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Gute Luft – gesunde Kühe

Lesezeit: 9 Minuten

Mit der richtigen Lüftung und Kühlung Ihres Milchviehstalles sichern Sie Tiergesundheit und Leistung. Ein Überblick über die verschiedenen Techniken und Tipps zum Management.


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Vermehrte Probleme bei der Klauengesundheit, Euterentzündungen, schlechte Fruchtbarkeit und Milchverlust. Viele Landwirte mussten im letzten Jahr schmerzhaft erfahren, welche Folgen Hitzestress für die Herdengesundheit und ihren Geldbeutel haben kann.


Unabhängig von der Jahreszeit hat auch die Luftqualität im Stall einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden von Menschen und Tieren.


Um das richtige Lüftungskonzept für den Stall zu entwickeln, muss zwischen Belüftung und Kühlung unterschieden werden: Die Belüftung bezeichnet die Frischluftzufuhr in den Stall. Die Kühlung beschreibt alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Kuh aktiv zu kühlen.


Die einfachste Methode, die Luftqualität im eigenen Stall einzuschätzen, ist tiefes Durchatmen. In einem gut ventilierten Stall sollte sich die Luft nur unmerklich von der Außenluft unterscheiden. Dabei gilt zu bedenken, dass die Nase der Kuh um ein Vielfaches empfindlicher ist als die menschliche.


Die Luftwechselrate beschreibt die Qualität der Belüftung: Ziel ist eine Luftwechselrate von mindestens viermal pro Stunde im Winter sowie 40 bis 60 Mal pro Stunde im Sommer.


Die meisten Kuhställe in Deutschland sind auf einen natürlichen Luftaustausch zwischen der Stall- und der Außenluft ausgerichtet.


Natürlich Belüften


Damit das gelingt, sind diese Orientierungswerte zu beachten:


  • Stallausrichtung 90° zur Hauptwindrichtung
  • Firstöffnung: 5 cm pro 3 m Stallbreite
  • Trauföffnung: mindestens 3,7 m; Traufhöhe: 4 bis 4,5 m; im Winter pro 3 m Stallbreite mindestens 2,5 cm Öffnung an beiden Seiten
  • Keine Windschatten: Abstand zu einem Windschatten verursachenden Gebäude mind. 0,4 x Höhe x √Länge. Beispiel: notwendiger Abstand zu einem klassischen 6-Reiher mit den Maßen: 49 m lang, 9 m hoch: 0,4 x 9 x √49 = 25 m. Nicht zu unterschätzen ist auch der Windschatten den z.B. ein Maisfeld oder ein Fahrsilo verursacht.


Mechanisch Belüften


Selbst wenn alle diese Punkte beim Bau eines Stalles beachtet wurden, findet an Tagen ohne Wind und mit zu hohen Außentemperaturen keine ausreichende Belüftung des Stalles statt.


Die Alternative ist eine mechanische Belüftung. Dabei werden folgende Methoden unterschieden:


  • Tunnel: Meist lange schmale Ställe mit komplett geschlossenen Seiten. Ventilatoren an einer Giebelseite bringen die verbrauchte Luft aus dem Gebäude. Die Frischluft strömt auf der anderen Seite durch Öffnungen herein.
  • Quer: Meist breite Ställe, z.B. 12-Reiher, mit komplett geschlossenen Giebelseiten. Ventilatoren an einer Längsseite bringen verbrauchte Luft aus dem Gebäude. Die Frischluft strömt durch Öffnungen auf der anderen Seite herein.
  • Hybrid: Wie Tunnelbelüftung, aber der Stall ist für natürliche Belüftung ausgelegt, wobei die Curtains an den Seiten komplett geschlossen werden können.
  • Überdruck – Schlauchbelüftungssysteme (Positive Pressure Tubes): Ein Schlauch bringt kontrolliert Frischluft in den Stall.
  • Gleichdruck: Ventilatoren befördern Luft an einer Seite in den Stall. Weitere Ventilatoren leiten die Luft gerichtet durch den Stall und Ventilatoren am anderen Ende des Stalles bringen die verbrauchte Luft aus dem Stall heraus.


