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Heumilch aus dem Osten

Lesezeit: 6 Minuten

Die Gläserne Molkerei setzt auf Bio-Heumilch. Die Kohrener Landmolkerei auf Konventionelle.


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Wir sehen großes Potenzial in der Heumilchnische“, sind sich Frank Wetterich und Maximilian Scherres von der Gläsernen Molkerei in Münchehofe (Brandenburg) einig. Die Biomolkerei verarbeitet jährlich rund 100 Mio. kg Milch von 120 Mitgliedsbetrieben in Nord- und Ostdeutschland. „5 bis 10% davon ist Bio-Heumilch“, erklärt Wetterich, der den Rohstoffeinkauf und den Industrieverkauf leitet. In das Segment stieg die Molkerei 2009 ein und war damit eine der ersten deutschen Heumilch-Molkereien.


Auch Jörg Rögner, Geschäftsführer der Kohrener Landmolkerei (KLM) in Penig (Sachsen), setzt auf das Segment. Allerdings im konventionellen Bereich. Nach der Insolvenz der 2014 von heimischen Erzeugern gegründeten Molkerei ist Rögner Mitgesellschafter und krempelt den Standort seitdem mächtig um. Seine Vision: „Wir wollen regionale Spezialitäten herstellen.“ Die KLM investierte 3,3 Mio. € und probiert drei Segmente aus: Konventionelle Milch, Biomilch und Heumilch. „Wir entscheiden abhängig von den Zahlen, was wir langfristig als Hauptstandbein etablieren“, erklärt Rögner die Strategie. Die KLM ist kein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Heumilch, die Milch ist aber mit dem EU-Heumilch-Gütesiegel „Garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) gekennzeichnet. Auch die Bio-Heumilch der Gläsernen Molkerei ist seit 2016 mit dem g.t.S. EU-Heumilch-Gütesiegel geschützt.


Anders als bei der Kohrener Landmolkerei, bei der es vordergründig um das Abheben am Markt geht, nennen Wetterich und Scherres einen anderen Grund für den Einstieg in das Heumilchgeschäft: „Um das Risiko von Clostridien in der Rohmilch zu vermeiden, wollten wir Milch von Kühen verarbeiten, die keine Silage fressen“, erklärt Scherres, der als Erzeugerberater das Heumilchprogramm betreut. Clostridien sind anaerobe und hitzestabile Bakterien, die sich unter günstigen Bedingungen stark vermehren können. Sie sind für Mensch und Tier zwar völlig unbedenklich. Es besteht aber das Risiko, dass während der Käsereifung Sporen auskeimen. Das kann zu Spätblähungen führen und die Qualität des Käses beeinträchtigen. Auch der Geschmack war ein Grund in das Segment einzusteigen. Die Gläserne Molkerei bietet Heumilch als frische und als länger haltbare Milch an. Hinzu kommen ein Heumilchkäse, ein Heumilchraclettekäse sowie ein Heumilchjoghurt.


Die Kohrener Landmolkerei bietet Heumilch ebenfalls als frische und als haltbare Milch an. Zusätzlich können Kunden Heumilchbutter und verschiedene Käsesorten kaufen. Im Handel kostet ein Liter Milch 1,49 €.


Heuhalle ist Voraussetzung


Während bei der Kohrener Landmolkerei bisher nur ein Landwirt Heumilch anliefert, zählt die Gläserne Molkerei inzwischen acht Heumilcherzeuger. „Für eine gleichbleibende Futter- und damit Milchqualität setzen wir die Heutrocknung in einer Heutrocknungsanlage voraus“, sagt Scherres. Dazu gewährt die Molkerei eine Übergangsfrist und bietet dem Landwirt ggf. Unterstützung bei der Investition an. Die Kohrener Landmolkerei macht eine technische Heutrocknung nicht zur Bedingung.


Lucas Lütke Schwienhorst aus Vetschau/ Spreewald (Brandenburg) liefert seine Milch an die Gläserne Molkerei. Der 34-Jährige bewirtschaftet mit seinem Team den Gutsbetrieb Ogrosen mit 450 ha Außenwirtschaft, 120 Milchkühen, einer eigenen Käserei und Schlachterei, Direktvermarktung und Ferienwohnungen. „Nach der Übernahme im Jahr 1990 begann mein Vater den Betrieb biologisch zu führen.“ Seitdem gehört es zum Konzept, regionale Wertschöpfungsketten zu etablieren. Rund 20% der Milch verarbeitet Lütke Schwienhorst in der eigenen Käserei.


