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„Hier läuft echt alles automatisch!“

Lesezeit: 6 Minuten

Bernd Schleupen hat im „Power-Praktikum“ von top agrar die automatisierte Milchproduktion hautnah kennengelernt. Sein Erlebnisbericht vom Betrieb Helmers in Niedersachsen.


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Ich muss ja zugeben: So ein paar Vorurteile gegenüber der Roboter-Technologie in Kuhställen hatte ich schon. Zum Beispiel war ich davon ausgegangen, dass die Kühe nicht allein zum Melkroboter gehen und das Nachtreiben sehr lange dauert. Oder dass der Futter-Roboter nachts muckt und der Alarm einen aus dem Schlaf klingelt.


Doch nach meinem „Power-Praktikum“ muss ich sagen: Alles quatsch – zumindest bei der Helmers GbR aus Hude in der Nähe von Oldenburg. Denn hier läuft das Melken und Füttern tatsächlich größtenteils automatisch ab. Für die Familie ist das eine riesige Arbeitserleichterung, schafft deutlich mehr Flexibilität und erhöht letztlich die Lebensqualität.


Zuerst zum Computer:

Das zeigt allein schon der Ablauf eines „normalen“ Tages.


Los gehts morgens um 6.00 Uhr. Der erste Gang geht grundsätzlich Richtung Stallcomputer, der zentralen Schaltstelle für die Herdenbetreuung. Hier fließen alle Daten, die die beiden Melkroboter erfassen, zusammen. Dazu zählen zum Beispiel die Milchleistung, die Anmelkzeit, die Melkzeit je Euterviertel, die Zwischenmelkzeit sowie Analysen zur Eutergesundheit.


Besonders hilfreich finde ich die Alarmlisten, die der Computer ausspuckt: Wenn eine Kuh aufgrund der ermittelten Daten brünstig sein könnte oder die Gefahr einer Eutererkrankung besteht, zeigt das Herdenmanagement-Programm sie direkt an. So wussten wir ganz genau, welche von den 140 Kühen wir genauer unter die Lupe nehmen müssen. Das haben wir meist direkt erledigt.


Auch die Kühe, die die Zwischenmelkzeiten überschritten haben und nachgetrieben werden müssen, werden angezeigt. Was mich beeindruckt hat: Es waren morgens und abends jeweils nur maximal drei Kühe pro Melkroboter, also sechs Kühe insgesamt. Und das Nachtreiben geht ruckzuck: Einfach die Gitter vor den Melkrobotern herumschwenken und die Kühe in diesen Bereich treiben. Diese können das abgesperrte Areal nur verlassen, wenn sie den Melkroboter passieren. Da Günter Helmers für jeden Melkroboter eine einzelne Kuhgruppe hat, dauerte das Nachtreiben gerade einmal fünf Minuten.


Während die Nachzügler gemolken wurden, haben wir zunächst die Routinearbeiten an den Melkrobotern durchgeführt. Das heißt Milchfilter wechseln, Laser reinigen und Standflächen säubern. Das dauert insgesamt rund zehn Minuten. Schneller gehts in einem konventionellen Melkstand für 140 Kühe auch nicht, würde ich sagen.


Wenn das erledigt war, haben wir den Futtertisch gereinigt, die Liegeboxen gepflegt und die Tränken gesäubert. Meist waren danach alle Nachzügler gemolken und wir konnten die Gitter wieder für den „normalen“ Melkverkehr öffnen. Die Arbeiten am Melkroboter waren jetzt durch und es ging zum nächsten „stählernen Mitarbeiter“, dem Futter-Roboter.


Füttern in Rekordzeit:

Helmers lässt seine Kühe automatisch füttern. Beim Neubau des Kuhstalls im Jahr 2009 hat er sich für ein schienengeführtes Fütterungssystem mit Misch- und Verteilwagen sowie Vorratscontainern entschieden.


Die vier Container haben wir jeden Morgen per Frontlader frisch befüllt. Die Komponenten sind Gras- und Maissilage, Pressschnitzel sowie Stroh. Hinzu kommen noch Mineralfutter, Sojaschrot, Rapsschrot und geschütztes Fett. Das Befüllen dauert rund 20 Minuten.