Hitzestress und Gesundheit


Neben der Belüftung eines Stalles ist die Kühlung der Kühe im Sommer wichtig. Vor allem durch die Wärmeproduktion im Pansen erzeugt eine Hochleistungskuh in Ruhe etwa zwanzig Mal mehr Wärme als ein Mensch. Deshalb leiden Kühe je nach Luftfeuchtigkeit bereits ab 20°C unter Hitzestress.


Der Sommer 2018 machte den Einfluss von Hitzestress auf die Gesundheit der Kühe besonders deutlich: In der Hitzeperiode sanken zuerst nur die Milchinhaltsstoffe, nach etwa drei Tagen mit massivem Hitzestress ging die Milchleistung deutlich zurück. In manchen Betrieben um bis zu 8 kg pro Kuh und Tag. Die Temperaturen schwächten auch das Immunsystem der Tiere. Das äußerte sich in erhöhten somatischen Zellzahlen, mehr schweren Euterentzündungen und einer schlechteren Reproduktion. Weniger Kühe zeigten eine Brunst und die Konzeptionsrate sank.


Durch lange Standzeiten und die stärkere Belastung der Lederhaut in der Hitzeperiode stieg auch die Zahl der Klauendefekte etwa zwei Monate später deutlich.


Wann ist kühlen nötig?


Der sogenannte THI (Temperature-Humidity-Index) zeigt den Zusammenhang zwischen der Ausprägung des Hitzestresses und der Temperatur sowie der relativen Luftfeuchtigkeit. Eine Auswertung der Klimadaten der Wetterstation in Bremen zeigt deutlich, wie viele Tage unsere Kühe 2018 mit massivem Hitzestress zu kämpfen hatten: 75 Tage mit mehr als 25°C und 22 Tage mit mehr als 30°C (gegenüber 29 bzw. fünf Tagen im Schnitt 2015 bis 2017). Hinzu kommt eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit in Norddeutschland von etwa 80% im langjährigen Mittel.


Um zu beurteilen, in welchen Bereichen des Stalles die Kühe gekühlt werden müssen, sollten Landwirte ihr Verhalten beobachten: Zuerst steigern die Kühe ihre Atemfrequenz. Außerdem stehen sie mehr, da sie im Stehen Hitze abbauen, während sie sich im Liegen weiter aufheizen (Übersicht Seite R26). Ihre Liegezeit kann sich so um bis zu vier Stunden und mehr verringern.


Wenn Kühe dicht gedrängt stehen, wie z.B. im Wartehof, verlieren sie auch im Stehen keine Hitze. Somit hat der Wartehof die höchste Priorität, wenn es darum geht, die Kühe zu kühlen, danach folgen die Liegeflächen und dann erst der Fressgang. Um einen Stall optimal zu kühlen gibt es zwei Möglichkeiten, die Beschleunigung der Luftströmung und die Kühlung mit Wasser.


Luft beschleunigen


Luftgeschwindigkeiten von 1 bis 2 m pro Sekunde am Tier sind nötig, um mit der Beschleunigung der Luftströmung einen Kühlungseffekt zu erreichen.


  • Die gängigste Art dieser Kühlung ist der Einsatz von Axialventilatoren. Sie haben einen Wirkungsbereich von etwa 3x9 Metern. Als generelle Empfehlung für Standardventilatoren (Durchmesser 1,22 bis 1,32 m) gilt: Einen Ventilator etwa alle 7 m, so hoch, dass Kühe sie nicht erreichen, mit einem Winkel von 15 bis 25° auf die Kühe gerichtet installieren. Wichtig ist zu bedenken, dass sich die Wirkung des ersten Ventilators erst nach etwa 6 m für die Kühe bemerkbar macht. Sich selbst in die Liegeboxen zu legen ist eine gute Methode, um zu prüfen, wo die Luftgeschwindigkeit für die Kühe ausreichend ist. Ein Luftaustausch im Sinne einer Belüftung ist durch diese Ventilatoren nicht möglich. Der Einzelpreis der Ventilatoren ist gering, es sind aber viele notwendig.33


Häufig hängen Axialventilatoren zu hoch, nicht abgewinkelt und zu weit auseinander. Auch findet man sie teils ausschließlich über den Lauf- oder Fressgängen. Im Stall sollten aber die Liegereihen oberste Priorität bei der Belüftung haben und dann die Fressgänge.