2018 investierte der Landwirt in eine „Heuscheune“. Seitdem füttert er keine Silage mehr. Der Grund für die Investition war die eigene Käseproduktion. „Wir wollen etwas anderes machen für mehr Wertschöpfung“, beschreibt der Unternehmer seinen Antrieb. Ein weiterer wichtiger Punkt war auch für ihn das Clostridien-Thema. Den letzten Anstoß für die Entscheidung gab aber die Tatsache, dass ohnehin eine Investition in neue Siloanlagen fällig gewesen wäre. „Dafür hätte ich locker 200000 € investieren müssen“, sagt der Betriebsleiter. Für die Heutrocknungshalle belief sich die Investitionssumme am Ende auf insgesamt 500000 €. Davon konnte er 100000 € mithilfe von Fördergeldern finanzieren. Für die Heuernte kann er alte Technik nutzen, die auf dem Betrieb vorhanden war.


Lütke Schwienhorst sieht sich nun besser für die Zukunft aufgestellt: „Den Schritt wären wir wahrscheinlich auch ohne die Gläserne Molkerei gegangen“, gesteht er. Dennoch ist er froh, dass der Milchverarbeiter ihm die Sicherheit gibt, dass die Milch nicht nur abgeholt, sondern auch entsprechend entlohnt wird. „Wir zahlen unseren Heumilchlieferanten aktuell einen Zuschlag in Höhe von 6 ct/kg auf den ‚normalen‘ Biopreis“, erklärt Scherres. Dass der Betrieb einen Teil der Heumilchmenge direkt vermarktet, ist für die Vertreter der Gläsernen Molkerei kein Problem.


Enge Margen, gesunde Kühe


Aus Sicht von Lucas Lütke Schwienhorst ist Milch aufgrund der engen Margen mit das schwierigste Geschäft auf dem Betrieb. Dennoch kommt für ihn nicht infrage, die Kühe abzuschaffen: „Ökolandbau ohne Tiere funktioniert für mich nicht.“ Er hält die alte Zweinutzungsrasse Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind. Das Herdenmanagement hat Klara Lang inne. Sie ist seit vier Jahren auf dem Betrieb angestellt und erklärt: „Ich behaupte, dass unsere Kühe gesünder sind, seitdem wir ausschließlich Heu füttern.“ Die durchschnittliche somatische Zellzahl der Herde liegt seitdem bei unter 150000 Zellen/ml Milch. In puncto Milchleistung liegt der Herdenschnitt bei 5000 kg pro Kuh und Jahr. „Unsere älteste Kuh ist 17 Jahre alt“, erklärt sie.


Ihr Anspruch ist, die gesamte Milchmenge aus dem Grundfutter zu melken – ohne Kraftfutter. Das wiederum erfordert eine hohe Grobfutterqualität. Der Betrieb erntet etwa 12000 m³ Heu pro Jahr, das in mehreren Boxen in der Heutrocknungshalle lagert. Für die Trocknung nutzen sie ein 22 kW-Heuluftgebläse, das mit der Luft der Unterdachabsaugung versorgt wird. Zusätzlich kann Lütke Schwienhorst auch warme Luft aus einem Scheitholzofen zuführen. „Dieses Jahr hatten wir eine gute Ernte. Da wir aufgrund der Witterung aber erst spät im Mai ernten konnten und dann am besten alles gleichzeitig vom Feld musste, hatten wir in der Heuhalle ein paar Probleme“, gesteht er und resümiert: „Man muss sich langsam an das System herantasten.“


Das Interesse steigt


Scherres und Wetterich sind überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt. Denn der Heumilchabsatz stieg in den vergangenen Jahren. Fast jährlich kam ein neuer Erzeuger hinzu. In fünf bis zehn Jahren will die Molkerei 10 bis 15 Mio. kg Heumilch unter der Marke „Gläserne Molkerei“ vertreiben. „Wir wollen das Bewusstsein der Verbraucher für traditionelle Bio-Heumilch stärken“, erklärt Scherres.


Rögner sieht in der Verbraucherkommunikation eine der größten Herausforderungen. Sein Heumilchlieferant bekommt 10 ct/kg Zuschlag. Damit erhält er aktuell 48 ct/kg Milchgeld. -kgw-

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