Der Roboter holt sich die Futterkomponenten daraufhin selbstständig aus den Containern und mischt die Rationen. Diese sind mit den entsprechenden Futterfrequenzen im Computer des Futter-Roboters programmiert. Die Rationen und Fütterungszeiten lassen sich jederzeit anpassen oder ändern, beispielsweise wenn sich die Tierzahl in einer Gruppe ändert oder der Anteil einer Futterkomponente verändert werden soll.


Helmers füttert beiden Kuhgruppen derzeit die gleiche Ration, die auf 26 bis 27 kg Milch ausgelegt ist. Um die durchschnittliche Tagesleistung von 33 kg auszufüttern, gibt es zusätzlich noch Kraftfutter im Melkroboter. Das erhöht gleichzeitig den Anreiz für die Kühe, zum Melken zu gehen.


Der Futter-Roboter legt den Laktierenden die Ration sechsmal täglich frisch vor. Die Trockensteher bekommen zweimal pro Tag eine separate Ration. Besonders gut gefällt mir die gleichmäßige Futteraufnahme der Kühe. Zudem schieben sie das Futter kaum von sich weg. Und: Auch die rangniedrigeren Tiere be-kommen immer frisches Futter.


Faszinierend finde ich auch, dass es mit der automatischen Fütterung gelingt, 140 Kühe sechsmal täglich in weniger als einer halben Stunde zu füttern. Ganz ehrlich, das schaffe ich zu Hause mit unserem Mischwagen nicht!


Somit schafft es eine Person alleine, morgens in weniger als zwei Stunden die komplette Stallarbeit für 140 Kühe zu erledigen. Und das beste: Ohne große körperliche Anstrengung, denn die Roboter nehmen die schwere Arbeit ab. Abends geht es sogar noch schneller, da die Futter-Container nicht befüllt werden müssen und einige Routinearbeiten wie zum Beispiel das Säubern der Tränken entfallen.


Einen Haken hat der Futter-Roboter allerdings: Er kann nicht alle Tiere füttern. In dem neuen Stall sind nur die Laktierenden und Trockensteher untergebracht, das Jungvieh steht noch in den Altgebäuden. Hier ist der Betriebsleiter weiter auf die „alte“ Technik des Mischwagens angewiesen. Ideal wäre es, wenn sich alle Tiere automatisch füttern ließen.


Super Tiefboxen:

Neben der Roboter-Technologie haben mich die Tiefboxen auf dem Betrieb Helmers beeindruckt.


Zu Hause und auf meinen Ausbildungsbetrieben habe ich bisher nur die Hochbox plus Gummimatte kennengelernt, immer mit dem Argument: „Die macht weniger Arbeit als die Tiefbox und benötigt weniger Einstreu.“ Ein Mythos, wie ich jetzt weiß. Denn ich bin erstaunt, wie wenig Arbeit die Tiefbox macht – und wie wohl sich die Kühe darin fühlen.


Bei Helmers liegen die Tiefboxen auf dem Niveau der Laufgänge. Zum Gang hin haben sie eine Aufkantung von etwa 25 cm. Etwa alle zwei Wochen wird mit dem Frontlader und einer Verteilschaufel Sägemehl in die Boxen gefüllt. Zwei Personen benötigen hierfür etwa eineinhalb bis zwei Stunden. Die tägliche Boxenpflege hat eine Person in maximal zehn Minuten erledigt.


Wenn ich das nun mit unserer Hochbox mit Gummimatte zu Hause vergleiche, muss ich sagen: Wir benötigen zu Hause mindestens genauso viel Einstreu und Zeit für die Hochbox, die Gelenke und Fundamente der Kühe sehen aber nicht so gut aus wie hier in der Tiefbox. Deshalb überlege ich ernsthaft, unsere Hochboxen „tiefer zu legen“ und somit den Komfort für die Kühe zu erhöhen.


Mein Fazit:

Von dem „Power-Praktikum“ habe ich jede Menge mitgenommen. Mir ist klar geworden, dass sich mithilfe der Roboter auch eine größere Herde mit relativ wenigen Arbeitskräften führen lässt – ohne größere körperliche Anstrengung. Zudem bringen die Roboter mehr Flexibilität und Lebensqualität.


In der Kombination von Melkrobotern und automatischer Fütterung sehe ich eine gute Symbiose. Die Kühe werden mehrmals am Tag motiviert, zum Fressen zu gehen und bekommen so auch den Anreiz, den Melk­roboter zu besuchen.


An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei Familie Helmers für die tolle Woche bedanken!

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