Neben den Standardventilatoren, gibt es sogenannte „Storm Fans“, die mit ihren Lamellen eine gerichtete Luftströmung erzeugen. So erreichen sie deutlich größere Wirkungsbereiche von etwa 6x18 Metern und durch die große Luftförderleistung lassen sie sich in begrenztem Maße auch zum Luftaustausch einsetzen. Ihre Wirkung ist am besten, wenn sie in einer Höhe von mindestens 5 Metern hängen. Der Einzelpreis ist hoch, jedoch sind im Vergleich zu Standardventilatoren deutlich weniger nötig.


  • Vertikalventilatoren bewegen sich im Vergleich zu Axialventilatoren deutlich langsamer, wodurch sie sehr leise sind. Abhängig von der Größe erreichen sie einen Wirkungsradius von etwa 6 Metern. Dieser ist jedoch meist weit geringer als vom Hersteller angegeben. Es ist davon abzuraten, diese Ventilatoren über dem Futtertisch anzubringen, da ihr Wirkungsbereich oft schon vor den Liegeboxen endet und das Futter durch die Luftströmung zusätzlich trocknet. Genauso wie Axialventilatoren können auch diese Ventilatoren keinen Luftaustausch im Stall erzeugen. Ihr Einzelpreis ist hoch und je nach Wirkungsradius sind viele Ventilatoren nötig.36


  • Schlauchbelüftungssysteme (Positive Pressure Tubes): Ursprünglich für die Belüftung gedacht, sind sie auch zur Kühlung von Kühen in allen Bereichen des Stalles geeignet. Sie bringen Frischluft in gewünschter Luftgeschwindigkeit dort an die Kuh, wo sie benötigt wird. Die höheren Investitionskosten dieser Systeme relativieren sich meist durch niedrige Unterhaltungskosten, da ein Schlauch bis zu 60 Liegeboxen kühlen kann. Die Systeme müssen explizit für den jeweiligen Bereich in einem Stall konzipiert sein. Im Falle eines Umbaus kann es sein, dass sie nicht mehr den gewünschten Effekt erzielen. Daher ist auch die Umnutzung der Schläuche in anderen Ställen meist nicht möglich.37


Mit Wasser kühlen


Um Kühe mit Wasser zu kühlen, wird das Wasser mit Niederdruck versprüht. Durch das Verdunsten auf der Körperoberfläche der Kühe entsteht ein Kühlungseffekt. Ideal ist, wenn ein Zeitprogramm ab einer Temperatur von 21°C etwa alle zehn Minuten eine kurze Berieselung von 45 bis 60 Sekunden erzeugt. Ab etwa 27°C sollte das Intervall auf 5 bis 7 Minuten verkürzt und die Länge der Berieselung auf etwa 90 Sekunden erhöht werden. Die Hochdruckvernebelung von Wasser kühlt hingegen nicht die Kühe sondern die Umgebungsluft. Aufgrund der hohen Luftfeuchte in Deutschland ist ihr Effekt jedoch gering.


In jedem Fall ist der Einsatz von Wasser nur bei ausreichendem Luftaustausch im Stall sinnvoll. Sonst steigt der THI und damit der Hitzestress der Kühe durch höhere Luftfeuchtigkeit.


Selbstbauten zur Kühlung der Kühe mit Wasser arbeiten oft im Dauerbetrieb und decken nur kleine Stallbereiche ab. Die punktuelle Berieselung führt dazu, dass die Kühe sich gruppieren und nur ranghohe Tiere von der Berieselung profitieren. Außerdem stehen die Kühe dort länger, damit steigt das Vorkommen von Klauenerkrankungen. Das Wasser verdunstet nicht vollständig, die Kühe werden nass und tragen die Feuchtigkeit in die Liegeboxen. Wassertropfen, die am Euter hinablaufen und so zum Zitzenkanal gelangen, steigern das Infektionsrisiko für Mastitiden.


Individuelle Konzepte gefragt


In jedem Stall lassen sich Belüftung und Kühlung verbessern. Jedoch ist kein Konzept allgemeingültig. Maßnahmen zur Lüftung und Kühlung sollten gut durchdacht sein. Um teure aber wirkungslose Investitionen zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen Lüftungsexperten zu Rate zu ziehen. Damit sollten Sie spätestens im Frühjahr beginnen.


katharina.luetke-holz@topagrar.com

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