischen 1 und 3 % der Erstbesamungen in den Zuchtgebieten der RUW, Masterrind, RMV oder RSH werden mit gesextem Sperma durchgeführt. Nur in Ostfriesland sind es 8 %, fast dreimal so viel. Außerhalb des Zuchtgebiets des VOSt (Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter) scheint die Technologie weiter nur ein Nischendasein zu führen.


„Dabei spricht vieles dafür, gerade die Jungrinder gesext zu besamen“, sagt Dr. Jan Detterer, Stationsleiter beim VOSt. Die Totgeburtenrate geht zurück, die Färsen starten besser in die Laktation und die Verfügbarkeit an weiblicher Nachzucht steigt an.


Und gerade die Färsenpreise von bis zu 2 000 € im vergangenen Jahr waren und sind ein weiteres Argument, gesextes Sperma einzusetzen.


Für Detterer hat der überproportionale Einsatz von gesextem Sperma im ostfriesischen Zuchtgebiet seit 2009 (siehe Übersicht 1) mehrere Gründe. Viele der ostfriesischen Betriebe verkaufen intensiv Zuchtvieh, das stimuliert die Nachfrage. Außerdem hatte der VOSt schon sehr früh gute Bullen gesext angeboten und die Techniker intensiv auf den Einsatz von gesextem Sperma vorbereitet. „Wenn der Techniker den Umgang beherrscht und Erfolg hat, stimuliert das die Nachfrage,“ so Detterer (siehe Kasten „Was der Profi rät…“).


Inzwischen hat der VOSt rund 21 000 Erstbesamungen mit gesextem Sperma ausgewertet. Für den Vergleich wurden nur die Besamungen der Bullen herangezogen, von denen gesextes und konventionelles Sperma versamt wurde. Das Ergebnis: Die Non-Return-Raten liegen mit 62 % bei den Rindern und 53 % bei den Kühen deutlich über den Erwartungen. „Bei den Kühen war die Differenz zum konventionellen Sperma mit 9,6 % sogar etwas niedriger als bei den Rindern mit 12,5 %“, so Dr. Detterer. Die Qualität des gesexten Spermas ist also besser geworden im Laufe der Jahre.


Günstigere Preise!

Verbessert hat sich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Kostete die Portion bei der Einführung noch bis zu 90 €, sind die Preise inzwischen auf 35 bis 45 € gefallen. Mancher Spermaimporteur lockt seine Kunden sogar mit Preisen von unter 30 € pro Portion, allerdings eher für Mittelklasse-Bullen.


Und die Preise könnten noch etwas fallen, vermutet Dr. Sabine Krüger von der Rinderzucht Mecklenburg-Vorpommern (RMV): „Wenn die Akzeptanz von gesextem Sperma Schritt für Schritt weiter ansteigt, sind weitere Preisnachlässe denkbar.“


Zur Kostensenkung beitragen könnte auch, wenn direkt in Deutschland Maschinen und Verfahren zur Spermientrennung zur Verfügung stehen würden.


Denn bislang werden die deutschen Bullen bzw. das Frischsperma ins Ausland verbracht, damit dort gesextes Sperma gewonnen bzw. hergestellt werden kann. „Jede Lieferung kommt im rechtlichen Sinne einem Spermaexport gleich. Es müssen also für alle Lieferungen die entsprechenden Exportpapiere erstellt und von den Aufsichtsbehörden legitimiert werden. Der zeitliche Aufwand für diese adminstrativen Arbeiten ist groß“, erklärt Dr. Jörg Potthast von der RUW. „Und das macht die Produktion zusätzlich teuer.“


Der VOSt stellt seine Bullen z. B. in England bei der Besamungsstation Cogent unter und lässt dort das gesexte Sperma produzieren. Die Rinder Union West (RUW) lässt das Frischsperma z. T. in den benachbarten Niederlanden oder den USA sortieren.


Deutschland startet 2013.

Daher ist es kein Wunder, dass viele deutsche Stationen derzeit in erster Linie nur zweite Wahl-Bullen in geringem Umfang sexen. „Das geringe, durchschnittliche Angebot hat den Absatz nicht gerade beflügelt“, sagt Willi Warder vom Osnabrücker Herdbuch.


Doch Änderung ist in Sicht: Spätestens ab 2013 gibt es auch gesextes Sperma, das in Deutschland hergestellt wurde. Denn gleich neun Zuchtorganisationen (LTR, RBB, RMV, RSA, RSH, RUW, VOST, WEU und ZBH) planen unter dem Dach der gemeinsamen Vermarktungsorganisation GGI (German Genetics International) den Einstieg in die Spermientrennung. In Zusammenarbeit mit der US-Firma Sexing Technologies soll in Cloppenburg (Niedersachsen) eine hochmoderne Anlage zur Sperma-trennung in Betrieb genommen werden. „Der Samen wird dann mit den aktuell modernsten verfügbaren Maschinen sortiert, die eine deutlich bessere Trennungs- und Spermaqualität zeigen als die Maschinen aus der Anfangs­ära des Spermasexings“, so Dr. Sabine Krüger vom RMV.


Zwar machen die Produktionskosten und Lizenzgebühren den Großteil der Kosten aus, so dass der Preis von gesextem Sperma kaum unter 30 € fallen dürfte. Dennoch könnte das gesexte Sperma „Made in Germany“ den Absatz ankurbeln, gleichzeitig könnten so die Herstellungskosten sinken.


Auf Seiten der Anbieter für die Technologie der Spermientrennung scheint in absehbarer Zeit keine Konkurrenz in Sicht. Einziger Anbieter weltweit ist derzeit Sexing Technologies.


Die jahrelangen Bemühungen der Masterrind, gemeinsam mit dem Friedrich Löffler-Institut ein optimiertes Verfahren mit besseren Motilitätsraten (Bewegungraten) der Spermien zu entwickeln, sind bislang noch nicht von Erfolg gekrönt. Sexing Technologies selbst arbeitet derzeit an der dritten Gene­ration „Sortier-Maschinen“. „Für uns ist neben der Spermaqualität vor allem die Prozessbeschleunigung wichtig. Wir müssen in Zukunft in der gleichen Zeit, in der eine Einheit konventionelles Sperma hergestellt werden kann, auch eine Einheit gesextes Sperma herstellen können“, so Louis A. Prange von Sexing Technologies.


Rechnet sich der Einsatz?

Ob sich der Einsatz rechnet, ist immer betriebsindividuell zu kalkulieren. „Vor allem die Herdenfruchtbarkeit ist entscheidend“, so Dr. Jens Baltissen von der Zucht- und Besamungsunion Hessen. Wer schon bei den Rindern mit „normalem“ Sperma Probleme hat, sollte Abstand nehmen vom Einsatz.


Untersuchungen zur Rentabilität von gesextem Sperma zeigen, dass keine allgemeinen Aussagen getätigt werden können. Es muss immer im Einzelfall geprüft werden. Faktoren wie die aktuellen Preise für Kälber und Milch, die eigene Remontierungsrate, die Anzahl weiblicher Kälber, die erzielte Trächtigkeitsrate und der Preisunterschied zwischen männlichen und weiblichen Kälbern sind entscheidend.


Für Fleckvieh-Betriebe z. B. ist der Einsatz von weiblich gesextem Sperma aufgrund der hohen Preise für männliche Kälber eher uninteressant. Ansgar Leifker

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