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„Ich kann das Gejammer nicht mehr hören!“

Lesezeit: 5 Minuten

Eine Milchbäuerin ist die aktuelle Milch-Diskussion leid. Vor allem drei Dinge gehen ihr auf die Nerven. Hier ihr Leserbrief.


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1.Milchmenge runter – alles gut?


Was ein Wirbel: Sechs Wochen lang lief das Bonussystem von FrieslandCampina. Alle Milcherzeuger, die ihre Milchmenge in der Zeit nicht ausgedehnt haben, bekamen 2 ct/kg extra. Einige Milcherzeuger, Verbände und Politiker feierten den Vorstoß als Durchbruch für eine neue Form der Mengensteuerung, am besten weltweit.


Doch ganz ehrlich: Die Bilanz nach sechs Wochen ist mehr als ernüchternd. Gut 40 Cent hat FrieslandCampina jedes nicht gelieferte Kilogramm Milch gekostet, plus die ganze Rechnerei. Das kann sich keine Molkerei längerfristig leisten.


Dazu der Unmut unter den Milcherzeugern. Um in den Genuss des Bonus zu kommen, haben viele Landwirte einen Teil ihrer Milch in die Gülle gekippt. Die Molkerei bezahlt also Milchvernichtung. Ist es das, was wir wollen?


Zudem ist es ein willkürliches System. Hatte jemand gerade wenig Abkalbungen, war er im Glück. Kalbten viele Kühe, hatte er Pech. Und natürlich sind die Milcherzeuger, die ihre Produktion nach dem Quotenende nicht ausgedehnt haben, sauer auf die Kollegen, die ordentlich Gas gegeben und den kompletten Markt erst in diese missliche Situation manövriert haben.


All dies blenden der BDM, die AbL und die grünen Politiker aber anscheinend aus. Sie posaunen überall herum, wie toll das FrieslandCampina-System sei und dass es alle nachmachen müssten. Dabei vergessen sie, warum der Molkereikonzern das Bonussystem eingeführt hat: FrieslandCampina musste einen kurzfristigen Engpass bei der Verarbeitung überbrücken. Aber die Niederländer wollen und können nicht den weltweiten Milchmarkt aus dem Tal hieven.


Lassen wir uns trotzdem einmal auf das Gedankenspiel ein, das Bonussystem europaweit umzusetzen – spätestens dann sollten alle Lamentierer kapieren, dass es nicht geht.


Es fängt schon damit an, welche Milchmenge wir als Ausgangsmenge betrachten. Vor dem Quotenende? Dann müssten alle Betriebe, die für das Quotenende gebaut und aufgestockt haben, ihre Anlieferung wieder auf das ursprüngliche Niveau zurückfahren. Das würde vielen das Genick brechen. Oder nehmen wir die jetzige Anlieferungsmenge und ziehen jedem Betrieb die Menge x ab? Das würde die Betriebe, die seit Jahren eine konstante Milchmenge erzeugen, völlig zu Unrecht bestrafen. Oder sollen wir einfach jeder Molkerei die Menge x abziehen? Das hätte nichts mit Marktnähe zu tun. Denn dann müssten auch Molkereien mit gut laufenden Produkten und hoher Wertschöpfung wie Biomilch oder GVO-freie Milch ihre Menge kürzen. Das würde dem Milchpreis der Molkerei schaden.


Kurzum: Es gibt keine faire Lösung! Und jedes System öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Nur ein Beispiel: Wenn jede Milchabholung als Referenzmenge dient, könnten Betriebe mit Puffertank einen Teil ihrer Milch darin lagern und sich so jede zweite Abholung den Bonus erhaschen – ohne etwas dafür zu tun.


Ich frage mich generell: Will wirklich die Mehrheit der deutschen Milcherzeuger eine Reduzierung der Milch-menge? Oder sind es nur ein paar lautstarke Lamentierer, während die breite Masse schweigt? Es wäre doch einmal etwas, wenn alle Weltverbesserer, die so penetrant weniger Milch fordern, auf ihrem eigenen Betrieb weniger melken würden. Mal sehen, wie viele mitmachen.


2.Produktionskostenim Griff?


Zudem stört mich, dass viele den Milchpreis als alleinige Ursache für das momentane geringe Einkommen ausmachen. Das ist schlicht und einfach nur die halbe Wahrheit.


Erst kürzlich habe ich noch eine Arbeitskreis-Auswertung aus Norddeutschland gesehen. Zwischen den besseren und den schlechteren Milchviehbetrieben lagen in den Produktions-kosten über 13 ct/kg. Die schlechteren Betriebe melken beispielsweise gerade einmal 2500 kg Milch aus dem Grundfutter. So viel Milchgeld können wir denen doch gar nicht hinterherwerfen, dass sie auch einmal etwas verdienen. Milchpreis ist eben immer relativ. Denn auch beim jetzigen Milchpreis-Niveau verdienen einige Betriebe noch Geld, wenn auch nur ein bisschen.


Der Milchpreis muss auch mal niedrig sein. Nur so gelingt es uns, auch an den kleinen Schrauben zu drehen. Bei Tiergesundheit, Remontierung usw. gibt es noch genug Potenzial. Und das gilt es zu erschließen. Klar ist es einfacher, für das schlechte Einkommen einen Schuldigen von außen zu suchen. Denn sonst müsste man sich ja eingestehen, in den vergangenen Jahren etwas geschludert zu haben und eben nicht an den kleinen Schrauben gedreht zu haben. Deshalb meine ich, dass Betriebe, die sich falsch entwickelt haben, auch Pleite gehen müssen – wie in anderen Branchen auch.


Weitere Gründe, warum wir gerade wenig verdienen, gehen bei der leidigen Milchpreis-Diskussion vollkommen unter. Was ist zum Beispiel mit dem Kälbermarkt, der seit Monaten völlig im Keller ist? Nordrhein-Westfalen hat die BHV-1-Freiheit verpennt. Die Preise für weibliche Zuchtkälber sind um die Hälfte eingebrochen. Allein für meinen Betrieb sind das locker 1500 € im Jahr weniger. Doch dazu gibt es keinen Aufschrei – warum nicht?


3.Verbraucherwünsche im Blick?


Nachdenklich macht mich auch der gesellschaftliche Wandel. Ist es Zufall, dass gerade jetzt sehr große Betriebe und Betriebe mit starken Mängeln in der Produktionstechnik auf der Strecke bleiben, die große Teile der Bevölkerung gar nicht mehr will. Und ist es richtig, Politiker aufzufordern, genau diese Betriebe zu retten? Ich glaube, wir sind erst am Anfang eines gesellschaftlichen Wandels. Wir müssen den Verbraucherwünschen mehr folgen.


Schluss sein muss mit der Erwartungshaltung, dass irgendjemand meine betrieblichen Probleme lösen wird. So funktioniert freier Markt nicht – und das ist auch gut so!


Ich will nicht davon abhängig sein, dass mir irgendein Politiker mein Einkommen sichert. Das will ich selbst erwirtschaften, mit einem Produkt, das an die Kundenwünsche angepasst ist und somit Abnehmer findet. Und wenn es wirtschaftlich einmal schwerer wird, muss ich mich selbstkritisch fragen, ob ich noch nah genug am Markt und den Kundenwünschen dran bin. Nur so wird es gehen.


Name und Anschrift der Verfasserin sind der Redaktion bekannt.

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